Nachbericht: Data Science Summit „Mehr Daten bedeuten nicht mehr Wissen und mehr Macht“

Dr. Carla Krolage, Head of Business Relations beim ifo-Institut, während ihres Vortrags. (Bild: infas 360)
Und weil der Veranstaltungstag gleichzeitig „Girls Day“ war, wurde auch die Frage prominent diskutiert, wie junge Frauen für „Data Science“ verstärkt gewonnen werden können. Organisiert wurde die Veranstaltung von infas360, Veranstalter waren die German Data Science Society und die Women in Data Science. Hier Auszüge aus ausgewählten Vorträgen:
Data Science und KI im Kundenmanagement
Das Event fand in den Veranstaltungsräumen der Deutschen Telekom statt. Passenderweise machte Christin Zörner, Senior Vice President Customer Experience & Data Analytics beim Telekommunikationsriesen, den Auftakt mit einem Rundumblick, wie das Unternehmen selbst Daten für ein besseres Kundenerlebnis nutzt. Unter anderem ging Zörner darauf ein, wie Predictive Analytics dabei hilft, mögliche Ausfälle von Kabelverteilern vorherzusagen, wie Data Science und KI beim Ausrollen von Glasfaseranschlüssen unterstütze und ChatGPT für Self Services eingesetzt wird.
Ihr Kollege Dr. Jan Hofmann, Vice President Top Program Lead AI, zeigte den Teilnehmenden im weiteren Verlauf des Programms unter anderem, wie die Telekom mit dem neuen Programm MPathic individuelles Kundenmanagement betreibt – etwa, indem Kunden passgenauer Content in Form von Bannern oder SMS ausgespielt wird. Auch führte er vor, wie Bots in der Telekom-Hotline für den Wegfall von Wartezeiten sorgen, indem sie zu gängigen Probleme selbstständig beraten und erst dann an menschliche Mitarbeitende weiterleiten, wenn sie mit ihrem Latein am Ende sind.
Die Auswirkungen auf Wirtschaft und Arbeit
Der „Netzökonom“ Dr. Holger Schmidt beschäftigte sich mit den Auswirkungen von Künstlicher Intelligenz auf Wirtschaft und Arbeit. Er verwies auf Analysen von Goldman Sachs, nach denen die drei am meisten von KI betroffenen Berufsgruppen Office/Administratives, Recht sowie Architektur / Engineering seien. KI müsse allerdings nicht notwendigerweise zur Ablösung des Menschen führen: Die Technologie werde die Produktivität leistungsstarker Menschen steigern – Rechtsanwälte, die viel mit Texten arbeiteten, würden beispielsweise stark entlastet. Drohende Massenarbeitslosigkeit sieht Schmidt nicht - eine Verstärkung von Lohnungleichheit könne gleichwohl eine Folge sein. KI verändere zudem die Anforderungen an Mitarbeitende. Hinsichtlich ChatGPT beispielsweise gelte: „Das Fragen will gelernt sein“. In den USA sei es bereits üblich, dass Unternehmen in Stellenausschreibungen nach „Prompt Engineers“ suchen.
Frauen für Data Science begeistern
Wie begeistert man junge Frauen für IT und Data Science? Dazu gehöre nicht nur Wissenstransfer, sondern auch Inspiration des Nachwuchses, findet Özlem Doger-Herter von Women in Data Science NRW. Die internationale, 2015 an der Stanford Universität gegründete Bewegung, kümmert sich in Form von Konferenzen, Podcast-Serien und anderen Formaten genau darum. Prof. Dr. Göran Kauermann wiederum, Vorstand der Data Science Society, machte sich für den interdisziplinären Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis stark, den seine Vereinigung fördere, und hob die wichtige Rolle von Hochschulen beim „Knacken harter Forschungsfragen und als Ausbildungsstätte für Data Scientists“ hervor.
Kennzeichnungspflicht für KI-generierte Bilder?
Jörg Bienert, Vorsitzender des Bundesverbandes Künstliche Intelligenz, sprach über Chancen und Risiken des Einsatzes von KI. Am Beispiel von GPT4 von OpenAI machte er die hohe Geschwindigkeit der technologischen Weiterentwicklung und möglicher Use Cases deutlich und ging zudem auf rechtliche und ethische Aspekte ein. Fragwürdig bei vielen Bildgeneratoren sei etwa, dass diese mit Werken echter Künstler trainiert werden und es hier Probleme hinsichtlich des Copyrights gibt. Auch sollten im Sinne von Transparenz in den Medien kursierende Bilder wie dasjenige des Papstes im Daunenmantel verpflichtend gekennzeichnet werden. Bienerts Wunsch: Deutschland und Europa sollten in Sachen KI eine digitale Autonomie anstreben, ohne sich dabei durch Überregulierung selbst zu schaden.
Algorithmen verbreiten Vorurteile

Katharina Schüller, Gründerin der STAT-UP Statistical Consulting & Data Science GmbH. (Bild: infas 360)
Dass es beim Umgang mit Daten in besonderem Maße auf ihre richtige Deutung ankomme, machte Katharina Schüller deutlich. „Mehr Daten bedeuten nicht mehr Wissen und mehr Macht“, so die Gründerin der STAT-UP Statistical Consulting & Data Science GmbH und Vorstandsmitglied der Deutschen Statistischen Gesellschaft. Daten seien auch nur ein Rohstoff, bei dem es darum gehe, Wertschöpfung – hier im Sinne besserer Entscheidungen – zu generieren. Anhand einiger Beispiele von Biases in Algorithmen machte sie deutlich, dass hier noch einiges zu tun ist: „Algorithmen verbreiten Vorurteile.“ Schüller sprach sich für die Entwicklung ethischer und rechtlicher Standards aus und warb dafür, sich in Schulen und in der Erwachsenenbildung noch mehr um die Vermittlung von „Data-Literacy“ zu bemühen.
Data Science und Wirtschaftspolitik
Vor falschen Entscheidungen auf der Basis von Scheinkorrelationen warnte auch Dr. Carla Krolage, Head of Business Relations beim ifo-Institut. Sie sprach darüber, wie sich Data Science einsetzen lässt, um aktuelle wirtschaftspolitische Themen zu analysieren. Anhand einer Karte Münchens machte sie deutlich, wie sich in den von der Corona-Pandemie geprägten Jahren der Konsum im stationären Handel durch vermehrtes Arbeiten aus dem Homeoffice weg aus der Innenstadt und der Umgebung von BMW-Arbeitsstätten in die Wohnviertel verlagerte. Dieser Trend sei stabil, es gelte: „Innenstädte leiden nicht wegen Corona, sondern wegen veränderter Arbeitsmodelle. Stadtentwickler müssen sich Gedanken machen, wie sie die betroffenen Gebiete wieder attraktiv machen.“
Anderes Beispiel: Der Frauenanteil an Neugründungen stagniert seit Beginn der Corona-Pandemie auf unter 20 Prozent. Das ifo-Institut konnte nachweisen, dass die nicht etwa die höhere Betroffenheit weiblich dominierter Berufe von Lockdown-Maßnahmen eine Rolle spielte, sondern die Tatsache ausschlaggebend war, dass die Kinderbetreuung oft weggebrochen sei und Frauen deutlich häufiger einsprangen als Männer.
Diskussionen um Vertrauen, Datenschutz und Nachhaltigkeit
Im Tagesverlauf gab es verschiedene „Fish Bowls“ mit den Rednerinnen und Rednern. Themen und Thesen unter anderem:
- Sollten Menschen den Vorhersagen einer KI vertrauen und darauf etwa politische Entscheidungen aufbauen? Dies würde nicht zu unserem Demokratieverständnis passen.
- KI verbraucht viel Energie in Rechenzentren und hat insofern in Summe einen hohen CO2-Fußabdruck. In diesem Sinne sollte man sparsam mit Anfragen umgehen – Algorithmen lieferten auch nicht immer die besseren Antworten.
- Für einen besseren Datenschutz könnte es High Risk-Anwendungen geben, die zertifiziert werden müssen.
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