Uta Hümer und Sebastian Schmidt, SKOPOS „Man darf bei Zukunftsthemen nicht den Anschluss verlieren, sonst stellt sich die Marktforschung selbst ins Abseits“

Welche Themen sind in Zukunft wichtig für die Marktforschung? Uta Hümer und Sebastian Schmidt verraten im Rahmen unseres Dossiers "Die Insights Manager von morgen", worauf Marktforscher achten müssen, um für zukünftige Herausforderungen gewappnet zu sein.

Uta Hümer, Research Director bei SKOPOS und Sebastian Schmidt, Managing Director bei SKOPOS ELEMENTS zum Thema Insights Manager von morgen (Bild: SKOPOS).

Uns interessiert Ihre Vision: Wie wird sich die Position eines Consultants im Full-Service-Institut bis zum Jahr 2030 verändert haben? Was denken Sie?

Uta Hümer: Bis 2030 sind es ja noch ein paar Jahre. Wir gehen aber davon aus, dass Trends und Entwicklungen, die wir in den letzten Jahren täglich bei SKOPOS erleben, unsere Tätigkeit weiterhin maßgeblich prägen werden. Aus unserer Sicht lassen sich die Trends in drei Punkten umreißen:

1. Digitalisierung und Automatisierung von Methoden und Prozessen

2. Erweiterung und Ausdifferenzierung unseres Tätigkeitsfelds

3. Langfristigere und partnerschaftlichere Kundenbeziehungen.


Oder um es in einem Satz zu sagen „Es war noch nie so spannend wie heute, Marktforschender zu sein“.

Mobile Ethno, DIY/T-Plattform und Social Media-Rekrutierung

… um nur einige Themen zu nennen, die uns im letzten Jahr beschäftigt haben. Es bewegt sich viel, der technologische Fortschritt bietet uns unzählige neue Möglichkeiten für innovative methodische Ansätze und Herangehensweisen. Seien es Plattformlösungen wie SKOPOS one zur Automatisierung von standardisierten, einfacheren Studien oder Apps im Bereich Mobile Ethnografie, die uns ganz neue Möglichkeiten bieten, in den Alltag des Kunden einzutauchen. Oder aber auch auf kleinerer Ebene zum Beispiel neue Rekrutierungsansätze über Social Media.

Die Digitalisierung beschränkt sich dabei aber nicht nur auf unsere Methoden und Produkte, sondern auch auf unsere Arbeitsprozesse ganz generell. Repetitive Tätigkeiten werden automatisiert, wir testen aktuell in einigen Bereichen agile Methoden als Framework für unser Projektmanagement, unterstützt durch die entsprechenden Projektmanagementtools.

Unsere Position ist damit zunehmend die des Taktgebers für Innovationen und wir beschäftigen uns sehr damit, wie wir und unsere Kunden mehr Zeit zur Analyse von Insights haben können.

Von Generalisten und Experten

Sebastian Schmidt: Unser Tätigkeitsfeld erweitert sich und differenziert sich aus. Und daraus ergeben sich unterschiedliche Profile: Generalisten behalten den Überblick und sind in der Lage, sich in Kunden und Themen hineinzuversetzen und die richtigen Personen an einen Tisch holen.

Zusätzlich benötigen wir in jeder Domäne Spezialisten, die wirklich exzellent in ihrem Bereich sind. Den Data Scientist, der nebenbei noch Gruppen moderiert, gibt es auf hohem Niveau nicht. Diese Spezialisten können aber alle einen riesigen Mehrwert mit dem schaffen, in dem sie richtig gut sind. Und schlussendlich müssen all diese Erkenntnisse am Ende von einem Generalisten wieder in eine konsistente Story gebracht werden. So arbeiten Generalisten und Spezialisten erfolgreich in einem Team.

Vom Datenlieferanten zum Sparringspartner

Uta Hümer: Im Zuge der gerade beschriebenen Entwicklungen beobachten wir, dass sich auch die Zusammenarbeit mit unseren Kunden wandelt. Die Beziehungen sind langfristiger und oft partnerschaftlicher, als das zu Beginn meiner Zeit bei SKOPOS der Fall war. Wer sich dafür interessiert, wie sich unser Unternehmen und unsere Branche seit der Gründung von SKOPOS im Jahr 1995 entwickelt hat, dem lege ich das Interview mit unserem Gründer Olaf Hofmann ans Herz, das Holger Geißler vor über zwei Jahren mit ihm geführt hat.

Ergänzend sei noch gesagt, dass Projekte zunehmend komplexer und „beratiger“. Wie schrieb Marco Ottawa so schön im Editorial zu diesem Dossier: „Ganz vereinfachend gesprochen, liegt das ‚Brot- und Butter-Geschäft‘ bei uns, die Pâtisserie bei Instituten.“

Sebastian Schmidt: Und diese Position als Experten schätzen wir sehr. Ob Langzeit-Online-Community oder Data-Science-Projekt, bei dem wir Online-Reporting-Lösungen etablieren und tief in die Datenwelt unserer Kunden eintauchen: Die Zusammenarbeit ist von großem Vertrauen und hoher Transparenz geprägt. Darüber hinaus werden wir auch nach der Ergebnislieferung vermehrt in weiterführende strategische Überlegungen involviert, weil man unseren Erfahrungsschatz und unser Branchenwissen schätzt. Es ist schön, dass sich mittlerweile Partnerschaften auf Augenhöhe daraus entwickeln und wir sind der Überzeugung, dass sich dieser Trend zum langfristigen Projekt-Partner weiter fortsetzt.

Werden zukünftig Data Scientists die betrieblichen Marktforscherinnen ablösen?

Sebastian Schmidt: Die Gefahr sehen wir nicht. Bei uns arbeiten beispielsweise Marktforschende und Data Scientists Hand in Hand.

Und die Definition von „Du bist Marktforscher“ und „Du bist Data Scientist“ ist ja auch keineswegs trennscharf.

Wenn wir von Marktforschenden sprechen, denken wir häufig an die klassischen Methoden des Befragens und Beobachtens. Data-Science-Methoden, wie etwa der Umgang mit multiplen Datensätzen, entsprechende Tech- und Tool- Kenntnisse und statistische Methoden, die über Cluster- und Regressionsanalysen hinausgehen, sind dabei eine hervorragende Erweiterung des Werkzeugkoffers.

Und dieser dient unserer Profession dazu, menschliches Verhalten zu verstehen. Die Fähigkeit, daraus abzuleiten, was getan werden muss, um Marke, Produkte, Services & Co. zu optimieren kann eine generalistische Data-Science-Abteilung in Unternehmen dabei kaum leisten. Denn neben den technischen Skills, bedarf es bei den unterschiedlichen Daten auch fachlich einiger Kenntnisse.

Uta Hümer: Es besteht allerdings die Gefahr, dass sich Marktforschende nicht ausreichend mit neuen Methoden auseinandersetzen, sei es aus Bequemlichkeit bzw. dem Verharren in einer Komfortzone oder aber aus Angst vor neuen Herausforderungen.

Sehr wichtig ist, dass man bei diesen Zukunftsthemen nicht den Anschluss verliert, sonst riskiert man, dass Fragestellungen nur unzureichend beantwortet werden können und sich die Marktforschung selbst ins Abseits stellt.

Wird die Analyse eigener Kunden- und Prozessdaten zukünftig die Marktforschung und ihre Aktivitäten (deutlich) beschränken?

Uta Hümer: Auch hier sind wir deutlich optimistischer als es die Frage impliziert. Die Marktforschung sollte mit am Tisch sitzen, wenn es um die Analyse von Kunden- und kundenrelevanten Prozessdaten geht. Mindestens, wenn es um die richtige Interpretation und das gemeinsame Grübeln darüber geht, welche Daten für die Analyse noch eingebracht werden könnten. Und das kann für alle Seiten durchaus bereichernd sein.

Immer wieder sind die Kunden- und Prozessdaten auch ein Baustein, der hilft, übergreifende Fragestellungen für unsere Kunden zu beantworten. Diese – bereits im Unternehmen vorliegenden Daten – reichern wir um weitere Module an, z. B. um die Befragung weiterer Zielgruppen oder qualitative Bausteine. Die Kombination aus all diesen Ergebnissen, das große Ganze, ist dann unsere Basis zur Ableitung businessrelevanter Handlungsempfehlungen.

Sebastian Schmidt: Tatsächlich sehen wir ein riesiges Potenzial für die Marktforschung, wenn Kundenverhalten in Unternehmen noch systematischer ausgewertet wird. Denn die Erkenntnisse werden dazu führen, dass sich Unternehmen noch stärker Kundenbedürfnissen zuwenden. Und die Erfahrung zeigt: das Beschäftigen mit Kunden- und Prozessdaten führt dazu, dass neue Fragestellungen aufkommen, die wiederum die Marktforschung aufgreifen und untersuchen kann.

Sollen Marktforscher spezialisierte Studiengänge wie Psychologie oder BWL mitbringen oder besser als Generalisten à la MuM ausgebildet sein?

Uta Hümer: Wir beschäftigen bereits Menschen mit ganz unterschiedlichen Bildungshintergründen. Von Psychologie und Soziologie, über Markt- und Meinungsforscher bis hin zu Mathematik, Informatik und Ingenieurswesen. Und wir nehmen das als sehr positiv wahr, da unterschiedliche Tätigkeiten unterschiedliche Fähigkeiten erfordern und in Summe Tolles entsteht, wenn verschiedene Professionen zusammenfinden. So wie sich unsere Branche und unser Unternehmen verändert, so erlernen wir als Team neue Fähigkeiten und entwickeln uns weiter.

Für uns ist es wichtig, dass unsere Mitarbeitenden ein solides methodisches Rüstzeug mitbringen. Viel wichtiger ist es aber noch, dass sie darin ausgebildet werden, Dinge zu abstrahieren, Geschäftsmodelle zu verstehen, auf Basis von Daten übergreifende Empfehlungen auszusprechen.

Sebastian Schmidt: Entsprechend gibt es nicht DIE Empfehlung für den richtigen Studiengang. Das bringt zwei positive Aspekte mit sich: Es gibt keinen falschen Studiengang, mit dem man sich etwas verbauen würde, vielmehr sollte man auf sein Herz hören: Was interessiert mich, wofür schlägt es? Wenn man das glaubwürdig vermitteln kann, findet man auch den für sich richtigen Platz. Und zweitens: Das Studium bildet sicherlich eine wichtige Grundlage. Tatsächlich merkt man aber häufig erst mit Praktika oder dem ersten Job, wo seine Interessen liegen. Deshalb sollte man offen sein, auch nach dem Studium Neues zu lernen und sich später zu spezialisieren. Um das zu fördern, haben unsere internen Weiterbildungsformate einen hohen Stellenwert.

Wie sollten Universitäten und Hochschule Menschen auf einen Job in der Marktforschung vorbereiten? Was sollte sich von heute unterscheiden?

Uta Hümer: Wir machen die beste Erfahrung damit, wenn ein solides methodisches Fundament Hand in Hand mit praktischer Erfahrung geht.

Wir haben mit unseren Standorten in Hürth bei Köln, in Aachen, München und neuerdings auch Hamburg  den Vorteil, dass sich eine Vielzahl an Unis und Hochschulen in der Nähe befinden. Absolventen, die während ihres Studiums Praktika in relevanten Bereichen gemacht oder im Idealfall parallel zum Studium bei uns als Werkstudierende gearbeitet haben, sind für uns mit Abstand die attraktivsten Berufseinsteiger.

Welche Skills werden wichtiger, welche unwichtiger?

  Wird wichtiger Wird unwichtiger Unverändert
Powerpoint     X
SPSS   X  
R X    
Python X    
Storytelling X    
Wissen, wie KI funktioniert X    
Moderation von Gruppendiskussionen     X
Führen von Tiefeninterviews     X
Programmieren von Online-Fragebögen mittels entsprechender Software   X  
 

Über die Personen

Uta Hümer ist Research Director bei SKOPOS. Sie ist seit 2017 Teil des Führungsteams von SKOPOS RESEARCH, der Unit für die klassische Marktforschung. Ihre aktuellen Tätigkeitsschwerpunkte liegen auf der Entwicklung und Vermarktung von Tools und der Betreuung von Kund:innen vor allem aus den Bereichen Handel und FMCG.

Sebastian Schmidt ist Managing Director der SKOPOS ELEMENTS. Er verantwortet den Bereich Customer Analytics und Reporting. Sein Schwerpunkt ist dabei die Verbindung von Marktforschung mit Data-Science-Methoden. Mit mehr als zehn Jahren Research-Erfahrung weiß er um die besonderen Anforderungen, die Marktforscher:innen an Daten, Methoden und Ergebnisberichte haben. 

Weitere Informationen zum Unternehmen auf marktforschung.de:

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