Marken erlebbar machen

Von Christoph Prox, CEO bei Icon Added Value
Erlebbarkeit von Marken. Was für ein spannendes Thema!
Spannend in zweierlei Hinsicht: Zum einen stellt sich die Frage, wie man Marken überhaupt erlebbar machen kann. Zum zweiten, wie man den Erlebniswert der Marke sowie Art und Qualität des Erlebens forscherisch in den Griff bekommt.
Dieser Beitrag soll sich schwerpunktmäßig mit dem forscherischen Ansatz beschäftigen, allerdings nicht ohne auf das Markenerleben selbst einzugehen.
Marken erlebbar machen. Wie geht das?
Starke Marken lassen nicht unberührt. Zu starken Marken bauen Menschen emotionale Beziehungen auf. Starke Marken ziehen Menschen magnetisch an.
Im Wort Markenerleben steckt das Wort „Leben.“ Das mag trivial erscheinen, aber sehr monolithische, statische Marken schaffen zwar häufig Vertrauen über Beständigkeit und Berechenbarkeit, mit dem Erleben tun sie sich aber schwer.
Markenerleben erfordert Lebendigkeit. Ein Zusammenspiel aus anziehender, differenzierender Markenpersönlichkeit, relevantem Markenversprechen und klarer Signatur – also der Handschrift einer Marke, die sie auf den ersten Blick unverwechselbar macht.
Die simpelste Art und Weise, Markenerleben zu vermitteln, ist, wenn der Markenname selbst schon Botschaft ist: Nimm2, Smart, Easyjet, Merci oder in der dotcom-Welt Elitepartner oder Tripadvisor. Der Name stößt allein schon Assoziationswelten auf.
Die wenigsten Marken haben so selbsterklärende Namen, also behilft man sich mit einem Slogan. Idealerweise mit einem, der untrennbar mit dem Markennamen verbunden ist und neben einer gewissen Emotion anfassbar wird: Nicht „Leistung aus Leidenschaft“ oder „Wir lieben Urlaub.“ Eher wie Zalando: „Schrei vor Glück“; oder die FAZ: „Dahinter steckt immer ein kluger Kopf“; oder Red Bull: „Verleiht Flüüügel“.
Ein Slogan kann die Essenz einer Marke bündeln und das Markenerleben auf den Punkt bringen. Schafft er selbst Markenerleben? Wohl kaum.
Markenerleben zu schaffen, bedeutet tatsächlich, ein einheitliches Zusammenspiel aus Versprechen, Persönlichkeit und Signatur zu gestalten. Etwas, das spontane Assoziationen und Gefühle auslöst. Alle Elemente müssen ineinander greifen und sich gegenseitig verstärken. Bei BMW wird die markenspezifische Freude am Fahren im Produkt erlebbar und wird durch eine „ich lasse mich durch nichts aufhalten“-Persönlichkeit unterstrichen.
Für das Erleben ist nicht nur ein spezifisches Markenversprechen erforderlich. Erlebbarkeit entsteht erst durch klare Signale, in denen sich das Versprechen manifestiert. Eine klare Markensignatur – visuelle Signale, Sounds, wo relevant auch Haptik, Geruch oder typischer Geschmack. Bei Porsche ist das Zündschloss links. Schon immer. Das steht für Tradition, Individualität und auch für Sportlichkeit. Fans wissen, dass das von den 24 Stunden-Rennen in Le Mans kommt, wo der Fahrer beim Start über die Strecke sprinten musste, um dann ins Auto zu springen. Bei Singapur Airlines hat die Kabine einen ganz eigenen, frisch-exotischen, dezenten Markenduft. Bei IKEA versetzt uns schon ein leichter schwedischer Akzent in die Markenwelt.
Wie ergründet und misst man den Erlebniswert von Marken?
Drei Sachverhalte haben beim Markenerleben zentralen Einfluss auf den forscherischen Ansatz:
- Markenerleben manifestiert sich in erster Linie in spontanen Assoziationen, weit mehr als in passivem Markenwissen
- Markenerleben ist stark durch Emotionen geprägt
- Markenerleben liegt im Kontakt mit den unterschiedlichsten Touchpoints und in konkreter Markenerfahrung begründet.
Aufgrund der Bedeutung spontaner Eindrücke eignen sich natürlich insbesondere qualitative Ansätze, dem Markenerleben auf den Grund zu gehen.
Wenn man es aber objektiviert sowie mess- und vergleichbar machen will, wenn man außerdem nachvollziehen will, ob sich das Markenerleben im Zeitverlauf verbessert hat, kommt man an quantitativen Ansätzen nicht vorbei. Allerdings ist das nicht ganz leicht. Mit den klassischen Statement-Listen kommt man hier nicht weit.
Umgang mit spontanen Assoziationen
Die spontane Qualität des Markenerlebens adressieren wir daher sozusagen semi-qualitativ. Mit einer Reihe offener Fragen zu Markenbild, -versprechen, -persönlichkeit und -berührungspunkten. Da hinter diesen Fragen meist mehrere hundert Befragte stehen, lässt sich so eine mentale Hierarchie der Markenwahrnehmung ableiten, die ein klares Bild von der Markenidentität im Vergleich zum Wettbewerb liefert. Es wird deutlich, welche Signale, welche Botschaften oder auch Persönlichkeitsmerkmale nicht nur glaubwürdig mit einer Marke verbunden werden, sondern sie aktiv prägen.
Man stellt beispielsweise fest, dass Adidas in Deutschland eher für eine leistungsbezogene, kompetitive aber durchaus auch spielerische Sportlichkeit steht, die auch stark über die Fußball-Kompetenz gefüttert wird. Nike ist im Vergleich cooler, aber auch ich-bezogener und weniger gesellig, in seiner Sportlichkeit muskulöser. Das hat für beide Marken Implikationen und birgt Chancen wie Risiken. Nokia wird mit Handys (nicht Smartphones) verbunden und steht inzwischen für verpasste Chancen. Dies ist bei Sony interessanterweise weniger der Fall, auch wenn die Marke als Walkman-Pionier von der Einführung des MP3-Players abgehängt wurde. Der Glanz ist zwar verblasst, aber noch erkennbar. Die Marke steht immer noch für technologische Kompetenz und hat auch Stärken im Bereich Design, gespeist hauptsächlich aus dem TV-Bereich. Samsung vermittelt sowohl Faszination als auch Respekt. Beides resultiert noch gar nicht so sehr aus eigenen Besitzständen, sondern in hohem Maße aus der Wahrnehmung, DER Wettbewerber und Herausforderer von Apple zu sein.
Umgang mit Emotionen und Markenpersönlichkeit
Die spontanen Assoziationen zur Marke sind enorm wichtig, um das Markenerleben zu verstehen. Allerdings gelangen Menschen speziell im Bereich der Emotionen an die Grenzen ihrer Ausdrucksfähigkeiten. Auch hier helfen die klassischen Tonalitätslisten à la modern, jung, zuverlässig nicht weiter. Zu abstrakt. Zu unspezifisch. Wir arbeiten daher in jüngster Zeit mit einem Ansatz, den wir CharacterLab nennen. Die Probanden bekommen unterschiedliche Persönlichkeits-Archetypen nach dem Modell von C.G. Jung (nicht verbal, sondern bildgestützt) vorgeführt und ermitteln per Negativselektion diejenigen, die die Marke am besten repräsentieren. Auf diese Weise werden primäre und sekundäre Archetypen ermittelt, die in Kombination zu einer griffigen Markenpersönlichkeit führen. Mini bspw. ist eine Kombination aus Rebell, Unschuldiger und Spaßvogel, was in Kombination zu einem „charmanten Draufgänger“ führt. Das ist wesentlich klarer und griffiger als „modern, cool, dynamisch“ und damit viel leichter und eindeutiger operationalisierbar.
Umgang mit Touchpoints und Markenerfahrung
Welcher Art das Markenerleben ist, haben wir mit unseren Ansätzen zu spontanen Assoziationen und Markenpersönlichkeit herausgearbeitet. Woraus es sich speist und wie es sich gezielt steigern lässt, ist eine andere Frage. Die unterschiedlichsten Touchpoints spielen hier eine Rolle. Kein Mensch denkt ungestützt an Alles, lange Listen sind aber nervtötend und bergen die Gefahr des unreflektierten Durchklickens. Wir stellen daher alle Touchpoints mittels einer Abbildung dar und fragen nach denjenigen, die die persönliche Markenwahrnehmung des Probanden am stärksten geprägt haben. Das kann sehr vielfältig werden, bei der Lufthansa gilt es bspw., von der Stewardess, dem Miles & More-Programm, der Star Alliance, den Schaltern am Flughafen, den Lounges, den Sitzen in Business- oder Economy-Class, der Werbung, etc. gut und gerne 20 unterschiedliche Touchpoints zu berücksichtigen. Im Online-Interview ist das für die Probanden aber sehr interaktiv und durchaus unterhaltsam. Es zeigt sich dann, dass für Lufthansa und Air Berlin sehr unterschiedliche Kontaktpunkte prägend sind – und dass Markenerlebenstreiber mit Zukunftspotential ebenfalls nicht von Airline zu Airline übertragbar sind. Bei Lufthansa ist das Meilenprogramm zum Beispiel weit wichtiger als bei Air Berlin, wo die Website eine größere Rolle spielt. Flugbegleiter sind bei beiden zentral.
Fazit: Als Marke Markenerleben zu schaffen, wird zukünftig immer wichtiger werden und ist schwierig genug. Es forscherisch in den Griff zu bekommen ist aber eine Herausforderung, die neues Denken und neue Ansätze erfordert. Insbesondere dann, wenn der Anspruch nicht allein ist, das Heute zu verstehen, sondern klare Empfehlungen für das Gestalten des Morgen* zu bekommen.
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