Das Interview zum Webinar: Walter Freese, Interrogare "Methodisch saubere Segmentierungen helfen, die Effizienz im Marketing zu erhöhen"

marktforschung.de: Herr Freese, ich habe mir in der Vorbereitung für dieses Interview Beispiele im Netz für Personas angeschaut, das Thema ist spannend, aber ich begreife es noch nicht umfassend. Personas sind Profile, die man konkret anlegt, um ein genaues Bild von seiner Zielgruppe zu haben und dann sein Marketing auch zielführend angehen zu können. Habe ich das richtig zusammengefasst?
Walter Freese: Im Prinzip ist das richtig. Es geht darum, dass wir Menschen in Kundengruppen, Cluster, Profile, Segmente oder Personas – die Bezeichnungen sind vielfältig – einteilen, die in sich möglichst ähnlich, also homogen und gegenüber anderen möglichst unterschiedlich, also heterogen sind. In der Regel dienen diese Definitionen dann dazu, das Marketing, die Produktentwicklung oder den Vertrieb spezifisch auszurichten und die Zielgruppen optimal zu erreichen. Wir unterscheiden ganz gerne zwischen Persona-Beschreibung und Segmentierung. Personas werden in der Regel qualitativ entwickelt und liefern eine zielgruppengerechte Aufbereitung der relevanten Informationen in Form einer klaren Personenbeschreibung. Um dabei aber nicht Gefahr zu laufen, dass diese Personas zu wenig handlungsrelevante Aspekte enthalten, zu stark auf "Storytelling" fokussieren oder auch dass Lösungen aus dem Bauch heraus ausgewählt werden, da sie intuitiv richtig und plausibel erscheinen, empfehlen wir die Entwicklung von Personas auf Basis quantitativer Segmentierungen. Diese wiederum müssen den Qualitätskriterien entsprechen: Die resultierenden Segmente müssen verhaltensrelevant, zeitlich stabil, trennscharf, ökonomisch und adressierbar sein.
marktforschung.de: In der Ankündigung zum Webinar schreiben Sie, dass Sie den Teilnehmern auch zeigen möchten, wie die Arbeit mit Personas und Segmentierungen optimiert werden kann. Sehen Sie in der täglichen Arbeit Fehler, die immer wieder gemacht werden? Wenn ja, nennen Sie doch bitte Beispiele.
Walter Freese: Aus unserer Erfahrung haben wir es in der Regel mit zwei Problembereichen zu tun. Zum einen wird kein realistisches Erwartungsmanagement betrieben und die Ziele der Segmentierung werden nicht klar definiert. Daher plädieren wir dafür, vor jedem Segmentierungsprojekt alle relevanten Stakeholder zu involvieren und den Scope des Projektes und dessen Ziele zu erläutern. Also generell versus spezifisch, global versus lokal, psychografisch versus behavioral und schließlich noch adhoc versus longterm. Zum anderen scheitern diese Projekte oft an fehlender Verbindlichkeit und operativer Unterstützung. Damit meine ich, dass es nicht ausreicht, das Arbeiten mit Segmenten Top-Down anzuordnen, sondern dass alle involvierten Stakeholder im Umgang mit und der operativen Umsetzung von den Resultaten der Segmentierung geschult und unterstützt werden sollten. Die personellen und finanziellen Investitionen in ein solches Projekt sind in der Regel nicht unerheblich und das frühe Involvieren aller Beteiligten führt zu einer höheren Akzeptanz und damit größeren Erfolgsaussichten.
marktforschung.de: Verstehe ich es richtig, dass ein Mehraufwand bei der Zielgruppendefinition und der Auswahl nicht nur das Ergebnis verbessert, sondern auch Kosten im Marketing einsparen hilft?
Walter Freese: Das ist im Kern der Zweck von Segmentierungen. Um sogenannte Streuverluste im Marketing zu vermeiden, die durch die Ansprache der falschen Zielgruppen, über die falschen Kanäle und mit den falschen Inhalten entstehen, können methodisch saubere Segmentierung helfen, die Effizienz im Marketing zu erhöhen.
marktforschung.de: Zeigen Sie im Webinar auch Beispiele für Personas?
Walter Freese: Da Personas oder Segmente immer kundenspezifisch sind, können wir keine Praxisbeispiele für unsere Arbeit zeigen. Aber wir haben einige Beispiele aus Eigenstudien, die sehr plastisch demonstrieren, wie wir in diesem spannenden Forschungsbereich arbeiten.
marktforschung.de: Was würden Sie sich für die nächsten Jahre wünschen, um die Typologie von Kunden und so auch die Segmentierung weiter optimieren zu können? Eine noch bessere und genauere Erfassung von Kundendaten? Etwa direkt auch am POS?
Walter Freese: Konkrete operative Daten können durchaus helfen, einen holistischen Blick auf die Kunden zu erhalten und eine noch stärker differenzierende Segmentierungen zu erstellen. Wenn es aber ums Wünschen geht, komme ich auf meinen früheren Punkt zurück: Segmentierungen sind dann besonders erfolgreich, wenn sie verbindlich, im Unternehmen akzeptiert und praxisrelevant für möglichst viele Unternehmensbereiche sind. Daran müssen wir gemeinsam arbeiten.
marktforschung.de: Vielen Dank für das Gespräch, Herr Freese. Wir freuen uns auf den 13.11., 11 Uhr.
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Das Interview führte Tilman Strobel
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