Bruce Temkin, Qualtrics XM institute New Normal: Wie Unternehmen sich dank Experience Management neu erfinden

In der aktuellen Krisenzeit heißt es für Unternehmen schnell und flexibel zu handeln. Eine Anleitung für eine erfolgreiche Strategie hierbei gibt es jedoch nicht. Welche Phasen die Unternehmen während der aktuellen Krise durchlaufen, welche Fragestellungen auf sie zukommen und wie sie die richtigen Experience-Management-Maßnahmen treffen, um die Interaktion im New Normal zu meistern, zeigt Bruce Temkin, Leiter des Qualtrics XM Institute.

Bruce Temkin, Qualtrics

Leider gibt es kein Patentrezept für eine erfolgreiche Strategie in Coronazeiten, doch eines ist klar: Alle müssen lernen anders zu arbeiten. Die Unternehmen werden künftig gezwungen sein, ihre Interaktionen mit Kund*innen flexibel anzupassen – und damit auch die Arbeitsweise ihrer Mitarbeiter*innen. Aus diesem Grund ist Experience Management (XM) wichtiger denn je.

XM ist eine Disziplin, die mithilfe von Experience-Daten und operativen Daten die vier zentralen Experience-Bereiche erfasst und optimiert: die Customer Experience, die Employee Experience, die Produkt-Experience und die Marken-Experience. Hier ein Überblick darüber, welche Vorteile Experience Management für Sie als Unternehmen hat:

  • Sie lernen kontinuierlich dazu: Mit Experience Management können Sie effektiver erforschen und analysieren, was um Sie herum passiert. Hierbei werden die Aktionen und das Feedback von Mitarbeiter*innen, Partnern, Lieferanten, Kund*innen und sogar von Mitbewerbern erfasst und ausgewertet.

  • Sie können Ihre Erkenntnisse weitergeben: XM hilft Ihnen, den Akteuren Ihres Ökosystems Daten an die Hand zu geben, die sich in konkrete Maßnahmen umsetzen lassen – zum passenden Zeitpunkt und in der geeigneten Form.

  • Sie können rasch reagieren: XM zeigt Ihnen Möglichkeiten auf, neue Experiences zu entwickeln und die bestehenden zu überholen. Auf diese Weise lassen sich die gesammelten Erkenntnisse immer schneller umsetzen.

Diese Vorteile sind enorm wichtig und spielen in der aktuellen Situation eine wesentliche Rolle, wenn Sie sich auf die wechselnden Bedürfnisse von Kund*innen und Mitarbeiter*innen einstellen möchten.

Im Folgenden finden Sie die vier Phasen, die ein Unternehmen während der aktuellen Krise durchläuft – und wie Sie jeweils die richtigen XM-Maßnahmen treffen:

Phase 1: Reaktion

Viele Unternehmen haben dieses Stadium schon hinter sich, doch die Situation verändert sich laufend. Deshalb sollten Sie jederzeit in der Lage sein, wieder an diesen Punkt zurückzukehren, wenn sich auf lokaler, nationaler oder internationaler Ebene die Notwendigkeit ergibt.

Stellen Sie Ihren Kund*innen besser weniger als mehr Fragen. Wichtig ist aber, dass auch offene Fragen dabei sind, zum Beispiel: „Wie geht es Ihnen?“ oder „Wie können wir Ihnen helfen?“ Die Befindlichkeiten Ihrer Kundschaft ändern sich. Konzentrieren Sie sich daher lieber auf das Zuhören anstatt auf Zahlen.

Schaffen Sie hierfür die notwendigen Voraussetzungen. Unterstützen Sie Ihre Kund*innen mit Angeboten wie einer digitalen „offenen Tür“, über die sie jederzeit Feedback geben können. So erfahren Sie, inwieweit sich die Kund*innenbedürfnisse ändern. Holen Sie sich Rückmeldungen aus allen Teilen Ihres Unternehmens und befragen Sie auch die Mitarbeiter*innen, die im direkten Kund*innenkontakt stehen. Schließlich kennen sie Ihre Kund*innen am besten.

Diese Fragen sollten Sie sich stellen:

  • Wie ist es möglich, dass begeisterte Kund*innen unter den aktuellen Umständen zu Kritikern werden? Was können Sie ändern, um einen Schneeballeffekt zu verhindern?
  • Warum werden Kunden in der aktuellen Situation zu Markenbotschaftern und wie können Sie diesen Effekt verstärken?

Phase 2: Analyse

In dieser Phase sollten Sie sich auf die Kund*innenbedürfnisse konzentrieren. Beobachten Sie, ob neue Wünsche entstehen und reagieren Sie darauf. Das hat eventuell zur Folge, dass Sie neue Ablaufmodelle austesten müssen, um den gleichen Produkt- und Servicestandard wie vor Corona bieten zu können. Gleichzeitig sollten Sie den Menschen aber ein Gefühl der Sicherheit geben. Vielleicht sind Ihre Kund*innen zu Beginn verunsichert; achten Sie deshalb auf eine klare Kommunikation. Weisen Sie die Kundschaft auf neu eingeführte Richtlinien oder Regeln hin und machen Sie deutlich, dass ihre Gesundheit oberste Priorität hat.

Vermeiden Sie, alles beim Alten zu belassen. Für viele Betriebe bedeutet die Wiedereröffnung eine Änderung ihrer Customer Experience und ihrer Abläufe – entweder, weil dies gesetzlich vorgeschrieben ist oder weil sie auf das Bedürfnis der Kund*innen nach Sicherheit reagieren. Das ist eine einmalige Chance, neue Wege zu beschreiten und innovative Ideen umzusetzen. Viele dieser Änderungen erfordern ein anderes Verhalten, und deshalb sollten Unternehmen und Kund*innen an einem Strang ziehen.

Folgende Fragen sollten Sie sich stellen:

  • Welche Möglichkeiten ergeben sich für Lieferanten und Partner? Wie können Sie diese Chancen in der Zusammenarbeit mit ihnen nutzen?
  • Welche nicht erfüllten Bedürfnisse entstehen bei Ihrer Kundschaft? Wie können hier neue Angebote geschaffen werden?
  • Welche Produkt- und Dienstleistungskomponenten sind jetzt am wichtigsten? Wie können Sie Ihre Pläne entsprechend anpassen?
  • Reagieren Sie auf die wechselnden Sorgen Ihrer Kund*innen? Machen Sie es ihnen dabei leicht, auf Sie zuzukommen?

Phase 3: Neuorientierung

Stellen Sie sich darauf ein, dass sich Ihre Kund*innen neue Verhaltensmuster angewöhnen, die die aktuelle Krise überdauern.

Unterziehen Sie die gesamte Customer Journey einer kritischen Prüfung und suchen Sie nach potenziell langfristigen Verhaltensänderungen. Passen Sie Ihre Experience, Ihre Produkte und Ihre Dienstleistungen an diese Muster an und richten Sie Ihre Abläufe (Menschen, Prozesse, neue Technologien, Partner und Lieferanten) daran aus. Dieser Schritt ist sehr wichtig, um Ihr Unternehmen fit für die Zukunft zu machen.

Womöglich treffen Sie nicht immer die richtige Entscheidung, doch wenn Sie mit Ihren Kund*innen einen klaren, offenen Dialog pflegen, können Sie ihre Entscheidungen im Notfall wieder ändern.

Folgende Fragen sollten Sie sich stellen:

  • Gehen Ihre Kund*innen mit Ihren Produkten und Dienstleistungen anders um? Gibt es eine Möglichkeit, diese Veränderungen über das Unternehmen hinweg zu integrieren?
  • Auf welche neuen Hindernisse stoßen Kund*innen, Mitarbeiter*innen, Lieferanten und Partner? Wie können Sie Ihre Ressourcen anders einsetzen, um Probleme aus dem Weg zu räumen?
  • Wie sorgen Sie im Moment dafür, dass Ihre Mitarbeiter*innen motiviert bleiben? Wie können Sie diese Maßnahmen auf das ganze Unternehmen ausweiten?
  • Welche neu entstandenen Verhaltensmuster bei den Kund*innenaktivitäten sollten bei der Optimierung Priorität haben?

Phase 4: Normalisierung

In dieser Phase legen Sie sich auf die Experience- und Ablaufmodelle fest, die zur Einhaltung der neuen Normen eingeführt wurden – vorausgesetzt natürlich, dass sie sich für Ihre Kundschaft bewährt haben. Jetzt sollten Sie die neuen Angebote regulär einführen und ein Ökosystem aus Menschen, Prozessen, Technologien, Partner und Lieferanten schaffen, die diese Angebote unterstützen.

Wenn Sie Ihre Mitbewerber aus dem Feld schlagen möchten, besteht eine Ihrer größten Chancen darin, sich neue Verhaltensweisen und Einstellungen zunutze zu machen, die die Krise überdauern. Rechnen Sie nicht damit, irgendwann "fertig" zu sein. Versuchen Sie stattdessen, die Änderungen an Ihrer Customer Experience laufend zu verbessern.

Den größten Erfolg werden Sie haben, wenn Sie Ihre XM-Maßnahmen auf eine Optimierung und bessere Entscheidungsfindung ausrichten. Das ist auch der Weg, den viele Unternehmen in den letzten Monaten beschritten haben.

Folgende Fragen sollten Sie sich stellen:

  • Wie reagieren die Menschen auf Ihre Marke? Welche Botschaften müssen Sie intensiver oder weniger intensiv vermitteln?
  • Welche Themen liegen Ihren Kund*innen und Mitarbeiter*innen am meisten am Herzen? Wie können Sie Ihre Kommunikation auf diese Themen zuschneiden?
  • Welche Feedback-Mechanismen brauchen Sie, um die neuen Customer-Experience-Modelle zu tracken und zu verbessern?

Auch wenn diese vier Phasen in jeder Branche in einer anderen Form und zu einem anderen Zeitpunkt auftreten, so wird sie doch fast jedes Unternehmen durchlaufen. Deshalb müssen Sie als Führungskraft Ihre Arbeitsweise ständig hinterfragen. Fälschlicherweise gehen die meisten Unternehmen von einer konstanten Entwicklung aus. Ihre Prozesse sind deshalb oft darauf ausgerichtet, den Status quo – mit geringfügigen Änderungen – aufrecht zu erhalten.

Dieses Modell ist unter den aktuellen Bedingungen aber nicht mehr lebensfähig. Erfolgversprechender als die traditionellen Datenerfassungs- und Berichtskonzepte ist ein moderner Ansatz aus „Wahrnehmen und Reagieren“, unterstützt von einem XM-System. Nur so können Sie laufend die Bedürfnisse Ihrer Kund*innen und Mitarbeiter*innen in Erfahrung bringen und sofort darauf reagieren.

Über den Autor:

Bruce Temkin, Qualtrics
Bruce Temkin, Qualtrics
Bruce Temkin ist Leiter des Qualtrics XM Institute und gilt in weiten Kreisen als Experience-Management-Visionär. Er war Mitgründer und erster Vorsitzender der Customer Experience Professionals Association. Bevor er zu Qualtrics kam, leitete er die Temkin Group, ein Marktforschungs- und Beratungsunternehmen. Darüber hinaus war er Vice President von Forrester Research, wo er viele verschiedene Bereiche verantwortete, unter anderem CX, eBusiness, Financial Services und B2B. 

 

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