Christopher Harms, SKOPOS ELEMENTS Mit Data Thinking von der Idee zum Datenprodukt: KI zielgerichtet einsetzen

Während über das Thema "Künstliche Intelligenz (KI) in der Marktforschung" schon seit einigen Jahren immer wieder diskutiert wird, bleibt die größte Herausforderung die tatsächliche Umsetzung: Wie lässt sich aus einem Modebegriff und einem Hype um schnellere und autonomere Marktforschung tatsächlich Nutzen gewinnen? Wir haben uns an Design-Thinking-Ansätzen orientiert, um die Entwicklung von KI-Anwendungsfällen effizient und zielführend zu gestalten.

Wie man ein KI-Modell erlebbar macht 

Wenn heute von "KI" gesprochen wird, sind im Kern "nur" statistische Modelle gemeint, die mithilfe von Algorithmen trainiert werden. Diese Modelle können dann für Schlussfolgerungen und Vorhersagen genutzt werden. Was zunächst banal und ernüchternd klingt, soll aber unterstreichen, dass "KI" für sich erstmal ein stumpfes Schwert ist: So ein Modell garantiert noch keinen Mehrwert in Form von höherer Effizienz oder besserem ROI. Das KI-Modell muss erlebbar und Ergebnisse von Anwendern genutzt werden. Diesen Zweck können beispielsweise Dashboards, Ampel-Grafiken oder automatische Vorschläge für Nutzer an den richtigen Stellen erfüllen. Wir sprechen bei solchen Entwicklungen von Datenprodukten. Der Begriff umfasst dabei das gesamte Paket von Daten über das KI-Modell bis zur erlebbaren Darstellung der Ergebnisse, geht also über die Betrachtung des reinen "KI-Modells" hinaus. Wir nutzen den Begriff "Datenprodukt" auch, um damit mehrere Dinge hervorzuheben: 

  1. Die Daten alleine sind noch nicht das Produkt, sondern erst das, was aus ihnen gemacht wird – und wie die Daten am Ende für einen Nutzer sichtbar und erlebbar werden. 
  2. Das Datenprodukt ist auch mehr als das statistische oder das KI-Modell. 
  3. Wie bei einem physischen Produkt sind bei der Entwicklung viele unterschiedliche Rahmenbedingungen zu berücksichtigen. 

Der dreifache Diamant: Das Data-Thinking-Programm 

Um die Entwicklung von solchen Datenprodukten zu strukturieren, haben wir das Data-Thinking-Programm abgeleitet. Es lässt sich am "Triple Diamond" skizzieren: 

 

Der dreifache Diamant: Das Data-Thinking-Programm (Quelle: SKOPOS ELEMENTS)
Der dreifache Diamant: Das Data-Thinking-Programm (Quelle: SKOPOS ELEMENTS)

Im Rezept für ein erfolgreiches Datenprodukt fehlt neben Daten, Modellen und Nutzerschnittstelle noch eine Zutat: die richtige Fragestellung. Die Bedeutung dieser Zutat darf nicht unterschätzt werden. Denn Daten enthalten Antworten auf zahlreiche Fragen – und im Gegensatz zu Jeopardy gibt es dabei nicht immer die eine richtige Frage. Wer ohne Frage und damit ohne Ziel losläuft, wird sich im Datendschungel verlaufen. Erst mit der richtigen Fragestellung wird klar, mit welchem Ziel Daten analysiert, Modelle trainiert und Nutzer versorgt werden sollen. 

Ist in einem ersten Schritt unseres Data-Thinking-Ansatzes aus einer vagen Vorstellung eine konkrete Fragestellung geworden, können Ziele für das Datenprodukt formuliert werden: Welche Aussagen sollen möglich werden? Welche Prozesse sollen automatisiert werden? Wer soll am Ende mit der Lösung arbeiten? 

Diese Ziele werden bei der Entwicklung möglicher Lösungen in der zweiten Phase berücksichtigt. Die Lösungen beziehen sich dabei sowohl auf technische Aspekte, als auch auf inhaltliche: Welche Tools sollen genutzt werden? Welche Data-Science-Methoden kommen zum Einsatz? Wie soll das Dashboard mit den Ergebnissen am Ende aussehen? Um diese Fragen zu beantworten, braucht es die Perspektive unterschiedlichster Beteiligter: Nutzer, fachliche Verantwortliche, Data Scientists und Budgetverantwortliche. Sie entwickeln gemeinsam kreative Lösungen, die den unterschiedlichen Anforderungen gerecht werden. Gleichzeitig kann durch die Beteiligung von Data Scientists die Machbarkeit der Lösungen berücksichtigt und so ein effektives Vorgehen gewährleistet werden. 

Bevor die Entwicklung des Datenprodukts beginnt, werden diese Lösungsideen verdichtet, priorisiert und zu einer Entwicklungs-Roadmap ausgearbeitet. Häufig steht im ersten Schritt die Entwicklung eines Proof of Concepts oder Prototypens an: Hiermit kann die grundsätzliche Machbarkeit noch mal in der Praxis erprobt werden, bevor es in die eigentliche Entwicklung geht. Auch dabei ist ein regelmäßiger Austausch zwischen allen Beteiligten wichtig, da sich Ziele und Anforderungen im Laufe der Zeit verändern können. 

Beispiel gefällig? So entwickelt man ein Churn-Modell 

Beispielhaft sei hier die Entwicklung eines Churn-Modells in der Mobilfunkbranche genannt, also die Vorhersage von Abwanderungswahrscheinlichkeiten. Die Frage, die ganz zu Anfang im Raum stand, war: "Wie können wir unsere umfangreichen CX-Befragungen, CRM- und Transaktionsdaten nutzen, um Kunden an uns zu binden?" In der ersten Phase haben wir diese Fragestellung präzisiert und die Ansprache von Kunden, die mit hoher Wahrscheinlichkeit zum Wettbewerber gehen werden, als effektives Mittel identifiziert. Hierbei zeigte sich auch: Es geht nicht allein um das richtige Modell, um die Wahrscheinlichkeiten vorherzusagen, sondern auch darum, den Vertriebsmitarbeitern zu signalisieren, welche Kunden sie ansprechen sollen. Diesen Aspekt haben wir im Projekt konsequent mitgedacht und haben ihn daher in die Liste der Ziele für die Umsetzung mit einfließen lassen. 

Für die Entwicklung der Lösung haben wir zunächst sämtliche Daten, die im Unternehmen zur Verfügung stehen, gesichtet und eingeordnet: Welche Daten könnten potentiell relevant sein? Welche Daten fehlen uns möglicherweise noch? Zusammen mit der Frage nach möglichen statistischen Modellen und technischen Fragen nach der Umsetzung, haben wir so gemeinsam eine Lösung konzipiert. Für die Umsetzung des Datenprodukts haben wir eine Roadmap skizziert, wie wir innerhalb von wenigen Wochen erste Prototypen realisieren können. Solche Prototypen umfassen dabei sowohl das KI-Modell, als auch das "User Interface", also, wie Kunden mit einer hohen Wahrscheinlichkeit der Abwanderung, im CRM markiert werden können. 

Da wir im Projekt konsequent den gesamten Anwendungsfall berücksichtigt haben, konnte am Ende eine Lösung implementiert werden, die den Anforderungen von Nutzern und Analysten gleichermaßen gerecht wurde. 

Dieses Vorgehen bei der Entwicklung von Datenprodukten lässt sich flexibel auf die verschiedensten Anwendungsfälle übertragen: Von automatisierten Textanalysen, über Modelle zur Vorhersage von Verkaufszahle, bis hin zu vorausschauender Wartung von IT-Equipment (predictive maintenance). Es unterscheiden sich lediglich die Beteiligten und die konkrete Zielsetzung. Die Stärke eines solchen Vorgehens liegt in der Berücksichtigung der unterschiedlichen Perspektiven von verschiedenen Projektbeteiligten und einer frühen Einschätzung von Machbarkeiten. Dabei kommen unterschiedliche Formate zum Einsatz: Workshops, Prototypen-Entwicklung, agile Methoden - so wie es im Projekt passt. 

Vom Design Sprint zum Data Sprint 

Ein noch strukturierteres Vorgehen bieten Data Sprints: Angelehnt an die Methode des Design Sprints werden die verschiedenen Phasen an insgesamt vier Workshop-Tagen (idealerweise vor Ort, alternativ mit anderem Zeitplan, live oder remote) durchlaufen. So lassen sich innerhalb kürzester Zeit erste Prototypen entwickeln, die zeigen, in welche Richtung sich ein Datenprodukt entwickeln kann.

Mit diesem Vorgehen sind vage Ideen oder Hoffnungen dazu, wie KI die Marktforschung verändert, keine Luftschlösser mehr, sondern werden zu konkreten Anwendungsfällen, die auch wirklich umgesetzt werden können. Damit mag dem Begriff "KI" ein wenig die mystische Magie genommen werden - es schärft aber den klaren Blick darauf, wie Daten für fundierte und bessere Entscheidungen genutzt werden können. Seien es Fragen zu Ihren Kunden, oder manuelle Prozesse innerhalb der Marktforschung. 

Über den Autor 

Christopher Harms ist seit 2020 Mitgründer und Geschäftsführer der SKOPOS ELEMENTS. Dort berät und unterstützt er Kunden in allen Fragen rund um Data Science. Zuvor hat er drei Jahre im Bereich Research & Development der SKOPOS GROUP gearbeitet. Sein Fokus lag dabei auf der Anwendung neuer statistischer Methoden in der Marktforschung. Er studierte und forschte an Universitäten in Bonn und Eindhoven. 

/cb

 

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