Nachgefragt bei Hardy C. Koth (Vocatus)

Hardy C. Koth ist im Vorstand der Vocatus AG.
marktforschung.de: Vocatus versteht sich als Marktforschungs- und Beratungsinstitut. Wie würden Sie „Beratung“ für sich definieren und wo sehen Sie die Abgrenzung zur Marktforschung?
Hardy C. Koth: Aus meiner Sicht kann man keine gute Marktforschung machen, wenn man nicht gleichzeitig auch Berater ist. Dazu gehört vor allem, bei jedem Marktforschungsprojekt von der Projektkonzeption bis zur Auswertung und den Umsetzungsworkshops nie die Konsequenzen für die Bottom Line beim Kunden aus den Augen zu verlieren. Denn es macht bereits in der Projektkonzeption einen großen Unterschied, ob man am Ende einfach nur einen Tabellenband abliefern will, oder ob man einen tatsächlichen Veränderungsprozess mit messbaren Ergebnissen initiieren will, bei dem auch der Buy-in aller Beteiligen und die Realisierbarkeit von entscheidender Bedeutung für den Erfolg ist.
Gleichzeitig kann man meines Erachtens auch kein guter Unternehmensberater sein, ohne gleichzeitig Marktforscher zu sein. Die vier Vorstände und Gründer von Vocatus waren alle selbst vor der Gründung von Vocatus in der Unternehmensberatung tätig und von daher wissen wir, dass in Beratungen leider auch heute immer noch oft am Endkunden vorbeiberaten wird. Oft fehlt es einfach an der fundierten Marktforschung, um die Bedürfnisse und Entscheidungsprozesse beim Endkunden überhaupt zu verstehen. Natürlich gibt es viele Bereiche in der klassischen Unternehmensberatung, die gut ohne Marktforschung auskommen. Dazu gehört beispielsweise die Einkaufsoptimierung oder Prozessoptimierung in der Fertigung. Aber bereits bei der Prozessoptimierung im Customer Care und erst recht in der Produktentwicklung, im Marketing und bei der Preisstrategie kann man ohne eine detailliertes Verständnis der Entscheidungsprozesse beim Kunden, wie es die Marktforschung liefert, keine optimalen Empfehlung für das Unternehmen entwickeln.
marktforschung.de: Gibt es aus Ihrer Wahrnehmung auf Kundenseite immer eine klare Differenzierung zwischen forscherischen Dienstleistungen und „klassischer“ Unternehmensberatung? Oder anders gefragt: Ist dem Kunden eine solche Differenzierung am Ende vielleicht sogar egal?
Hardy C. Koth: Wir haben in unserer Tätigkeit die Erfahrung gemacht, dass die Frage, ob wir als Marktforscher oder Unternehmensberater gesehen werden, weniger daran liegt, was wir tun, sondern mehr daran, mit wem wir sprechen. Arbeiten wir für die Marktforschungsabteilung, werden wir in der Regel als Marktforscher gesehen. Natürlich gehen wir in der Umsetzung und mit unseren Empfehlungen in der Regel deutlich über das hinaus, was normalerweise von einem reinen Marktforscher erwartet wird und das schätzen unsere Kunden auch sehr. Arbeiten wir hingegen auf Vorstandsebene, werden wir in der Regel als Unternehmensberater gesehen. Zum Teil ist diese Differenzierung auch projektspezifisch. Neue Preisstrategien und auch Mitarbeiterbefragungen sind Themen, die in der Regel direkt aus den Vorstandsressorts beauftragt werden, während Kundenzufriedenheitsbefragungen in der Regel aus der Marktforschung kommen. Den größten Nutzen für das Unternehmen können wir natürlich dann generieren, wenn die Marktforschung im Unternehmen so positioniert ist, dass auch bereichsübergreifende Änderungen umgesetzt werden können, wenn sie für das Unternehmen als sinnvoll erweisen.
marktforschung.de: Inwieweit nehmen Sie „klassische“ Unternehmensberatungen als Konkurrenten für Marktforschungsunternehmen war? Müssen sich Marktforschungsunternehmen am Angebot von großen Unternehmensberatungen messen lassen?
Hardy C. Koth: Auch das ist abhängig vom Themenbereich. In der Preisforschung beispielsweise steht Vocatus in Angebotspräsentationen natürlich häufig in direkter Konkurrenz zu McKinsey, BCG oder Simon-Kucher & Partners. Wichtig ist hier, die Gesamtsituation des Kunden zu verstehen, um den größten Impact zu haben. Genau wie die klassischen Beratungen müssen auch wir uns natürlich am Ergebnis unserer Arbeit messen lassen.
marktforschung.de: Haben sich die Anforderungen an Sie als Dienstleister im Hinblick darauf, was Kunden unter „Beratung“ verstehen, in den letzten Jahren verändert? Und wenn ja, wie haben Sie als Unternehmen darauf reagiert?
Hardy C. Koth: Wir sehen bei unseren Kunden in den letzten Jahren eine größere Offenheit, Ergebnisse der Marktforschung als Basis für grundlegende Strategieänderungen und fundamentale Umstellungen im gesamten Unternehmen zu verwenden. Entsprechend werden die Kundenbeziehungen immer langfristiger und zielen auf eine kontinuierliche Begleitung und marktforscherische Überprüfung des gemeinsam eingeschlagenen Weges ab. Dadurch können wir unsere Stärke, nämlich die Kombination zwischen Marktforschung und Beratung besser zur Geltung bringen und erreichen so immer häufiger Ergebnisse wie bei der FAZ, wo sich Marktforschungsprojekte von Vocatus, die von den Kosten im sechsstelligen Bereich lagen, für den Kunden innerhalb von wenigen Tagen (!) amortisiert haben. Für dieses Projekt wurden wir ja auch gerade mit dem ESOMAR Research Effectiveness Award ausgezeichnet. Für uns ist es wichtig, einen wirklichen Mehrwert für den Kunden zu schaffen, der sich direkt in den Gewinnen des Kunden niederschlägt. Ob wir dabei als Marktforscher oder als Berater gesehen werden, ist eher nebensächlich.
marktforschung.de: Herr Koth, herzlichen Dank für dieses Gespräch!
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