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Beitrag von Christopher Harms und Sebastian Schmidt Mobil, aber so richtig: Wie die Marktforschung von Messengern profitieren kann
Marktforschung mobil zu machen, ist damit ein notwendiger Entwicklungsschritt. Einerseits wird so die Möglichkeit geschaffen, Personen dort befragen zu können wo sie mit Marken, Produkten und Dienstleistungen interagieren – und das “mobile“ und sofort. Andererseits lässt sich festhalten, dass jedem Befragungsteilnehmer vollkommen unabhängig vom genutzten Endgerät ein vernünftiges Nutzererlebnis ermöglicht werden muss. Denn wir sind auf die Teilnehmer angewiesen. Und jede Person, die mangels technischer Kompatibilität ausgeschlossen wird, oder frustriert nach der 30. Matrix-Frage auf dem Smartphone abbricht, wird uns womöglich zukünftig nicht mehr helfen, ein breites Meinungsbild zu erfassen.
Unmittelbare Ansprache im mobilen Nutzungskontext
Damit wird ein Punkt deutlich: Responsive Befragungs-Layouts, die sich im Rahmen von browser-basierten Befragungen dynamisch an das genutzte Endgerät anpassen, sind zwar ein wichtiger Baustein mobiler Marktforschung, mehr aber auch nicht. Denn die entscheidende Frage ist eigentlich, wie wir als Marktforscher Personen unmittelbar in einem mobilen Nutzungskontext ansprechen können. Da Einladungen für eine Befragungsteilnahme über Online-Access-Panels häufig im Posteingang des E-Mail-Accounts landen, erscheint das nicht unbedingt der ideale Kanal für eine unmittelbare Ansprache.
Bei Kundenbefragungen wird daher in Verbindung mit einer Handy-Nummer auch hin und wieder der Wunsch nach einem SMS-Einladungsversand laut, was sich in Zeiten von WhatsApp & Co. durchaus wie ein Anachronismus anfühlt.
Apps als Alternativen
Die naheliegende Alternative stellen damit Apps dar. Hier sehen wir unterschiedliche Anbieter wie arrivierte Online-Access-Panels, die registrierten Mitgliedern eine weitere Zugangsmöglichkeit zu Umfragen offerieren oder auch Marktforschungs-Start-ups, die schnelles Feedback in wenigen Stunden versprechen. Für die Branche stellt diese Vielfalt in jedem Fall einen Gewinn dar, kann so der Weg von Forschungsfrage zur Antwort verkürzt und noch näher an die Kundenerfahrung herangerückt werden. Dass dabei nicht jede Zielgruppe adäquat erreicht werden kann, liegt auf der Hand. Doch das trifft in zunehmendem Maße für jede Befragungsform auf die eine oder andere Art zu.
Die große Herausforderung aus Anbietersicht besteht allerdings darin, eine entsprechende Reichweite aufzubauen. Die Hürden sind dabei nicht zu unterschätzen: Die notwendige Installation bedeutet zumindest ernsthaftes Interesse und einen gewissen Vertrauensvorschuss. Und danach konkurriert die App auf dem Smartphone mit der Crème de la Crème der digitalen Entertainer. Für Umfragen demnach kein einfaches Wettbewerbsumfeld.
Doch welche Alternativen gibt es? Werfen wir dafür doch einen Blick auf das eigene Smartphone. Welche Apps nutzen Sie am häufigsten zur Kommunikation? Sollte Ihnen nun Messenger wie WhatsApp einfallen, sind Sie zumindest in guter Gesellschaft. 1,2 Milliarden Nutzer weltweit kommunizieren beispielsweise über den Facebook Messenger. Und die Nutzerbasis des vom chinesischen Unternehmen Tencent entwickelten Messengers WeChat beläuft sich mittlerweile auf ca. 900 Mio. Nutzer.
Wobei WeChat viel mehr als eine Messaging-App ist: Ob Shopping, Games, Unterhaltung, Nachrichten oder Payment, eigentlich sprechen wir hier von einem Schweizer Taschenmesser auf dem Smartphone. Dabei zeichnet sich WeChat durch eine große Offenheit aus, sodass Unternehmen ihre Services unkompliziert integrieren können und damit Zugriff auf eine immense Nutzerbasis erhalten. WeChat verbreitert damit das eigene Angebot, Unternehmen können ihre Zielgruppen ansprechen und für die Nutzer ist jeder Wunsch vermeintlich nur einen Klick entfernt.
Natürlich hat Facebook die Zeichen der Zeit ebenfalls erkannt und angekündigt, den 2014 akquirierten Messenger WhatsApp stärker für Business-Kunden zu öffnen. Statt aufwendigem App-Download und Registrierung ist man in Zukunft nur noch einen Opt-In von der direkten Kommunikation mit seinen Kunden entfernt.
Interaktion mit Chatbots
Doch Facebook hat auch vor dem eigenen Messenger nicht halt gemacht. Ein wesentlicher Bestandteil war dabei 2016 die Einführung einer Plattform für Chatbots innerhalb des Facebook Messengers. Hier sollen nach Vorstellung von Facebook-CEO Mark Zuckerberg in Zukunft die wesentliche Interaktion zwischen Kunden und Unternehmen stattfinden. Nach Zuckerberg sind diese “Conversational Interfaces“ die nächste Evolutionsstufe der bisher App-dominierten Smartphone-Landschaft.
Seitdem haben Chatbots einige Begehrlichkeiten geweckt und einen wahren Hype begründet. Die Chatbot-Plattform Pandorabots spricht dabei selbst von 225.000 registrierten Entwicklern und 285.000 entwickelten Chatbots. Anwendungsgebiete reichen dabei von der hohen Kunst, eine Katze zu simulieren (treffend der Catbot) bis hin zur Assistenz bei der Buchung von Flügen.
Bots in Befragungen
Dabei spielen Chatbots nicht nur bei Support-Anfragen eine Rolle, sondern bieten auch eine Lösung für mobile Befragungen: Denn die Integration in einen Messenger wie WhatsApp oder Facebook baut entscheidende Akzeptanzhürden ab. Die Bedienung ist keine halbherzige Optimierung einer eigentlich desktop-basierten Befragung, sondern folgt dabei den gelernten Paradigmen mobiler Kommunikation. Weiterleitungen und unterschiedliche User-Interfaces werden vermieden, für den Teilnehmer wirkt die gesamte Kommunikation wie aus einem Guss.
Unsere ersten Erkenntnisse beim Einsatz eines Chatbots für Befragungszwecke sind dabei vielversprechend:
Grundsätzlich liefern Befragungen über Chat-Interfaces eine sehr gute Datenqualität, die äquivalent zu klassischen Online-Fragebögen ist. Ob Antwortvarianz oder Ausführlichkeit der offenen Angaben, es zeigen sich keinerlei Hinweise, dass Chat-Interfaces vom Grundsatz her für die mobile Marktforschung ungeeignet wären. Das wird auch vom expliziten Teilnehmer-Feedback gestützt, bei dem es viel Lob für die als abwechslungsreich und unterhaltsam wahrgenommene Art der Befragung gab.
Nicht verheimlicht werden sollte in dem Kontext allerdings, dass einige Personen Chatbots gegenüber grundsätzlich nicht aufgeschlossen sind, was sich in einer höheren Abbruchquote äußert. Diese Erkenntnis passt allerdings auch gut zu den Erfahrungen, die Marketing-Abteilungen derzeit mit Chatbots machen: Nicht überall ist die Freude groß, wenn sich der vermeintlich allzeit verfügbare Online-Lebensretter nach zwei Fragen als schnell zusammengeklebte FAQ in Chatform entpuppt.
Daher können wir nur empfehlen, den Chatbot eben als Maschine auch offen zu kommunizieren und nicht zu versuchen, die über lange Jahre konservierten Item-Batterien in das neue Medium zu retten, sondern die Chance zu nutzen, neue Wege zu gehen. Im Kontext von Chatbots ist hier besonders der Einsatz von “Natural Language Processing“ vielversprechend, mit der Chatbots durch die Analyse des geschriebenen Wortes dynamisch auf Angaben der Teilnehmer reagieren können. Damit bilden Chat-Interfaces aus unserer Sicht einen optimalen Ansatzpunkt für wirklich mobile Marktforschung.
Zu den Autoren

Sebastian Schmidt verantwortet als Senior Research Executive den Bereich Research & Development der SKOPOS Group. Dort beschäftigt er sich mit Innovationen in der Markt- und Meinungsforschung, und begleitet die strategische Ausrichtung. Sein besonderes Interesse gilt dabei der Online-Forschung. Hier referiert er seit 2012 als regelmäßiger Speaker auf nationalen und internationalen Konferenz
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