Wie wichtig ist Repräsentativität für Ihre Arbeit? Nachgefragt: Wolfgang Uellner, Leiter Marktforschung/CRM, Viessmann Werke GmbH & Co. KG

marktforschung.dossier: Herr Uellner, wie wichtig ist Repräsentativität für Ihre Arbeit?

Wolfgang Uellner: Die Frage nach Repräsentativität von Befragungsergebnissen wird natürlich auch betrieblichen Marktforschern sehr häufig gestellt. Repräsentativität wird vom Fragenden fälschlicherweise häufig dann angenommen, wenn die Anzahl der Befragten (gefühlt) hoch ist, was bekanntlich nur teilweise richtig ist. Entscheidend für die Repräsentativität von Befragungsergebnissen ist der Aufbau der Stichprobe. Diese sollte der zu Grunde liegenden Grundgesamtheit möglichst ähnlich sein, die Auswahl der Befragten sollte ein repräsentatives Bild der Grundgesamtheit liefern. Wenn wir bspw. wissen möchten, wie zufrieden unsere Kunden mit einem bestimmten Produkt xy sind, macht es natürlich wenig Sinn eine Zufallsstichprobe aus unserem gesamten Kundenstamm zu ziehen. Wir arbeiten deshalb in der betrieblichen Marktforschung nach dem Prinzip der Quotenbildung. Eine Quotierung bzgl. Käufer vs. Nichtkäufer eines Produktes, Unternehmensgrößen, regionale Verteilungen stehen bei der Stichprobenbildung im Vordergrund.

Die Sicherstellung von Repräsentativität gehört zum Handwerkszeug der empirischen Forschung. Sie ist für uns von daher wichtig, dass wir den Begriff der Repräsentativität häufig erklären müssen. Unsere Antwort auf die häufig gestellte Frage, "Sind die Ergebnisse denn auch repräsentativ?" lautet dann auch, "bezogen auf den Untersuchungsgegenstand und die relevante Zielgruppe, Ja!"

Übrigens, oft legen die Fragenden dann noch mal herausfordernd nach mit der Frage, "Ach so, habe ich verstanden, aber sind die gezeigten Unterschiede denn auch signifikant?" Auch hierzu gibt es viel Halbwisssen, aber das wäre ein schönes Thema für Ihre nächste Ausgabe.

marktforschung.dossier: Gibt es Themen, bei denen die Repräsentativität eine besonders große Rolle spielt? Und wo ist sie eher verzichtbar?

Wolfgang Uellner: Die Sicherstellung der Repräsentativität einer Stichprobe und der Ergebnisse, im Sinne von Abbild der Grundgesamtheit spielt natürlich bei jeder Befragung, die auf einer Stichprobenziehung beruht, eine große Rolle. Zum Teil ist die Grundgesamtheit unserer Zielgruppen jedoch so gering, dass wir anstatt einer Stichprobe eine Vollerhebung durchführen können. Dann haben wir dieses Problem weniger.

marktforschung.dossier: Wie gehen Sie mit dem Problem sinkender Ausschöpfung um?

Wolfgang Uellner: Mit sinkenden Ausschöpfungsquoten haben wir bisher kaum zu tun. Wir achten aber auch peinlichst  darauf, unsere Zielgruppe nicht zu überfragen. Wir haben in unserer sehr umfangreichen Kundendatenbank zu jedem Kunden hinterlegt, zu wie vielen Befragungen diese bereits eingeladen wurden. Da wir im Vorfeld das Einverständnis unserer Kunden zur Teilnahme an Befragungen eingeholt haben und darüber hinaus auch abgefragt haben, wie häufig der Kunde an Befragungen teilnehmen möchte, können wir unsere Stichproben sehr gut aussteuern.

Außerdem haben wir sehr gute Erfahrungen damit gemacht, sofern möglich, die Ergebnisse der Befragungen an die Teilnehmer der Befragung zurückzuspielen. Das hält die Teilnahmebereitschaft auf einem hohen Niveau.

marktforschung.dossier: Wie begegnen Sie dem Konflikt aus Zeitdruck, Budgetrestriktionen und Qualitätsanforderungen? Oder konkreter gesagt: Wieviel darf Repräsentativität kosten – und wie lange darf sie dauern?

Wolfgang Uellner: Wir arbeiten bereits seit mehreren Jahren – sofern der Untersuchungsgegenstand das erlaubt – mit Onlinebefragungen. Diese können wir glücklicherweise komplett selber durchführen. Die Akzeptanz bei den Befragten ist sehr gut, die Kosten gering und die Umsetzungsgeschwindigkeit sehr hoch. Vor dem Hintergrund sinkender Budgets und steigendem Zeitdruck ist das ein großer Vorteil dieser Methode gegenüber anderen Methoden. Allerdings – und das ist auch Aufgabe des betrieblichen Marktforschers – ist die Wahl der geeigneten Methode immer in Abhängigkeit des Untersuchungsgegenstandes zu treffen.

marktforschung.dossier: Welche Rolle spielt die Größe der Stichprobe für die Akzeptanz der Ergebnisse im Haus?

Wolfgang Uellner: Die alleinige Größe einer Stichprobe sagt rein gar nichts über die Qualität einer Untersuchung aus. Das muss man als betrieblicher Marktforscher intern immer wieder richtig stellen. Wichtig ist meiner Meinung nach, dass unternehmensintern nicht mehr über solche Themen diskutiert werden muss, sondern die betriebliche Marktforschung u.a. als Experte für Methoden der empirischen Forschung für die Sicherstellung der notwendigen Qualität von Untersuchungen wahrgenommen wird.

marktforschung.dossier: Herr Uellner, herzlichen Dank für dieses Gespräch!

 

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