Researchability - Verantwortung für Markt und Daten Nur ein Stein in der Mauer

Prof. Dr. Rolf Schwartmann (Foto: Dörthe Boxberg)
Von Prof. Dr. Rolf Schwartmann
In diesen Wochen geht hierzulande nach und nach die Schule wieder los. Sie findet noch in Klassenzimmern statt. Das ist aber Dank Google vielleicht bald nicht mehr nötig. Ab diesem Schuljahr ist Google Classroom verfügbar. Mit diesem Dienst können Lehrer papierlos Aufgaben stellen, verteilen und einsammeln. Sie können unter Einbindung anderer Google Dienste den Unterricht ordnen und organisieren. Sie können verfolgen, wer seine Aufgaben schon erledigt hat und wer noch etwas länger braucht. Im virtuellen Klassenzimmer sieht der Lehrer alles was der Schüler über den Dienst erarbeitet, und er kann Leistungen benoten. Alles ist ganz einfach. Das Erstellen von Kursen und deren Organisation und die Kommunikation über die Ergebnisse in den virtuellen Lerngruppen. Man spart Zeit, Papier und irgendwann vielleicht sogar Schulräume. Der Dienst ist kostenfrei. Google schaltet auch keine Anzeigen und nutzt die Daten von Lernenden nicht zu Werbezwecken. Wenn Google mit dem Dienst also nichts verdienen kann oder will, dann fragt man sich natürlich, warum das Unternehmen ihn anbietet. Darüber kann man nur spekulieren.
Was fängt Google mit Schülerdaten an?
Google versichert, dass die Daten im Dienst den Nutzern gehören und nicht Google. Wie auch immer man Eigentum an Daten auch erlangen mag , ist das eine Selbstverständlichkeit. Schließlich gehört das, was ein Schüler in sein Schulheft schreibt ihm und nicht dem Hersteller des Heftes, mag er es dem Schüler auch geschenkt haben. Google verspricht auch, Daten nur solange zu speichern, wie der Nutzer es will und Bildungseinrichtungen, die aus dem Dienst aussteigen wollen, darin zu unterstützen, alle Daten mitzunehmen. Auch das ist selbstverständlich, denn mit welchem Recht will das Unternehmen sie festhalten.
Dienste, die unser Leben organisieren, können es steuern
Wenn es also nicht das Geld und die Daten sind, die Google möchte. Was ist es dann? Sicher ist, dass virtuelle Klassenzimmer sich wie kaum etwas anderes dazu eignen, Informationen darüber zu erlangen, was Kinder lernen und wie sie lernen. Vielleicht ist es für Google interessant, jeden gesellschaftlichen Bereich zu durchdringen und zu erfahren, wie wir funktionieren und uns ein wenig zu steuern. Dazu würde es Sinn machen, eine virtuelle Infrastruktur zu schaffen, die unser Leben ordnet. So wie Google Apps for Business unser Berufsleben organisiert und dabei jeden Handschlag, den wir tun, an Google meldet, so kann Google Apps for Education unsere Kinder organisieren und dabei zugleich durchleuchten.
Am Ende steht Gedankenkontrolle
Wer 1980 zur Schule ging, der hat vielleicht noch das gespenstische Gesicht auf dem Album „The Wall“ vor Augen. Das überspitzte Credo von Pink Floyd, wonach wir keine Erziehung brauchen, werden die meisten nicht teilen. Aber unsere Schüler brauchten weder damals noch heute Gedankenkontrolle. Die kann Google heute über seinen Dienst und das Auswerten der darüber erhobenen Daten erlangen. Damit ist ein Albtraum wahr und viele merken das nicht, oder scheren sich nicht darum. Auch wenn nicht klar ist, ob Google mit seinem Ordnen und Wissen ansammeln Unheil anrichten kann… ausschließen können wir das nicht. Wir können dem Unternehmen nur vertrauen, während wir seine Strukturen nutzen und ihm unsere Daten anvertrauen und hoffen, dass wir nicht gerade nur zu einem Stein in der Mauer werden, die Google heißt.
Zur Person:
Prof. Dr. Rolf Schwartmann ist seit 2006 Leiter der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht an der Fachhochschule Köln. Zwischen Promotion 1994 in Köln im Verfassungsrecht und Habilitation 2004 in Mainz mit einer völkerrechtlichen Arbeit war er Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verwaltungsrecht. Seine Forschungsschwerpunkte liegen im Medien- und Datenschutzrecht. Er ist Vorsitzender der Gesellschaft für Datenschutz und Datensicherheit e.V. (GDD) und des Gesprächs- und Arbeitskreises Geistiges Eigentum (enGAGE!).
www.medienrecht.fh-koeln.de
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