Nachgefragt bei Christian Dössel (MM-Eye)

Christian Dössel ist Research Director und verantwortlich für Human Resources bei MM-Eye.
marktforschung.dossier: Was sind in Ihren Augen die wichtigsten Skills, die ein guter Marktforscher mitbringen muss?
Christian Dössel: Die wichtigste Fähigkeit für Marktforscher ist das Zuhören. Denn der Antrieb verstehen zu wollen ist das A und O in der Marktforschung. Wer sein Gegenüber verstehen will und hier die Bereitschaft hat, dafür alles zu tun, der hat nicht nur in der Erhebungssituation Vorteile.
Das Verstehen der Anforderungen der Auftraggeber ist darüber hinaus auch die Voraussetzung für gute Konzepte für guten Research und damit für einen hohen Wert unserer Arbeit. Verstehen wollen setzt auch eine Portion Neugier voraus.
Ich glaube, "One-Size-Fits-All" Ansätze mit standardisierten Produkten sind da nicht das Mittel der Wahl, weil hier nicht immer möglich ist, das Verstandene in flexible Ansätze zu transformieren.
Das ist übrigens der Grund, warum wir bei MM-Eye auf "maßgeschneiderte" Research-Lösungen setzen, unter Berücksichtigung des gesamten Methodenspektrums.
marktforschung.dossier: Wenn ein junger Mensch heute Marktforscher werden möchte, welches Studienfach würden Sie ihm oder ihr empfehlen?
Christian Dössel: Die Sozial- und die Wirtschaftswissenschaften sind sicher immer noch die Fächer, die aufgrund der Studieninhalte ein breites Spektrum an Qualifizierungsmöglichkeiten für die Marktforschung vorweisen können. Vor allem die Kombination aus diesen Fächern ist spannend. Methodensicherheit kann man sich über sozialwissenschaftliche empirische Methoden oder psychologische Grundlagen aneignen. Diesen Fächern fehlt es jedoch an der Vermittlung der Relevanz der Marktforschung in Unternehmen. Hier sind wirtschaftswissenschaftliche aber auch kommunikationswissenschaftliche Studieninhalte sicher hilfreich.
Aber jedes Studium bildet nur die Basis. Die Bereitschaft, Probleme zu lösen ist zentral, die universitäre Ausbildung liefert hierfür "nur" die Basis.
marktforschung.dossier: Ob ein Arbeitnehmer sich für eine Stelle entscheidet, ist nicht nur vom Gehalt abhängig, sondern auch von "weichen Faktoren" wie Arbeitsklima, Flexibilität bei den Arbeitszeiten, Fortbildungsmöglichkeiten etc. Welche Bedeutung haben diese Merkmale nach Ihren Erfahrungen für die Gewinnung qualifizierter Mitarbeiter?
Christian Dössel: Alle diese Merkmale sind natürlich sehr wichtig, übrigens nicht nur in der Marktforschung. Aber deren Wert kann man nur in der täglichen Arbeit erleben. Und so richtiges Differenzierungspotenzial bieten sie nicht, auch weil die Begriffe in der Praxis sehr inflationär eingesetzt werden, aber ihr Wert individuell sehr verschieden wahrgenommen wird.
marktforschung.dossier: Würden Sie sagen, dass Sie derzeit viele gute Bewerbungen auf Ihre Stellenausschreibungen erhalten, oder ist der Arbeitsmarkt für Marktforscher eher leergefegt?
Christian Dössel: Wir bei MM-Eye suchen regelmäßig neue Kolleginnen und Kollegen. Der Wettbewerb, gerade in Hamburg, ist dabei sehr groß. Im Bereich der Berufsanfänger sehe ich noch keine großen Probleme bei Vakanzen. Wenn man jedoch Bewerbungen mit längerer relevanter Berufserfahrung sucht, wird es schwieriger. Das liegt zum einen an dem Wettbewerb der Institute. Zum anderen sehe ich jedoch auch, dass "marktforschungs-verwandte" Firmen wie Strategie-und Beratungs-Agenturen zunehmend als Konkurrenten auf dem Arbeitsmarkt wahrnehmbar werden.
Daher setzen wir auf die interne Ausbildung, die vor allem das Verständnis für die Wichtigkeit des Verstehens schult. Wie gesagt, dies sehe ich als Basis-Skill für die Marktforschung, und darauf legen wir sehr großen Wert.
marktforschung.dossier: Welche Rolle spielen Gütesiegel wie zum Beispiel Great Place to Work, Top Arbeitgeber Deutschland oder BestPers Award Ihrer Meinung nach für die Rekrutierung neuer Mitarbeiter?
Christian Dössel: Ich denke, dass dies für die Marktforschung im Moment noch nicht so relevant ist. Aber sie sind sehr standardisiert und ihr individueller Wert, wie bereits oben erwähnt, limitiert. Standardisierungen bieten in einem sehr individuellen Markt nur sehr oberflächliche Orientierung.
Es ist jedoch schwer für die Marktforschung insgesamt den Mehrwert der Unternehmen für potenzielle Arbeitnehmer im Rekrutierungsprozess darzustellen. Wir haben sehr gute Erfahrung mit der Darlegung von Möglichkeiten mit internationaler Perspektive gemacht. Mit Büros in Hamburg und London, die eng zusammen arbeiten, sind wir da gut aufgestellt. Der zweite Mehrwert ist die Vielfalt der Projekte. Damit meine ich nicht nur qualitativ und quantitativ, Online und Offline. Auch die Branchenvielfalt ist hierbei ein großer Pluspunkt.
marktforschung.dossier: Herr Dössel, herzlichen Dank für dieses Gespräch!
Kommentare (0)
Noch keine Kommentare zu diesem Artikel. Machen Sie gerne den Anfang!
Um unsere Kommentarfunktion nutzen zu können müssen Sie sich anmelden.
Anmelden