Interview zum Webinar Best of Brand Research Tag 1, Teil 2 "Die Marken sind wie so viele Bereiche der Gesellschaft in einem starken Veränderungsdruck."

Über welche Marke würden Sie gerne einmal forschen und warum?
Stefan Schönherr: Spannend sind immer Marken, die sich gerade in einem Wandel befinden oder im Fokus der Aufmerksamkeit liegen, weil sie beispielsweise ein gesellschaftliches Thema berühren. Vor diesem Hintergrund fände ich es interessant, das Image der Deutschen Bahn zu untersuchen. Die DB ist zum einen die Hoffnung für einen deutlich emissionsärmeren Verkehr, gleichzeitig gibt es viele Herausforderungen im Daily Business und neben der klassischen Markenkommunikation Millionen Kunden, die das „Produkt Bahn“ quasi täglich intensiv nutzen und Ihre Erfahrungen öffentlichkeitswirksam teilen.
Natalia Ponomareva: Ich finde KoRo sehr spannend. Der Online-Lebensmittelshop spricht aktuelle Verbrauchertrends an, z. B. das Thema Nachhaltigkeit mit weniger Verpackungen, da viele Produkte als Großpackungen angeboten werden oder eine Vielfalt an Produkten, die die vegane Ernährung bereichern oder vereinfachen. Mir gefällt auch das soziale Engagement der Marke, z. B. fand nach Coronapause wieder deren Frauenlauf in Berlin statt, um die Wahrnehmung für an Krebs erkrankte Frauen zu erhöhen und Spenden zu sammeln.
Sebastian Schmidt: Da ich pandemiebedingt mehr Zeit in deutschen Wäldern und auf Bergen verbracht habe/verbringen musste, würden mich Outdoor-Marken persönlich reizen. Teils hohe Preisbereitschaft, glaubwürdiges Vermitteln von Nachhaltigkeit, Motive wie Eskapismus, Action-Orientierung etc. Da kann man eine Menge machen. Für Patagonia zu forschen, wäre auf vielen Ebenen spannend.
Uta Hümer: Ben & Jerrys. Einfach, weil wir Eis lieben und Süßigkeiten bei SKOPOS immer gut gehen. Darum haben wir uns für unsere BrandTrack-Eigenstudie genau diese Marke vorgenommen. Gerne stellen wir Interessierten die Ergebnisse in unserem Demo-Dashboard vor.
Julia Saswito: Persönlich finde ich zum einen neue Direct-to-consumer brands in den Bereichen Fashion und Food sehr spannend und wie sie mit anfangs oft noch kleinen Budgets, aber hoher Kreativität und Relevanz schnell wachsen. Und weil noch nicht so umfassend erforscht und auch etwas aus Eigennutz, gerne auch zu B2B Marken von Serviceanbietern wie etwa Technologiedienstleistern – welche Relevanz hat hier die Marke bei der Entscheidung und wie bringt man die aus meiner Sicht auch hier für die Entscheidung hochrelevante emotionale Komponente stärker ein?
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Welche Marke begeistert Sie selbst immer wieder?
Stefan Schönherr: Für mich ist die Coca-Cola Story immer noch einer der faszinierendsten Beweise für die Macht, welche Marken und ihre Kampagnen entwickeln können. Aus der Idee heraus im Winter mehr von dem kühlen Erfrischungsgetränk zu verkaufen, wurde die Weihnachtskampagne entwickelt. Und das Ergebnis – auch heute noch – ist der Weihnachtsmann, der überall auf der Welt in den Markenfarben von Coca-Cola unterwegs ist, und es wird mehr Cola zu Weihnachten verkauft als an den heißesten Sommertagen.
Uta Hümer: IKEA. Da entspreche ich voll und ganz dem weiblichen Klischee. Ich gehe dort einfach gerne einkaufen. Aber im Ernst: Cooles Design, bezahlbare Preise, immer am Puls der Zeit. Auch war Nachhaltigkeit bei IKEA schon frühzeitig ein Thema. Fast jeder hat ein bisschen IKEA zu Hause. Und dann sind die Mafo-Kolleg:innen bei IKEA einfach auch noch wahnsinnig nett.
Julia Saswito: Patagonia – ich finde es großartig und vorbildlich, wie die Marke und das Unternehmen beweist, dass Umweltaktivismus und unternehmerischer Erfolg sich gegenseitig befruchten können. Und auch, dass die Glaubwürdigkeit einer solchen Ausrichtung vor allem im Handeln und nicht nur in der Kommunikation liegt.
Welcher Trend wird Ihrer Meinung nach in den kommenden Jahren auch in der Markenforschung an Bedeutung zunehmen?
Stefan Schönherr: Die Marken sind wie so viele Bereiche der Gesellschaft in einem starken Veränderungsdruck. Marken müssen heutzutage damit kämpfen, dass ihre Zielgruppen immer schwieriger medial zu erreichen sind – Stichwort fragmentierte Mediennutzung und -wahrnehmung. Gleichzeitig gibt es überall neue Player und Geschäftsmodelle – ganze Branchen verändern sich gerade in Richtung digitale Services und Ökosysteme. Vor diesem Hintergrund müssen Marken wieder verstärkt erklären, was ihre Daseinsberechtigung, ihr Purpose, ihr USP ist.
Es wird also zum einen wieder verstärkt um Content gehen und den gesellschaftlichen Diskurs und wie sich Marken dort einordnen und positionieren (strategische Beratung). Zum anderen wird es darum gehen, wie die einmal entwickelten Markenbotschaften am besten zum Konsumenten gelangen (Kommunikations- und Werbeforschung).
Dabei wird auch immer stärker das umfängliche Methodenspektrum aus der Forschung einbezogen werden – die Marke der Zukunft möchte sich selbst und ihre Konsumenten auf allen Ebenen gut verstehen. Dazu gilt es neben rationalen Einstellungen und Anforderungen auch Gefühle und Wünsche sowie Aufmerksamkeitsfenster und Verarbeitungsmodi zu verstehen.
Natalia Ponomareva: Die Bedürfnisse und das Verhalten der Verbraucher:innen jederzeit zu verstehen und die Stimme der Kund:innen zentral ins Unternehmen und alle Geschäftsentscheidungen zu integrieren, wird für den Erfolg von Marken in Zukunft immer wichtiger. Die Pandemie hat gezeigt, dass sich Marken schnell auf Änderungen anpassen müssen, um von der Konkurrenz nicht abgehängt zu werden. Außerdem spielt die Stellung einer Marke zu ethischen, sozialpolitischen und Umweltthemen eine immer größere Rolle bei der Markentreue. Am Thema Nachhaltigkeit kommt heute kein Unternehmen mehr vorbei und aufgrund der Klimakrise wird dieser Faktor in Zukunft einen immer größeren Stellenwert bei der Kaufentscheidung einnehmen.
Die Kombination von verschiedenen Datenquellen wird in der Marktforschung wichtiger werden, um ein möglichst ganzheitliches Bild des Verbraucher:innen und der Markenwahrnehmung zu erhalten. Hier ist es auch wichtig, dass im Unternehmen Silos aufgebrochen werden und die Insights aus der Forschung im gesamten Unternehmen zur Verfügung stehen, um bessere datengetrieben Geschäftsentscheidungen treffen zu können.
Ute Hümer & Sebastian Schmidt: Insgesamt sehen wir, dass das Thema Marke für Unternehmen immer stärker an Bedeutung gewinnt – daher freuen wir uns grundsätzlich darüber, dass der Stellenwert der Markenforschung steigt.
Bezogen auf den von uns vorgestellten Ansatz zum quantitativen Tracking der Marken-Performance stellen wir fest, dass dies nur die Spitze des Eisbergs ist. Immer häufiger werden wir vom Brand Management gefragt, was man denn mit all den Daten macht, die isoliert schon Erkenntnisse bieten, aber im Gesamtbild noch mehr wert wären. Das sind neben Befragungsdaten aus Brand Trackings & Co. dann eben auch Abverkaufszahlen und je nach Branche erklärende Variablen zu Wetter, Inflation- oder Pandemiegeschehen, aber auch technische Messungen von digitalen Touchpoints.
All die Daten konsolidiert und strukturiert aufbereitet in Marketing-Dashboards erfahrbar zu machen, ist für uns ein starkes Wachstumsfeld. Neben der reinen Visualisierung der Daten wird für uns auch die „echte“ Analyse auf Basis dieser aggregierten Daten noch stärker in den Mittelpunkt rücken. Über all diese Datenpunkte Muster zu finden und diese sinnvoll erklären zu können, das ist eine der wesentlichen Stärken der SKOPOS GROUP. Genau hier bündeln wir unsere Kompetenzen.
Julia Saswito: Zum einen natürlich der Trend zum Einsatz von Künstlicher Intelligenz und Automatisierung, um schneller zu werden, aber auch bessere und tiefer Insights in Konsumentenbedürfnisse zu bekommen. Zum anderen sehe ich das starke Bedürfnis, auch Kreativität und deren Beitrag zum Gesamterfolg objektiv messbar zu machen – ohne aber dabei einschränkend zu wirken, sondern entlastend, indem man allzu subjektive Diskussionen vermeidet und datenbasiert handelt und im besten Fall inspirierende Erkenntnisse hat, die zu besserer und spannenderer Werbung führen.
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