Sonderauswertung: Die große Gehaltsstudie 2017 Marktforscher leisten häufig unbezahlte Überstunden
Von Matthias Richter, marktforschung.de
Im Rahmen unserer Gehaltsumfrage haben wir festangestellte Marktforscher gefragt, wie lange sie laut Arbeitsvertrag arbeiten – und wie die Realität aussieht. Wenig überraschend ist, dass die tatsächlichen Wochenstunden meist höher liegen, als die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit. Dies ist bei drei Viertel der Befragten der Fall.
Etwa eine Überstunde pro Tag
Etwa drei Viertel (73 Prozent) der Marktforscher in Vollzeit haben den Studienergebnissen zufolge Arbeitsverträge über 40 Wochenstunden. Insgesamt 94 Prozent der Vollzeitbeschäftigten haben einen Vertrag, der zwischen 38 und 40 Stunden Wochenstunden vorsieht. Weiterhin arbeiten 12 Prozent der Befragten in Teilzeit, meist mit 70 bis 80 Prozent einer vollen Stelle.
In unserer Gehaltsumfrage haben wir um eine Einschätzung der tatsächlich geleisteten Wochenstunden im Schnitt gebeten, um mögliche Überstunden zu ermitteln. Wertmäßig ergeben sich bei denjenigen, die Überstunden leisten, im Vergleich der Mediane von vertraglich vereinbarter Arbeitszeit und tatsächlicher Arbeitszeit – auch unter Berücksichtigung von Teilzeitkräften – 13 Prozent Überstunden (Durchschnitt: 15 Prozent). Bei einer 40-Stunden-Woche entspräche dies also mehr als fünf Stunden wöchentlich, im Schnitt somit etwa einer Überstunde pro Arbeitstag (5-Tage-Woche).
Überstundenausgleich wird nicht konsequent gewährt
Immerhin die Hälfte der Befragten gibt an, dass es in ihrem Unternehmen eine Kompensation für Überstunden gibt, meist in Form eines Zeitausgleichs. Die andere Hälfte sagt, dass in ihrem Unternehmen kein Ausgleich stattfindet (s. Abbildung 1).

Fakt ist, dass Überstunden in der Marktforschung vor allem wegen der besonderen Umstände der Projektarbeit meist unverzichtbar sind. Der Arbeitgeber kann sie anordnen, wenn Not am Mann ist oder ein vorübergehender Mehrbedarf abgedeckt werden muss – sofern das Arbeitszeitgesetz (maximal zehn Stunden pro Tag) eingehalten wird. In der Regel müssen Arbeitgeber dafür allerdings einen finanziellen Ausgleich oder einen Freizeitausgleich gewähren.
Manche Unternehmen gestalten die Arbeitsverträge so aus, dass eine Zusatzvergütung erst erfolgt, wenn eine gewisse Überstundenanzahl überschritten ist. Solche Regelungen sind für Besserverdiener rechtlich konform; von ihnen können Arbeitgeber eine gewisse Zusatzleistung auch ohne Ausgleich einfordern. Wichtig ist aber, dass der zeitliche Umfang festgelegt wird und hier gibt es ebenfalls Grenzen nach oben. Pauschale Klauseln wie “Mehrarbeit ist grundsätzlich mit dem Gehalt abgegolten“ sind zu unbestimmt. Da sie den zeitlichen Umfang verschleiern, sind sie zu intransparent und üblicherweise unzulässig.
Ausgleich: Überstunden dokumentieren und ansprechen
Sofern ein Mitarbeiter viele Überstunden leistet, sollte er allerdings selbst dafür sorgen, diese auch geltend zu machen. Dabei empfiehlt es sich, den Arbeitgeber so früh wie möglich anzusprechen. Ein monatelanges “Bunkern“ von Überstunden und plötzliches Einfordern von Zusatzurlaub hat selten Aussicht auf Erfolg.
Falls es im Unternehmen keine elektronische Zeiterfassung gibt, sollten Mitarbeiter die getätigten Überstunden konsequent dokumentieren, ebenso die Umstände, unter denen sie angeordnet oder geduldet wurden. Außerdem sollten sie sich diese möglichst regelmäßig von ihrem Chef unterzeichnen lassen. Sofern es zum Rechtsstreit kommt, sind Zeugen vorteilhaft. Macht der Arbeitgeber keine Eingeständnisse in Bezug auf geleistete Überstunden, so kann der Mitarbeiter auch eine arbeitsgerichtliche Einklagung erwägen.
Häufig besteht hinsichtlich eines derartig drastischen Schrittes wahrscheinlich die Angst vor Kündigung. Da Mitarbeiter jedoch lediglich die ihnen zustehenden Rechte einfordern, könnten sie in diesem Fall eine Kündigungsschutzklage erheben. Da eine gerichtliche Auseinandersetzung das Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer möglicherweise enorm belastet, sollte diese wohl eher als Ultima Ratio dienen. Es ist immer der bessere Weg, auf die eigenen Rechte und die Pflichten des Arbeitgebers hinzuweisen, auf dessen Kooperationsbereitschaft zu zählen und zu einer für beide Seiten zufriedenstellenden Einigung zu kommen.
Zur Studie:
marktforschung.de hat in Kooperation mit dem Softwarepartner Questback Beschäftigte in der Marktforschung zu deren individueller Einkommenssituation und branchenbezogenen Soft Facts befragt. Der Zeitraum der vierwöchigen Erhebung war vom 13.03. bis 10.04.2017. Die Auswertung zu den variablen Gehältern und Sonderleistungen basiert auf Daten von 672 festangestellten Befragten aus der Befragungswelle 2017.
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