Nur wer versteht was Patienten bewegt, erreicht sie auch als Mensch: Ganzheitliche Zielgruppensegmentierung im Healthcare Marketing

Von Ariane Hoffmann und Jan Hecht, SINUS
Lebensstile, Werthaltungen und Bedürfnisse differenzieren in modernen Gesellschaften in hohem Maße aus. Dies gilt auch in Bezug auf das weite Thema "Gesundheit". Auch auf dem Gesundheitsmarkt gilt: zielgruppengerechte Produktentwicklung und Positionierung, erfolgreiche Markenführung und Kommunikation sind nur möglich, wenn die Lebenswelt und der Lebensstil der "Patienten" einbezogen wird. Die Einteilung von Menschen in Zielgruppen, wie z.B. die Sinus-Milieus®, liefert hier wegweisende Erkenntnisse um besser differenzieren zu können.
Stellt man die Fragen nach den wichtigsten Dingen im Leben, dann sagt fast jeder Befragte: "Gesundheit ist das Wichtigste im Leben". Allerdings wird schnell deutlich, in der Wahrnehmung der Menschen ist Gesundheit nicht gleich Gesundheit. Die Schwerpunkte sozialer, physischer und psychischer Risikofaktoren verteilen sich mit deutlichen Unterschieden. Das Gesundheitsverständnis, die Wertschätzung und der Umgang mit der eigenen Gesundheit (Eigenverantwortung) und damit die Nutzung von Präventionsangeboten sind milieuspezifisch äußerst differenziert. Ebenso zeigen sich unterschiedliche Prävalenzen in Bezug auf bestimmte Krankheitsbilder (z.B. Diabetes, Adipositas, orthopädische Beschwerden etc.) in den jeweiligen Milieus. Und auch das Verhalten in Hinblick auf Informationsgewinnung, Arztkontakt und Einkauf von Gesundheitsprodukten variiert in Abhängigkeit der Milieuzugehörigkeit.
Einige dieser Verschiedenheiten werden im Folgenden skizziert; exemplarisch verdeutlicht am Milieu der Performer, der Traditionellen und der Bürgerlichen Mitte (siehe auch Abb. 1).

Divergierendes Gesundheitsbewusstsein in den einzelnen Segmenten
Ein gesunder Körper ist für Performer schlichtweg Grundvoraussetzung zur Erreichung ihrer beruflichen und privaten Ziele. Prävention erfolgt zumeist in Form von körperlicher Aktivität sowie gesunder Ernährung. Gesundheit erweist sich demzufolge als eigenverantwortliches Invest in die eigene Zukunft, wird als Topic im Alltag aber kaum thematisiert.
Im diametralen Gegensatz sind für Angehörige des Traditionellen Milieus Erkrankungen sowie Arztbesuche alltagsrelevante, ständige präsente Themen. Der Arztbesuch erfüllt oftmals eine wichtige soziale Funktion, insbesondere für alleinstehende Frauen. Das zurückliegende Arbeitsleben war meist von körperlicher Arbeit geprägt und so werden die klassischen Krankheiten auf "normalen" berufs- oder altersbedingten Verschleiß zurückgeführt.
Konzentriert sich im traditionellen Milieu der Begriff Gesundheit lediglich auf die Physis, sehen Angehörigen der Bürgerliche Mitte einen klaren Zusammenhang zwischen physischer und psychischer Gesundheit. So gelten eine bewusste, ausgewogene Ernährung mit festen Essenszeiten, Stressvermeidung und seelisches Gleichgewicht, u.a. durch sportliche Betätigung, als zentrale Schutzfaktoren.
Der Forschungshintergrund
Im Rahmen der Milieuforschung werden alle wichtigen Erlebnisbereiche erfasst, mit denen eine Person täglich zu tun hat (Arbeit, Freizeit, Familie, Geld, Konsum, Medien usw.). Ein zentrales Ergebnis dieser Forschung besteht darin, dass die empirisch ermittelten Wertprioritäten und Lebensstile zu einer Basis-Typologie, im skizzierten Falle den Sinus-Milieus, verdichtet werden. Bei der Definition der Milieus handelt es sich im Unterschied zur traditionellen Schichteinteilung um eine inhaltliche Klassifikation. Grundlegende Wertorientierungen, die Lebensstil und Lebensstrategie bestimmen, gehen dabei ebenso in die Analyse ein wie Alltagseinstellungen, Wunschvorstellungen, Ängste und Zukunftserwartungen.
Im Gegensatz zu sozialen Schichten beschreiben die Milieus real existierende Subkulturen in unserer Gesellschaft mit gemeinsamen Sinn- und Kommunikationszusammenhängen in ihrer Alltagswelt.
Methodik
Man lernt Zielgruppen nicht wirklich kennen, wenn man – wie es häufig gemacht wird – nur Alters-, Berufs- oder Einkommensschwerpunkte zur Charakterisierung heranzieht. Denn Zielgruppen setzen sich aus lebendigen Menschen zusammen, die nicht auf den künstlichen Status von "Merkmalsträgern" reduziert werden sollten. Das beschriebene Zielgruppenmodell orientiert sich deshalb an der Lebensweltanalyse unserer Gesellschaft. Zentrales Ergebnis dieser Forschung ist die Abgrenzung und Beschreibung von sozialen Milieus mit jeweils charakteristischen Einstellungen und Lebensorientierungen. Die Sinus-Milieus fassen Menschen zusammen, die sich in Lebensauffassung und Lebensweise ähneln, d. h. ähnliche Wertprioritäten, soziale Lagen und Lebensstile haben.
Die Autoren:
Ariane Hoffmann, Diplom-Betriebswirtin, ist als Senior Research & Consulting beim Sinus-Institut, u.a. für den Bereich Health Care, forschend und beratend tätig.
Jan Hecht, Diplom-Betriebswirt (Markt- und Kommunikationsforschung), ist als Studienleiter der Marketingforschung beim Sinus-Institut tätig.
Weitere Informationen zum Unternehmen auf marktforschung.de:

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