Pierre Hatje, impact&emotions Musik-Marktforschung: Musik transportiert Botschaften von Marken

Der erste Golf Genesis fuhr vor 27 Jahren durch Deutschlands Straßen. Trotzdem hat sich das Sponsoring von Musik seither nicht so ausdifferenziert wie beispielsweise im Sport. Doch es bahnt sich – auch bedingt durch Social Media – ein Generationenwechsel an.

Musik nimmt im alltäglichen Leben der Menschen eine wichtige Bedeutung ein und kann starke emotionale Reaktionen hervorrufen. Weil es die Emotionen der Menschen so deutlich beeinflusst, wird Musik wie kaum ein zweites Medium von Menschen genutzt, um ihre aktuelle Gefühlslage in eine bestimmte Richtung zu verändern bzw. zu verstärken. Die hohe Wertschätzung von Musik in unserer Gesellschaft wird in vielen Lebenssituationen deutlich, es gibt praktische keine Lebenssituation, in der Musik nicht mindestens eine begleitende Rolle spielt.

Ob zur Untermalung von Stimmungen in Filmen, zur Beruhigung in Fahrstühlen oder beim Einkaufen, zum Einschlafen, zum Auftakt in einen Wettkampf oder zur Trauer bei einer Beerdigung: ganz gleich, um welche emotionale Richtung es geht - es wird immer eine Musik geben, die diese Stimmung verstärken kann. Genau diese emotionalisierende Eigenschaft macht Musik nicht zuletzt auch für Unternehmen interessant. Beispielsweise versuchen Unternehmen an der Popularität und dem Image einer Musikgruppe oder eines Musikgenres zu partizipieren und die eigene Marke emotional aufzuladen - zum Beispiel mit einem Sponsoringengagement. 

Musiksponsoring - ein alter Bekannter und dennoch new kid on the block

Musiksponsoring kann auf verschiedene Weisen geschehen: Besonders effektiv und entsprechend verbreitet ist es, Live-Events zu sponsern, da hier die emotionale Wirkung in der Regel noch intensiver ist, als bei aufgezeichneter Musik. Außerdem können auf Festivals und Konzerten neben der Imagewirkung oftmals auch ökonomische Zielgrößen der Sponsor-Unternehmen erreicht werden. Die maßgebliche Herausforderung für sponsernde Unternehmen ist es, auch jenseits der Sponsoringplattform in der eigentlichen Markenkommunikation des Unternehmens das Sponsoringengagement übertragen zu können. Einem der Pioniere im deutschen Musiksponsoring gelang das besonders gut: Volkswagen unterstützte 1992 die Europa-Tournee der britischen Rockband Genesis und trat damit erstmals als Musiksponsor in Erscheinung. Der Autohersteller verfolgte mit dem Engagement die Strategie, Bekanntheit und Image der Band zu nutzen, um auf sich und seine Produkte aufmerksam zu machen. VW integrierte sein Engagement in die Kommunikationsstrategie des Unternehmens und verband es mit einer europaweit angelegten Werbekampagne. Darüber hinaus brachte Volkswagen zum Beginn der Tournee das Sondermodell "Genesis" der Fahrzeugserie Golf auf den Markt. Die Kampagne erwies sich für VW als durchschlagender Erfolg, die Sondermodelle verkauften sich binnen kürzester Zeit und der Konzern konnte seine Bekanntheit in Europa weiter ausbauen. Diese positiven Erfahrungen bewegten den Konzern auch in den Folgejahren dazu, das Sponsoring zu einer umfassenden Co-Branding Strategie mit internationalen Marken der Pop- und Rockmusik auszubauen: So erschienen in den nächsten Jahren nach dem "Genesis-Golf" weitere Sondereditionen wie beispielsweise "Pink Floyd" (1994), "The Rolling Stones" (1995), "Bon Jovi" (1996) und "Eric Clapton" (1998). 

Auch wenn es seit den späten Achtziger Jahren in Deutschland Musiksponsoring gibt, ist das Engagement in diesem Bereich noch nicht so etabliert, wie es das beispielsweise im Sport ist. Vor allem ist es noch nicht so differenziert; Musiksponsoring wurde bis vor kurzem fast ausschließlich mit dem Sponsern von Konzerten, Tourneen oder Festivals assoziiert. Andere Marketingmaßnahmen, die über die Nutzung von Werbeflächen bei Live-Veranstaltungen hinausgehen, sind deutlich seltener: So schrieb beispielsweise Lenny Kravitz 2006 für den Wodkahersteller Absolut exklusiv den Song "Breathe". Und die Punkband Pennywise ließ 2008 ihr Album "Reason to Believe" exklusiv vom Unternehmen Textango auf Myspace vertreiben. Man kann sich gleichermaßen wundern, dass dies einerseits erst rund ein Dutzend Jahre her ist und andererseits immerhin schon seit über zehn Jahren praktiziert wird und dennoch bis heute noch so wenig etabliert ist. Die Tatsache, dass auch die Künstler selbst eine Sponsoringplattform darstellen, ist den meisten Unternehmen erst mit Aufkommen von Social Media bewusst geworden. Dabei wäre es nur ein weiterer konsequenter Schritt der Vermarkung, auch den Künstler oder die Band selbst als Sponsoringplattform zu nutzen. Ähnlich wie eine Sportmannschaft, die mit dem Markennamen auf dem Trikot bei Begegnungen auflaufen. Auch wenn dies in Einzelfällen vorkommt, ist diese Art der Kommerzialisierung für die meisten Künstler bislang keine Option. Auch die Labels selbst scheuen diesen Schritt. Es bestehen immense Ressentiments bei dem Thema Sponsoring in der Musik, weil viele Künstler bzw. deren Manager den Verlust von Authentizität und Glaubwürdigkeit befürchten, wenn diese sich für Kommunikationszwecke von Unternehmen einbinden lassen. Die Angst vor dem medialen Aufschrei, dem Sell Out, der Sorge, dass der Musiker nicht mehr als Künstler wahrgenommen wird, ist für viele zu groß.

impact&emotions berät bei Sponsoring

Letztendlich stellt sich jedoch die Frage, ob diese Sorge noch gerechtfertigt ist oder ob es hier nicht mittlerweile einer differenzierten Betrachtung bedarf. Die Ablehnung mag in der Vergangenheit sinnvoll gewesen sein, und man kann auch nicht von jetzt auf gleich erwarten, dass ein derart plakatives Sponsoring in jedem Fall akzeptiert werden würde. Aber die Forschung von impact&emotions zeigt, dass in diesem Kontext ein "Generationenwechsel" stattfindet.

Die jüngeren Musikhörer finden Sponsoring überwiegend positiv. Sie empfinden es nicht einmal als verwerflich, wenn das Album oder gar die komplette Band direkt von einem Unternehmen gesponsert wird. 

Die Vermarktung von Musik und Künstlern ist aber auch auf anderen Ebenen und Plattformen möglich. Die Nutzung von Liedern für Kino- bzw. Fernsehfilme, in Serien oder auch Werbeclips ist sicherlich kein Sponsoring, aber dennoch eine Art der Kommerzialisierung der Musik. Für deren Nutzung müssen die Produzenten die jeweiligen Musikrechte einkaufen. Beide Seiten erhoffen sich dabei auch einen immateriellen Mehrwert: einerseits die Reichweite, die das Stück durch eine bekannte Serie oder einen Film erhält und andererseits die emotionale Aufladung durch die Musik. Die Umfrageergebnisse von impact&emotions zeigen, dass vor allem die junge Zielgruppe der 18- bis 24-Jährigen diese Kommerzialisierung in der Musik akzeptieren würde. 

Um differenzierte Aussagen über einen Imagetransfer durch Musiksponsoring treffen zu können, ist es notwendig, einerseits die Mechanismen des Musikbusiness zu verstehen und andererseits die emotionale Markenaufladung durch Sponsoring auch in anderen Werbeumfeldern zu kennen. Die gesamte Musikbranche wurde zudem in den letzten Jahren kontinuierlichem Wandel ausgesetzt: Die CD, Raubkopien, dann der Aufstieg von iTunes, das die Distribution von Musikprodukten revolutionierte, und nun die Durchsetzung von Streaming-Plattformen wie Spotify und Co. – all das hat die Musikbranche immer wieder vor neue Herausforderungen gestellt. Insbesondere der physische Tonträger verliert zunehmend an Bedeutung, und der digitale Stream wird immer relevanter. Da sich nicht nur die Distribution, sondern das Produkt geändert hat, muss folglich auch die Bewerbung von Musik und damit einhergehend auch die Erfolgsmessung an die neue Situation angepasst werden. 

Marktforschung in der Musik

Gerade auch im Bereich der Musik analysiert impact&emotions mittels Marketing Mix Modelings neben einem möglichen Erfolgsbeitrag von Sponsoringengagements die Werbewirkung ganzer Kampagnen auf den Absatz eines Produktes, wie bspw. den Verkauf von Musik-Alben. Bei dieser Kausalanalyse der Absatzmodellierung werden die Absatzzahlen des Albums sowie des Song-Streams im Verhältnis zu durchgeführten Werbeaktionen sowie Promotion- oder Marketingmaßnahmen für diesen Künstler betrachtet. Durch diese Erfolgsmessung wird die Marketingkampagne sowohl im Blick auf die Zielsetzung als auch monetär bewertet. Darüber hinaus lässt sich der optimale Marketing- bzw. Media-Mix für künftige Maßnahmen ableiten und die Budgetallokation entsprechend optimieren. Die Bewertung und Erfolgsmessung der Werbekampagne erfolgt also sowohl hinsichtlich deren Effektivität als auch der Effizienz.

Anmerkung Grafik: Den Impulsen (Werbe- und Marketingmaßnahmen während der Werbekampagne) im unteren Teil der Darstellung werden die ermittelten Absatzbeiträge im oberen Teil gegenübergestellt und tagesgenau durch multivariate Verfahren zugeordnet. Auf diese Weise lässt sich erkennen, welche Impulse einen Effekt in Form von Absatz generieren und welche ohne Auswirkungen geblieben sind. Zudem lässt sich die Intensität des Effekts bestimmen und wie im Beispiel tagesgenau monetarisieren. Der Marketing-Manager kann dadurch seine Werbeaktion evaluieren und den Return on Investment der einzelnen Maßnahmen überprüfen. 

Gerade weil die dynamische Entwicklung im Musikmarkt und die kampagnenspezifischen Besonderheiten der Erfolgsmessung ein hohes Maß an Flexibilität und Anpassung verlangen, ermöglicht z.B. unser das Marketing Mix Modeling schnelle Anpassungsmöglichkeiten für das werbende Unternehmen. Die beworbenen Produkte in der Musikbranche – aber auch in anderen hochemotionale Umfeldern der Entertainmentbranche, wie bspw. der Film- oder der Gaming-Industrie – unterliegen einem ähnlich temporären Produktlebenszyklus, sodass unsere Erfahrungen der Erfolgsmessungen in diesen Bereichen Synergieeffekte ermöglichen und Erkenntnisse aus Modellierungen branchenübergreifend Verwendung finden und genutzt werden.

Zum Autor:

Pierre Hatje ist Managing Director bei impact & emotions in Köln. impact & emotions ist ein inhabergeführtes Marktforschungsunternehmen aus Köln, das sich auf Konsumenten- bzw. Werbewirkungsforschung und Sponsoringcontrolling spezialisiert hat. Anhand empirischer Studien und multivariater Analyseverfahren bieten wir Antworten auf Fragen und Problemstellungen im Marketing, in der Kommunikation sowie der Wirkungsforschung. Dabei konzentrieren wir uns auf hochemotionale Umfelder wie die Sport-, E-Sport und Musikbranche.

 

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