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Manfred Tautscher im Interview: "Die Entwicklung der Branche korreliert positiv mit der Komplexität der Märkte"
Hamburg: Manfred Tautscher, Geschäftsführer der Millward Brown Germany GmbH & Co. KG in Frankfurt sowie Gründungsmitglied und Gesellschafter der Integral Markt- und Meinungsforschung in Wien, stand marktforschung.de zum Interview zur Verfügung. Befragt wurde er von Dr. Lars Watermann, dem Gründer und Geschäftsführer der auf Transaktionsberatung im Marktforschungsumfeld spezialisierten Watermann Agens GmbH in Hamburg.
2007 neigt sich dem Ende. Ein gutes Jahr für den deutschen Marktforschungsmarkt?
Ja, ein sehr gutes Jahr. Besonders in Hinblick auf internationale Studien für deutsche Unternehmen.
…und für den internationalen?
International ist die Stimmung unterschiedlich. Positiv ist die Entwicklung in den BRIC Ländern, also Brasilien, Russland, Indien und China. Dort sind die Wachstumsraten zweistellig. Am schwierigsten sind die Märkte USA und UK. Hier findet ein Umbruch statt. Ich glaube, UK verliert im Moment einiges an internationalem Geschäft an Kontinental-Europa, wovon auch Deutschland profitiert. In Europa sehen wir speziell im Osten gute Entwicklungen, die sich auch in Zukunft fortsetzen werden.
Welche Themen dominieren künftig die Marktforschungslandschaft?
Aus meiner Sicht sind drei Themen von besonderer Bedeutung:
Erstens die Entwicklung des Web 2.0 und seine Auswirkungen auf die Marktforschung. Dies betrifft nicht nur die Befragung über das Web, sondern insgesamt die Kommunikation zwischen Marken/Unternehmen, Kunden/Respondenten und Marktforschungsinstituten. Entscheidungen und Prozesse werden nicht nur linear ablaufen.
Zweitens die Konzentration auf große Anbieter, die global mit konstanter Qualität vertreten sind. Besonders wichtig sind hier die Entwicklungsmärkte Asien, Osteuropa und Südamerika, wobei auch die Präsenz besonders im Nahen Osten und mittelfristig auch in Afrika an Bedeutung gewinnen wird.
Und drittens Kosten und Qualität: In vielen Fällen hat sich gezeigt, dass nicht alle Projekte über das Web sinnvoll durchführbar sind und unbedingt billiger sein müssen. Ich glaube, hier startet bereits ein Umdenkprozess, wobei das Erreichen der Zielgruppen nicht nur für die Werbetreibenden immer schwieriger wird, sondern auch für uns Marktforscher.
Ein weiteres Thema ist die Datenintegration bzw. die Konzentration auf relevante Daten in einer überinformierten Gesellschaft. Hier können wir Kunden helfen, Geld zu sparen.
Sind Investitionen in diese Branche für Kapitalanleger weiterhin eine gute Wahl?
Ja, natürlich. Die Entwicklung unserer Branche korreliert positiv mit der Komplexität der Märkte. Was für Marken unserer Kunden gilt, gilt auch für uns. Die Branche muss selbstbewusster mit ihrem Wissen und Werten umgehen und sich nicht auf eine „Commodity“ reduzieren lassen.
Online-Forschung, zentralisierter Projekteinkauf, Budgetdruck: Wie können Umsatzsteigerungen trotz dieser Marktentwicklung erreicht werden?
Breites Wissen - sowohl was einzelne Branchen betrifft wie auch die Märkte der Welt -, Research and Development sowie die bessere Nutzung des Web 2.0, um Effizienzen zu erzielen.
Welche Bedeutung messen Sie dem „offshore“ Gedanken bei?
Offshoring ist nur begrenzt eine Antwort. Ich bin der Meinung, dass die Wertschöpfung so weit wie möglich hier in Deutschland stattfinden soll. Dieses Land hat enorme Produktivitäts-Qualität für anspruchsvolle Arbeit – wenn etwas „offshore“ 70 versus 100 in Deutschland kostet, aber die Qualität der Arbeit mir „offshore“ nur 50 versus 120 aus Deutschland bringt, dann sprechen die Opportunity Costs eindeutig für Deutschland. Mir macht in bestimmten Fällen die Qualität, die wir für Projekte „offshore“ bekommen, große Sorgen und das Bearbeiten von Fehlern wirkt sich dann kostenmäßig eher negativ aus.
Die Konzentrationswelle in der internationalen Marktforschung geht weiter. Welche Rolle spielt Millward Brown dabei?
Als eines der Top Ten-Institute natürlich eine große Rolle.
In welchen Bereichen möchte sich Millward Brown Deutschland gegebenenfalls durch Zukäufe verstärken?
Wie gesagt ist für die Zukunft wichtig, dass wir über breites Wissen in den Märkten und einzelnen Branchen verfügen. Hierfür sind Zukäufe ein wichtiger Faktor.
Was ist Ihre strategische Rationale bei Firmenakquisitionen?
Millward Brown sucht Partner, die eine mittel- bis längerfristige Zukunft für ihr Unternehmen und sich persönlich bei uns sehen. Dann funktioniert auch der zu erzielende Wissenstransfer. Im Board von Millward Brown Europa sind zum Beispiel 3 von 6 Mitgliedern ehemalige Instituts-Eigentümer.
Insider wissen, dass in Deutschland zahlreiche Gespräche zwischen vermeintlichen Verkauf- und Kaufinteressenten stattfinden. Warum aber sind Transaktionsabschlüsse hierzulande nach wie vor die Ausnahme?
Das liegt teilweise an der Struktur in Deutschland, aber ist teilweise auch kulturell erklärbar, z.B. die Skepsis der deutschen Unternehmer gegenüber einer positiven Zukunft mit dem neuen internationalen Partner. In der Dienstleistung ist es üblich, dass der Unternehmensverkauf über ein Earn-Out Modell passiert. Hier können Eigentümer, wenn Sie positiv denken, gute Verkaufserlöse für ihr Unternehmen erzielen.
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