Market Intelligence im Innovationsprozess und im Produktmanagement

Umfangreiches Marktwissen ist heute eine unabdingbare Vorrausetzung für den Erfolg eines Unternehmens. In Zeiten sich zunehmend schneller verändernder Märkte verkürzen sich Innovations- und Lebenszyklen von Produkten. In vielen Unternehmen wird zunehmend der Einsatz von Market Intelligence im Rahmen der Produktentwicklung diskutiert. Dennoch setzen nach einer Untersuchung der Hochschule Karlsruhe in Zusammenarbeit mit dem SVP MI-Stammtisch nur gut die Hälfte der befragten Unternehmen Market Intelligence bei ihrer Produktentwicklung ein.

Market und Competitive Intelligence in der Zukunft, 2017; SVP Deutschland AG © Soraya Swoboboda
Market und Competitive Intelligence in der Zukunft, 2017; SVP Deutschland AG © Soraya Swoboda

 

Sicherlich wurden und werden Produktneuerungen nicht planlos entwickelt. In vielen Fällen wird aber weiterhin nach individueller Einschätzung oder auf Zuruf eines wichtigen Kunden gehandelt. Dies ist vertretbar, solange sich der Entwicklungsaufwand in Grenzen hält. Werden aber hohe Investitionen erwartet, so muss der Markt untersucht und strukturiert entlang des Innovations- und Produktlebenszyklus beobachtet werden. Etwa 40 Prozent der Unternehmen sehen daher auch, dass MI entlang dieses Prozesses in der Zukunft wichtiger werden wird.

Market und Competitive Intelligence in der Zukunft, 2017; SVP Deutschland AG © Soraya Swoboboda
Market und Competitive Intelligence in der Zukunft, 2017; SVP Deutschland AG © Soraya Swoboda

 

Market Intelligence entlang des Innovationsprozesses

Eine gängige Methode des Innovationsmanagements ist der Stage-Gate-Prozess. Nach Abschluss der Ideengenerierung steht nach bestimmten Phasen eine Entscheidung an, ob die Entwicklung weiter vorangetrieben werden soll oder nicht. Ein verallgemeinerter Ablauf des Prozesses findet sich in nachstehender Grafik. Hier sind auch die grundsätzlichen Fragestellungen für die einzelnen Phasen aufgeführt. Es ist offensichtlich, dass neben internen Wissens auch Market Intelligence benötigt wird, um sichere Entscheidungen treffen zu können.

©SVP Deutschland AG
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Reicht bei der Ideengenerierung noch ein Bauchgefühl aus, so sollten Marktpotential und Kundenanforderungen in der Produkt-Markt-Findung zumindest nachvollziehbar erfasst sein. Ebenso ist zu klären, ob es ähnliche Produkte im Markt gibt, wie attraktiv die Position des Wettbewerbs ist und ob Patente existieren (Competitor und Product Intelligence). Für eine erste Einschätzung eignet sich das Canvas-Business-Modell nach Osterwalder.

Schafft es die Idee über die Phase der Produkt-Markt-Findung hinaus, ist der Weg frei für die Produktentwicklung. Aber gerade bei längeren Produktentwicklungen kommt es zu Veränderungen im Markt. Daher ist es wichtig, Zielgruppen, Wettbewerber sowie rechtliche Rahmenbedingungen und neue Technologien im Blick zu behalten. Market Intelligence unterstützt hier zum Beispiel mit kontinuierlichen Potential-, Wettbewerbs-, Patent- oder Trendanalysen.

Wenn nicht bereits parallel erarbeitet, so sollte allerspätestens vor der Markteinführung ein vollumfängliches Marktbild zum Beispiel nach Porter 5-Forces stehen. Höchste Zeit ist es nun auch, die Go-To-Market-Strategie abschließend zu klären. Wie und über welche Kanäle erfolgt die Ansprache der Zielgruppe? Über welche Vertriebskanäle kauft der Kunde bevorzugt ein? Meist reichen hier wenige und kurze Interviews mit potentiellen Kunden aus, um dies in Erfahrung zu bringen.

Und schließlich: Vor der Markteinführung lohnt sich ein intensiver Blick auf den Wettbewerb mit "War Gaming". Die möglichen Gegenreaktionen der Konkurrenz auf die Markteinführung und die darauf passenden Handlungsoptionen werden durchgespielt. Diese können in einem "Drehbuch" so hinterlegt werden, dass im Eintrittsfall sofort reagiert werden kann.

Die Nachbetrachtung leitet nun in die Einführungsphase des klassischen Produkt-Lebenszyklus über.

Market Intelligence entlang des Produktlebenszyklus

©SVP Deutschland AG
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In der Einführungsphase gilt das Augenmerk der Reaktion des Markts. Nehmen meine Kunden das Produkt an und sind sie zufrieden? Hier ist es ausreichend, interne Quellen wie Vertrieb und Kundenservice zu befragen. Handelt es sich aber um reine Preisanpassungen oder einfache Verbesserungsinnovationen, sind schon jetzt mit Hilfe von MI die – vermutlich schnellen – Reaktionen des Wettbewerbs zu betrachten.

Diese werden spätestens in der Wachstumsphase interessant. Hier stellt sich die Frage, ob sich der Umsatz mit dem Produkt im vorgenommenen Rahmen entwickelt. Wenn nein, warum nicht? Gelangen vergleichbare Produkte auf den Markt? Sind diese besser als das eigene?

In der Reifephase sind nur noch leicht wachsende Umsätze zu erwarten. Es geht nun darum, die Planung für die Sättigungsphase vorzubereiten. Wie ist die Wertigkeit des Produkts für das eigene Unternehmen? Dies lässt sich beispielsweise mit der BCG-Matrix einschätzen. Handelt es sich um ein besonders lohnendes Produkt (Cash Cow)? Wie groß sind meine Marktanteile? Warum verliere oder ich Geschäft (Win-Loss-Analyse)?

Möglicherweise ist es sinnvoll, nun aus dem Markt auszusteigen und neue Produkte zu lancieren. Ansonsten stellt sich die Frage, wie sich trotz Marktsättigung noch Wachstum erzielen lässt. Hier ist es von Vorteil, bereits einen sehr guten Überblick über die Produktlandschaft zu haben und seine eigenen Stärken und Schwächen zu kennen (Produktmatrix und SWOT-Analyse). Interne Quellen wie Vertrieb oder Kundenservice helfen dabei. In der Regel müssen aber auch die Kunden befragt werden. Bewährt hat sich hier das Kano-Modell der Kundenzufriedenheit.

Es gilt nun außerdem, die Fühler in Richtung neuer Anwendungsmärkte auszustrecken. Hier bietet sich von MI-Seite ein systematisches Vorgehen an. Es werden zunächst Branchen ausgesucht, die ein grundsätzliches Interesse an dem Produkt haben könnten. Diese werden auf Basis von Interviews auf ihr Potential hin abgeschätzt. Dann werden die genauen Anforderungen der Kunden sowie die Markt- und Wettbewerbssituation mit einbezogen.

Irgendwann ist ein Produkt nicht mehr marktkonform. Durch kleine Verbesserungsinnovationen oder den Gewinn von Marktanteilen durch eine angepasste Preispolitik lässt sich die Verfallsphase verzögern. Bei der Frage, welchen Preis der Kunde bereit ist, für eine Verbesserung zu zahlen, hilft eine Conjoint-Analyse. Irgendwann aber beginnt der Innovationsprozess von neuem.

Dauerhaftes Monitoring

Viele der oben genannten Aspekte können einmalig in einer bestimmten Situation (ad-hoc) durchgeführt werden. Allerdings ist es besser, bestimmte Marktparameter dauerhaft im Blick zu behalten. Die Überwachung (Monitoring) aller Marktveränderungen ist aber für mittelständische Unternehmen nicht immer zu leisten. Deshalb werden Dauerbeobachtungen auf die wichtigsten Schlüsselaspekte reduziert. Diese sind individuell festzulegen.

Häufig sind die Schlüsselaspekte auch hypothesenbasiert, wie: „Wir erwarten nicht mehr als zwei neue Konkurrenzprodukte im laufenden Jahr.“ Sollten dann mehr neue Produkte auf den Markt kommen, so muss geprüft werden, woher die nicht erwartete Zunahme kommt und welche Auswirkungen sie für das eigene Handeln hat.

Die nachstehende Übersicht vermittelt einen Eindruck davon, was MI entlang des Produktlebenszyklus alles einbringen kann:

©SVP Deutschland AG
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Über ein kontinuierliches Monitoring, aber auch über Einzelauswertungen kann mittelfristig ein tiefes Marktwissen aufgebaut werden, das entscheidende Wettbewerbsvorteile mit sich bringt. Dazu ist es wichtig, das gewonnene Wissen allen Beteiligten im Unternehmen zentral zur Verfügung zu stellen und permanent mit neuem Wissen zu ergänzen. SVP stellt seinen Klienten eine eigene MI-Plattform zur Verfügung, auf deren Basis sich Market Intelligence einfach darstellen und nutzen lässt. Ebenso werden individuelle Workshops durchgeführt, in denen relevante produktbezogene Fragestellungen erarbeitet und Möglichkeiten der Unterstützung durch MI verdeutlicht werden.

Autor

Matthias Knapp

Ansprechpartner

Georg W. Konradi, Director Key Account Management bei der SVP Deutschland AG

 

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