Mit Information lässt sich kein Geld mehr verdienen. Oder doch?

Oliver W. Schwarzmann, Zukunftsforscher und Publizist
Von Oliver W. Schwarzmann
Das klingt bitter.
Gerade für eine Informationsgesellschaft, die eigentlich wissen müsste, wie …Aber der Reihe nach: Krisen haben eigentlich etwas Wunderbares an sich. Krisen bieten sich immer als spannendes Gesprächsthema an. Durch die gemeinsamen Befürchtungen entsteht in Krisen durchaus eine wohlige Solidarität. Und nicht zuletzt denkt man bei Krisen mal wieder mehr, öfter und ernsthaft über den Augenblick, also über die dynamische Zeit und unkalkulierbare Zukunft nach.
So gesehen, sind Krisen wie Bier, es wird einem davon gern schwindlig, manch einer verhält sich schnell unberechenbar und die Aussichten sind ja ohnehin äußerst verschwommen. Krisen machen aber ganz wie das Gerstengebräu auch redselig und gesellig, und ja, mit Glück und im Gegensatz zum Alkohol, womöglich klug. Aber selbst unter der Gefahr ausbleibender Erkenntnis, ist Bier doch mehr nach unserem Geschmack. Stößt uns die Eurokrise allmählich ganz schön sauer auf. Schließlich geht’s im ewigen Schuldenrausch nunmehr ums Eingemachte. Und es lässt sich aus dem Herkules einfach keinen Häberle machen. Das ernüchtert und bereitet Kopfschmerzen. Doch Krisen haben nicht nur ein gutes Timing für unpassende Momente, Ungemach kommt nie alleine. Da wäre dann auch noch die Zeitungskrise. Nach dem Aus von „Frankfurter Rundschau“ und der „Financial Times Deutschland“ sehen nun viele das Ende der Printmedien herbeigeeilt. Die Bäume atmen auf. Die anderen schwer, scheint in der Branche die Luft doch dünner zu werden. Den Grund für die schwächelnden Papiertiger haben uns kluge Vorausblicker schon lange geliefert: In einer virtuell unbegrenzten Welt ist für Fassbares einfach kein Platz mehr. Das ist schwarz auf weiß nachzulesen in ihren Vorhersagebüchern, die Bände sprechen für eine entmaterialisierte Zukunft. Zu der es scheinbar keine Alternative gibt, spielt sich ja mittlerweile alles in Social-Media-Communitys ab und das Leben dort im Netz ist einfach anders. Aber so richtig Geld bleibt bei fast keinem hängen, und da fragt man sich schon, erstens weshalb und zweitens, ob das dann wirklich alles Zukunft haben kann.
Da bin ich nicht der Einzige. Viele meinen, mit der technischen Mobilität habe sich kurzerhand ein neues Verständnis von Freiheit und Transparenz eingeschlichen: Alles kriegen, überall mitreden, nix zahlen. Das empört natürlich auf den ersten Blick. Aber überall mitreden zu wollen, nun, das ist ein uralter Trieb des Menschen, der durch das Netz nun eine globale Plattform gefunden hat. Und ein neues, echt smartes Etikett, nämlich das der Schwarmintelligenz. Wir müssen nur aufpassen, dass sich die Weisheit der Vielen nicht nur an ihrem Durchschnitt misst. Und alles zu kriegen? Naja, das ist in der konsum- und verfügbarkeitsverwöhnten Gesellschaft doch längst Standard. Von der bequem gewordenen Kundschaft profitieren allerdings nur die Onlinehändler, Informationsanbieter gehen nach wie vor leer aus. Nun, für Wissen nix zu zahlen, ja, das ist reichlich blöd, will man nicht nur im Netz, sondern auch vom Netz leben.
Ist das überhaupt vorgesehen?
Tja, abgesehen davon, muss man betrachten, dass bei der Informationsökonomie ein bewährter Marktmechanismus greift: Was es im Übermaß gibt, ist wertlos. Dazu gehören nun mal Informationen; sie stehen an jeder digitalen Ecke, haben so gar nichts Außergewöhnliches an sich, verströmen keinen besonderen Reiz. Und - wer will schon alles wissen?
Aber „nix zahlen“ könnte auch der Anstoß für eine wirkliche Errungenschaft sein: Wir müssen das Netz nur als eine gemeinnützige Sache betrachten. Was wir also brauchen, um dass sich Geld im Netz verfängt, ist keine erzwungene Informations-, Pardon: Werbe-, oder besser: Reputations-, Fan- oder Imagepflegeökonomie, sondern eine globale Spendenkultur. Alle kriegen was, alle geben was. Wer viel hat, gibt viel, wer wenig oder nichts hat, kann immer noch Herzblut spenden, etwa in Form von ambitionierten Inhalten. Das wäre mal ein echtes Projekt, an dem wir alle partizipieren könnten. Und es wäre eine tolle Weiterentwicklung des Netzes zum wirklich sozialen Medium: Denn Gemeinnützigkeit erfordert ja altruistisches Engagement, eine Liebe zur Gemeinschaft, Offenheit für Transparenz, nicht zu vergessen Sinn und gute Absichten.
Nun, was die scheinbare Printmedienflaute angeht: Wir erleben keinen Kampf der Technologien, sondern eine Übersättigung gleicher Informationen. Wir haben auch keine Medienkrise, sondern eine inhaltliche. Für gute Geschichten gibt es immer einen Markt; es kommt nicht darauf an, wie sie veröffentlicht, sondern wie (klug) sie erzählt werden.Und wenn’s ums Geld verdienen im Netz geht, nun, da orientiert man sich noch viel zu sehr an den Geschäftsmodellen der realen (Print-)Welt. Neue Medien brauchen halt auch neue Vermarktungsideen. Bei alldem steht der gemeinnützige Gedanke ganz oben auf meiner Wunschliste. Falls das nicht durchsetzbar ist und wir eben ein Businessnetz wollen, ja, dann müssen wir nicht über die Technologie, sondern über das nachdenken, was gesättigte Konsumenten außer Informationen sonst noch so brauchen könnten und für was sie auch bezahlen würden.
Ich wüsste was: Zuspruch.
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