Nachgefragt bei Hardy C. Koth, Vorstand der Vocatus AG

marktforschung.dossier: Was muss Ihrer Meinung nach ein guter Marktforschungsdienstleister heute leisten?
Hardy C. Koth: Das ist schwer zu sagen, denn es kommt sehr darauf an, in welchem Marktsegment sich ein Institut bewegt. Vereinfacht kann man sagen, dass sich der Markt in den vergangenen Jahren immer deutlicher in zwei Segmente aufgespaltet hat.
Auf der einen Seite stehen Institute, die eine standardisierte Form der Marktforschung erbringen. Hierzu gehören beispielsweise Studien, die bereits seit Jahrzehnten in nahezu unveränderter Form durchgeführt werden. Der Wettbewerbsvorteil des Instituts liegt hier vor allem in hochstandardisierten, sehr effizienten Abläufen. Insbesondere die Analysen und Berichte werden arbeitsteilig, aber auch sehr zuverlässig und kostengünstig erstellt.
Auf der anderen Seite stehen Institute wie beispielsweise Vocatus, die unternehmensspezifisch komplexe und individuelle Fragestellungen beantworten. Die Kernkompetenz liegt hier in der Erarbeitung der relevanten Fragestellung, denn nicht selten sind die genauen Anforderungen und Ziele auf Kundenseite zunächst nicht ganz klar. Und manchmal gibt es für die Fragestellung noch keine geeignete Methode, so dass wir erst noch eine neue Methode entwickeln müssen, um dem Kunden wirklich helfen zu können.
Der Wettbewerbsvorteil des Instituts liegt hier in hochqualifiziertem Personal, das die Anforderungen des Kunden erfassen und passgenau in individuelle Projektdesigns umsetzen kann. Bei der Interpretation der Ergebnisse geht es vor allem darum, umsetzbare Empfehlungen zu erarbeiten, die sowohl die strategische Perspektive als auch die operativen Möglichkeiten des Unternehmens sinnvoll vereinbaren können.
marktforschung.dossier: Haben sich die Anforderungen der Kunden an ein Marktforschungsinstitut aus Ihrer Wahrnehmung in den letzten Jahren signifikant verändert? Wenn ja, wie?
Hardy C. Koth: Aus unserer Sicht eines Institutes, das sich den komplexeren unternehmensspezifischen Fragestellungen widmet, lösen sich die Grenzen zwischen Beratung, Marktforschung und Implementierungsbegleitung in den letzten Jahren immer mehr auf. Letztendlich braucht der Kunde eine Lösung für sein Problem – egal wie und durch wen. Dafür braucht man typischerweise sowohl eine fundierte Befragungsgrundlage, wie sie in der Regel der Marktforscher erbringt, als auch die strategischen und betriebswirtschaftlichen Kenntnisse, wie sie normalerweise ein Berater leistet. Häufig ebenso wichtig ist dann aber auch eine nachhaltige Implementierungsunterstützung, denn nur dann werden die Erkenntnisse der Marktforschung und Beratung auch in tatsächlich messbare Ergebnisse für den Kunden erlebbar.
marktforschung.dossier: Wie klar transportieren Kunden diese Anforderungen an Sie? Ist für Sie immer transparent, ob sie mit der von Ihnen erbrachten Dienstleistung am Ende zufrieden oder unzufrieden sind?
Hardy C. Koth: Ja, auf jeden Fall. Wir stehen während des gesamten Projektes in sehr engem Kontakt mit unseren Kunden, was natürlich auch in der Natur unserer Projekte liegt, die einen engen Austausch, oft auch vor Ort beim Kunden, erfordern. Nicht selten sind wir auch im Rahmen von Umsetzungsworkshops im Unternehmen direkt an der Implementierung unserer Empfehlungen beteiligt. Oder wir entwickeln Schulungskonzepte und Trainings zur operativen Umsetzung der Ergebnisse, so dass wir auch hierdurch unmittelbares Feedback zum Projekterfolg erhalten.
Außerdem wird bei uns jeder Kunde nach Ende des jeweiligen Projektmoduls in einer Online-Befragung zu seiner Zufriedenheit mit unseren Leistungen befragt, so dass wir im Zweifel zumindest nachträglich reagieren können, falls doch einmal ein Projekt nicht zur vollständigen Zufriedenheit gelaufen sein sollte.
marktforschung.dossier: Unternehmen sind nur so gut wie ihre Mitarbeiter. Wie fördern Sie intern ein positives Image und eine gute Unternehmenskultur? Gibt es Mitarbeiter-Umfragen in Ihrem Unternehmen?
Hardy C. Koth: Um ehrlich zu sein, auch wenn wir seit Jahren für unsere Kunden weltweite Mitarbeiterbefragungen mit bis zu 250.000 Befragten durchführen, haben wir intern bislang keine Mitarbeiterbefragungen gemacht. Irgendwie war es bisher nicht nötig, denn bei 75 Mitarbeitern und einer offenen, direkten Kommunikation kriegt man in der Regel schon mit, wenn jemanden der Schuh drückt und kann gleich reagieren. Kleine, aber offene Büros fördern bei uns ein sehr kommunikatives Arbeitsklima mit flachen Hierarchien und durch regelmäßige gemeinsame Sport- und Funveranstaltungen kennt man sich einfach und redet auch sehr offen miteinander.
Bei Vocatus zählt vor allem die Leistung des Einzelnen und nicht sein Status, seine Erfahrung oder sein Alter. Wenn also ein neuer Junior Projektleiter eine bessere Idee hat als ich, dann folgen wir natürlich der besseren Idee. Wir fördern gezielt die Eigenständigkeit der Mitarbeiter mit hohen Freiheitsgraden bezüglich der Arbeitsinhalte und -zeiten und setzen hohes Vertrauen in die Kompetenz und Erfahrung unserer Mitarbeiter.
Gleichzeitig stellen wir durch ein extensives Schulungsprogramm sicher, dass alle Mitarbeiter immer auf dem aktuellen Stand sind. Für Standardschulungen wie Rhetorik oder Mitarbeiterführung greifen wir da natürlich auf bewährte externe Referenten zurück. Aber gerade bei den Marktforschungsmethoden haben wir festgestellt, dass externe Schulungen oft nicht unseren Qualitätsstandards entsprechen. Daher wird der größte Teil unseres Methodik-Schulungsprogrammes von unseren Experten im Haus erbracht, so dass wir neue Erkenntnisse und Methoden direkt an alle Mitarbeiter weitergeben können.
marktforschung.dossier: Welches Image hat Ihr Unternehmen aus Ihrer Sicht? Wofür steht Ihr Institut?
Hardy C. Koth: Unsere Kunden schätzen an uns besonders, dass wir ihnen ihre konkrete Fragestellung marktforscherisch fundiert beantworten. Dabei kommen manchmal auch unkonventionelle Methoden und innovative Ansätze zum Einsatz. Und bei jedem Slide und jeder Zahl, die wir präsentieren, fragen wir uns immer: "So what?" Was sagt uns dieses Slide? Was bedeuten diese Ergebnisse für die Lösung des Kundenproblems? Was muss beim Kunden als nächstes ganz konkret getan und verändert werden, um langfristig einen echten Mehrwert zu schaffen?
Denn am Ende des Tages bringt unsere Arbeit den Unternehmen nur dann etwas, wenn aus den Ergebnissen auch Konsequenzen gezogen werden können und wir durch unsere Arbeit einen nachhaltig messbaren Nutzen kreieren.
marktforschung.dossier: Herzlichen Dank für das Interview, Herr Koth!
Kommentare (0)
Noch keine Kommentare zu diesem Artikel. Machen Sie gerne den Anfang!
Um unsere Kommentarfunktion nutzen zu können müssen Sie sich anmelden.
Anmelden