Interview mit Bella Struminskaya und Simon Kühne zur GOR "Mit den Einreichungen und dem finalen Programm sind wir sehr zufrieden"

Vom siebten bis neunten September 2022 findet in Berlin die GOR (General Online Research) Konferenz statt. Wir haben mit Bella Struminskaya und Simon Kühne, zwei der Programmverantwortlichen der diesjährigen GOR-Konferenz gesprochen und Einblicke zur Programmgestaltung, Trends und den Highlights der Veranstaltung erhalten.

Die Fachbesucher der GOR in Berlin erwartet drei Tage Programm. Geben Sie doch einen kleinen Überblick vorab: Worauf dürfen sich die Besuchenden dieses Jahr freuen? Was sind die thematischen Schwerpunkte?

Bella Struminskaya: Wir haben dieses Jahr sowohl klassische Themen, die seit Anfang der GOR die Kernthemen geworden sind wie Repräsentativität von Online-Panels, Antwortverhalten von Teilnehmern und Datenqualität in Mobilen und Mixed-Mode Befragungen als auch Themen, die Innovationen in der Markt- und Sozialforschung widerspiegeln. Dazu gehören Datenerhebung und Analyse von Smartphone-Sensoren- und App-Daten und Social Media Daten, Integration von Umfragedaten und neuen Datenquellen.

Verstärkt kommen die Themen wie Chancen und Herausforderungen von Künstlicher Intelligenz, Machine Learning dazu, zusammen mit Ethik und FAIR Data, die damit Hand in Hand gehen.

Seit einigen Jahren bauen wir einen Themenbereich der politischen Kommunikation, Politik und Public Opinion aus. Auch tagesaktuelle Themen wie Auswirkungen von COVID-19 und Klimawandel erwarten die Besucher.

Wie hat sich die Programmplanung dieses Jahr gestaltet? Gab es viele Bewerbungen? Und sind Sie zufrieden mit dem Endergebnis?

Simon Kühne: Für die Programmplanung konnten wir wieder auf zahlreiche Unterstützenden bauen. Neben vielen Abstract-Reviewenden, allen voran die Track Chairs, die in den verschiedenen Bereichen von Survey Research über Data Science bis Public Opinion mit uns Reviews eingeholt und gesichtet und im Anschluss ein vielfältiges und volles Programm erstellt haben. Mit den Einreichungen und dem finalen Programm sind wir sehr zufrieden, auch wenn die Corona-bedingte Verschiebung der ursprünglich für den März 2022 geplanten GOR es uns mit der Programmplanung nicht immer ganz leicht gemacht hat.

Wie jedes Jahr ist die Daily Keynote wieder ein Highlight zu Beginn des Tages. Welchen Fachthemen wird sich dabei gewidmet?

Bella Struminskaya: Die Keynotes der diesjährigen Konferenz reflektieren die Zusammenarbeit zwischen Praxis und akademischer Forschung, die bei der GOR im Mittelpunkt steht. Es freut uns sehr, dass wir dieses Jahr zum zweiten Mal in der Geschichte der GOR zwei weibliche Keynote-Speakerinnen gewinnen konnten. Die erste Keynote am Donnerstag wird Susan Shaw von GIM Suisse halten. Sie wird in ihrer Keynote über die Möglichkeiten der Digitalisierung für die qualitative Forschung sprechen, sowohl bei der Datenerhebung als auch bei der Datenanalyse und Auswertung. In der zweiten Keynote am Freitag wird Prof. Dr. Claudia Wagner von der RWTH Aachen über die Rolle von Algorithmen in der Computational Social Science sprechen mit dem Fokus auf Validität, Zuverlässigkeit und Ethik von Algorithmen. Es ist uns bei der Auswahl der Themen wichtig, dass sie zukunftsorientiert sind und Chancen sowie Hindernisse der neuen Methoden in der Online-Forschung adressieren. Beide Themen sind sehr aktuell und auch sehr spannend!

Ob Workshops, Awards oder die klassischen Vorträge, auch dieses Jahr wird es wieder einige verschiedene Formate geben. Gibt es irgendwelche Veränderungen und Neues im Vergleich zu den letzten Jahren vor der Pandemie?

Bella Struminskaya: Neben den Workshops, den drei Award Competitions (GOR Poster Award, GOR Thesis Award, GOR Best Practice Award), klassischen Vorträgen und Postern, haben wir dieses Mal wieder eine spannende Podiumsdiskussion zum Thema Herausforderungen bei der Rekrutierung und dem Betrieb von probabilistischen Online-Panels im Programm.

Auch hier schaffen wir es, die Brücke zwischen der Wissenschaft und Praxis zu schlagen. Die Experten aus Deutschland und den Niederlanden werden Best Practice Advice bieten können aus den langjährigen renommierten Projekten und auch über spannende Weiterentwicklungen dieser Datenerhebungsmethode berichten.

Die letzten zwei Jahre hat die GOR pandemiebedingt rein virtuell stattgefunden. Vor Ort in Berlin bieten sich nun natürlich auch wieder ganz andere Möglichkeiten für den persönlichen Kontakt. Inwieweit wurde die soziale Komponente im Programm berücksichtigt?

Simon Kühne: Wir freuen uns total, dass die GOR nun endlich wieder in Präsenz stattfinden kann und auch die Kolleginnen und Kollegen aus der Online-Forschung berichten uns in den letzten Wochen und Monaten immer wieder, dass die Vorfreude steigt. Den persönlichen Austausch vor Ort kann man virtuell einfach kaum ersetzen. Wie es die GOR-Teilnehmenden schon von den Konferenzen vor der Pandemie gewohnt sind, wird es auch in diesem Jahr ein Get-Together am Mittwochabend im Anschluss an die GOR Workshops geben. Am Donnerstagabend erwartet die Konferenzteilnehmenden mit der GOR-Party ein beliebtes Highlight der GOR. Zu Beginn der Party wird hier außerdem der GOR Best Practice Award 2022 verliehen. Selbstverständlich haben wir im Laufe der beiden Konferenztage ausreichend Pausen für den persönlichen Austausch bei Kaffee und Co. eingeplant.

Dass die GOR die letzten beiden Jahre virtuell stattgefunden hat, war hingegen sicherlich sehr förderlich für die Internationalität. Wie international wird die diesjährige GOR in Berlin im Hinblick auf Speaker und Besuchende?

Bella Struminskaya: Bereits vor der Pandemie gab es viele internationale Einreichungen und Besucher aber natürlich haben die virtuellen GORs 2020 und 2021 auch die Teilnahme für Besucher und Vortragende aus Ländern ermöglicht, die bisher nicht bei der GOR vertreten waren. Dieses Jahr, trotz noch existierender Reisebeschränkungen, haben wir ein internationales Publikum: die Speaker und Besucher kommen aus 13 Ländern. Wie international GOR geworden ist, sieht man aber auch an unserem Review-Board, das stets mehr Länder einschließt.

Auf der Konferenz geht es um aktuelle Entwicklungen in der Online-Forschung. Welche Trends spiegeln sich dieses Jahr besonders im Programm der GOR wider?

Simon Kühne: Zum einen sehen wir einen Trend hin zur Analyse von Smartphone-Sensor- und App-Daten, der sich auch im Programm niederschlägt. Oft geht es in der Forschung dabei auch darum, herauszufinden, wie diese Datentypen mit anderen Datenquellen, bspw. Survey-Daten, kombiniert werden können. Im Bereich Data Science sind es außerdem die Themen Social Media und Machine Learning Methoden, die die Forschungsprojekte auszeichnen. Die GOR-Besucher können sich hier auf viele spannende Beiträge freuen.

Was ist Ihr persönliches Programm-Highlight dieses Jahr? Worauf freuen Sie sich am meisten?

Bella Struminskaya: Für mich sind die Keynote-Speakerinnen ein Höhepunkt des Programms. Aber ich freue mich genauso sehr darauf zusammen mit unserem lokalen Partner HTW Berlin alle Teilnehmenden wieder live auf der GOR begrüßen zu dürfen. Ob beim Get-together, der GOR Party oder einfach in den Kaffeepausen, würde ich mich freuen, wenn diejenigen, die zum ersten Mal bei der GOR sind, sowie diejenigen, die die GOR schon länger kennen, die Möglichkeit nutzen, sich auszutauschen und neue Kontakte zu knüpfen.

Simon Kühne: Auch mein besonderes Highlight ist, dass ich viele Kolleginnen und Kollegen nun endlich wieder einmal live treffen kann – auf den Austausch beim Kaffee oder der Party freue ich mich sehr. Neben den Keynotes bin ich insb. auf die besonders innovativen Beiträge gespannt, mit denen methodisches Neuland in der Online-Forschung betreten wird.

Über Bella Struminskaya

Bella Struminskaya ist Assistenzprofessorin für Methoden und Statistik an der Universität Utrecht in den Niederlanden und assoziierte Forscherin bei Statistics Netherlands. Sie hat an der Universität Utrecht in Umfragemethodik promoviert. Ihre Forschungsschwerpunkte sind Innovationen bei Datenerhebungsmethoden, Datenqualität in Studien, die Smartphone-Apps, Sensoren und Wearables verwenden, sowie die Kombination von Umfragedaten mit anderen Datenquellen. Sie hat über verschiedene Aspekte der Datenqualität von Sensor- und Umfragedaten, Nonresponse und Messfehler, Panel-Konditionierung und Geräteeffekte veröffentlicht. Bella Struminskaya ist seit 2017 Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Online-Forschung (DGOF) und Programmvorsitzende der GOR 22 Konferenz. 

Über Simon Kühne

Simon Kühne ist Professor für Applied Social Data Science an der Fakultät für Soziologie der Universität Bielefeld. Nach seinem Studium der Soziologie und Survey Methodology an der Universität Duisburg-Essen war er zunächst am SOEP/DIW Berlin tätig und u.a. für die Stichprobenziehung und Gewichtung mitverantwortlich. Seine aktuelle Arbeit beinhaltet einerseits methodische Forschung im Bereich der Survey-Methodologie sowie zur Nutzung (und Nutzbarmachung) neuerer Datenquellen in den Sozialwissenschaften, insb. Social Media. Andererseits arbeitet Simon Kühne zu Aspekten sozialer Ungleichheit in den Bereichen sexuelle und geschlechtliche Vielfalt, Rassismus & Diskriminierung sowie Gesundheit. Simon Kühne ist Vice Programme Chair der GOR 2022 Konferenz.

 

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