- marktforschung.de
- Marktforschung
- Noch 3 Wochen bis zur Wahl: Die heiße Phase des Wahlkampfes beginnt
Wahlforschung 2017 Noch 3 Wochen bis zur Wahl: Die heiße Phase des Wahlkampfes beginnt

Nationale Bildungsallianz, fedidwgugl-Haus, Sommer- & Youtube-Interviews: Rund drei Wochen vor der Wahl greifen die Parteien noch einmal tief in die Wahlkampf-Kiste, um die Aufmerksamkeit der Wähler auf ihre Positionen und Inhalte zu ziehen und sie damit von sich zu überzeugen. Während in den Medien über jeden Schachzug der Parteien im Wahlkampf intensiv diskutiert wird, scheint die Wählerschaft von den Maßnahmen bisher recht unbeeindruckt: Statt Wahlkampfdynamik zeigt sich Stillstand in der politischen Stimmung.
Der pollytix-Wahltrend gibt Orientierungshilfe im Wahlkampf
Einen Überblick über die politische Stimmung bietet der pollytix-Wahltrend. Dieser fasst die Ergebnisse der sogenannten “Sonntagsfrage“ von 10 Umfrage-Instituten zusammen und berichtet rückwirkend bis zur Bundestagswahl 2009 täglich das gewichtete Mittel aller in den 20 Tagen davor erhobenen Wahlumfragen zur Bundestagswahl. Dabei werden die kumulierten Daten sowohl nach Aktualität und Fallzahl gewichtet: Je aktueller eine Umfrage und je größer die Anzahl der Befragten, desto stärker fließt eine einzelne Umfrage in die Berechnung des gewichteten Mittels ein. Liegt das Ende der Feldzeit einer Umfrage mehr als 20 Tage zurück, wird sie nicht mehr berücksichtigt.
CDU/CSU mit deutlichem Abstand stärkste Kraft
Aus den Daten des pollytix-Wahltrends geht deutlich hervor, dass CDU und CSU weiterhin ihre Stellung als stärkste Kraft in der deutschen Parteienlandschaft verteidigen können. Drei Wochen vor der Wahl liegen CDU und CSU derzeit bei 37,8% und können damit von allen Parteien die meisten Wähler hinter sich vereinen. Zweitstärkste Kraft ist momentan die SPD, die auf einen Wahlanteil von 23,5% kommt. Somit beträgt der Vorsprung von CDU/CSU auf die SPD beachtliche 14,3 Prozentpunkte. Die kleinen Parteien liegen eng beieinander: Linke und AfD liegen beide bei 9,2% und schneiden damit von den kleinen Parteien am stärksten ab; dicht gefolgt von der FDP mit 8,5%. Die Grünen kommen hingegen auf nur 7,3% und müssen sich somit – untern den etablierten Parteien – mit dem letzten Platz zufrieden geben.

(Grafik: pollytix strategic research)
Kopf-an-Kopf-Rennen um Platz 3
Betrachtet man die Entwicklung der Stimmanteile der Parteien im Zeitverlauf, so zeigt sich Stillstand: Seit Juni ist kaum Bewegung in den Wahlanteilen zu erkennen. Auch die zunehmende Intensität des Wahlkampfes in den letzten Wochen mit Bildungsinitiative und Kampagnen-Haus hat daran nichts ändern können: CDU/CSU liegen seit Juni konstant bei rund 38%, während die SPD sich bei ca. 24% eingependelt hat und somit CDU/CSU seit drei Monaten einen komfortablen Vorsprung von 14 Prozentpunkten auf die Sozialdemokraten genießen können.
Bei den kleinen Parteien sind hingegen kleinere Veränderungen zu erkennen. Wie aus dem Trendverlauf hervorgeht, zeichnet sich zwischen der Linken, FDP und AfD ein Kopf-an-Kopf-Rennen um Platz 3 ab: War die Linke Anfang August mit etwas Abstand zu den restlichen kleinen Parteien drittstärkste Kraft, konnten FDP und AfD im August an Zuspruch bei den Wähler gewinnen, sodass die drei Parteien nun eng beieinander liegen. Die Grünen hingegen fallen immer mehr hinter den anderen Parteien zurück und liegen nun deutlich auf dem letzten Platz.
GroKo und Jamaika realisierbare Koalitionsoptionen
Höchstwahrscheinlich wird nach der nächsten Bundestagswahl keine Partei alleine regieren können, sondern eine Koalition aus mindestens zwei Parteien die nächste Regierung stellen. Der auf den Daten des pollytix-Wahltrends aufbauende Koalitionsrechner gibt an, welche Koalitionen momentan eine parlamentarische Mehrheit (*) besitzen beziehungsweise im Zeitverlauf besaßen.

(Grafik: pollytix strategic research)
Aufgrund der fehlenden Bewegung in den Wahlanteilen zeigen sich auch bei den realisierbaren Koalitionen keine Veränderungen: Die große Koalition (GroKo) aus CDU/CSU und SPD verfügt nach wie vor über eine gesicherte Mehrheit. Aber auch die Jamaika-Koalition aus CDU/CSU, FDP und Grünen wäre nach der aktuellen Stimmverteilung mehrheitsfähig und damit eine realisierbare Regierungs-Alternative zur GroKo. Das Wiederaufleben des Bündnisses von CDU/CSU und FDP in Form einer schwarz-gelben Koalition scheitert hingegen knapp an der Mehrheitsgrenze. Gleiches gilt für sowohl den Zusammenschluss von SPD, FDP und Grünen (Ampel-Koalition) als auch für R2G (SPD, Linke, Grüne): Beide Koalitionsoptionen sind momentan nicht mehrheitsfähig und stellen daher – zum jetzigen Zeitpunkt – keine realisierbaren Koalitionsoptionen dar.
Die sich aufdrängende Frage ist: Passiert hier noch etwas oder ist die Wahl bereits entschieden? Da der Bürger den Wahlkampf meist erst in den letzten vier Wochen vor der Wahl bewusst wahrnimmt und rund die Hälfte der Wähler derzeit noch unentschlossen ist, wen sie am 24. September wählen wollen, scheint Bewegung in der politischen Stimmung nicht ganz abwegig. Gerade die letzten Wochen vor der Wahl sind entscheidend, um die eigene Wählerschaft zu mobilisieren und noch unentschlossene Wähler von sich zu überzeugen. Das anstehende TV-Duell kann hier eine geeignete Arena bieten. Es bleibt abzuwarten, ob sich die Bemühungen der Parteien auch in der politischen Stimmung niederschlagen.
(*) Vereinfacht ausgedrückt ist die parlamentarische Mehrheit erreicht, wenn die Parteien einer bestimmten Koalition über die Mehrheit der Sitze verfügen. Da nicht alle Parteien über die 5%-Hürde kommen, liegt die Mehrheit nicht bei 50% der Wahlanteile, sondern darunter. Beispiel: Kommen sonstige Parteien insgesamt auf 4,5% der gültigen Stimmen, liegt die parlamentarische Mehrheit bei 47,75% [(100%-4,5%)/2].
Die Autoren:

Rainer Faus ist Gründer und Geschäftsführer der Forschungs- und Beratungsagentur pollytix strategic research. In den vergangenen zehn Jahren hat er in mehr als 20 Wahlkämpfen in Deutschland, Asien, Australien und Neuseeland mitgewirkt. Mit pollytix berät er unter anderem Unternehmen, Verbände sowie im derzeitigen Bundestagswahlkampf die SPD.
Felicitas Belok ist Beraterin bei pollytix strategic research und auf Wahlforschung spezialisiert. Die studierte Politikwissenschaftlerin hat zuletzt die US-amerikanischen Vorwahlen für die deutsche Botschaft in Washington analysiert.
Weitere Informationen zum Unternehmen auf marktforschung.de:

Kommentare (0)
Noch keine Kommentare zu diesem Artikel. Machen Sie gerne den Anfang!
Um unsere Kommentarfunktion nutzen zu können müssen Sie sich anmelden.
Anmelden