Kerstin Klär & Oliver Tabino, Q Agentur für Forschung Mafo-Start-Up? 10 Tipps für Gründerinnen und Gründer

Wir hatten kein neues Produkt oder eine neue Methode am Start. Schwierige Ausgangsituation könnte man meinen. Aber wir waren und sind überzeugt davon, dass Marketingforschung, Marktforschung, Trendforschung, Innovationsbegleitung, Design Thinking vor allem ein Prozess ist und wenn man diese Prozesse gut gestaltet, kann man Erfolg haben. Technische Innovationen erhalten unheimlich viel Aufmerksamkeit in der Fachöffentlichkeit, worüber aber kaum jemand spricht oder schreibt, sind die Prozesse und Schnittstellen zwischen Kunde, Agentur und weiteren Kooperationspartnern.
In den letzten 10 Jahren ist in unserer Branche viel passiert. Es hat massive Veränderungen gegeben und man braucht kein Prophet zu sein, um zu sagen, dass die Digitalisierung die Branche weiterhin stark beeinflussen wird. Was wir in den letzten 10 Jahren mit Q Agentur für Forschung erlebt haben und welche Überzeugungen draus entstanden sind, kann anderen Gründerinnen und Gründern helfen, ein erfolgreiches Unternehmen aufzubauen und sich dabei nicht selbst zu verlieren.
1. Wer nicht frägt, bleibt dumm.
Fragen formulieren, Fragen stellen, Fragen beantworten liegt Marktforschern im Blut. Wenn sich Dir die Chance bietet, Menschen mit Erfahrung und Kompetenzen in allen möglichen Bereichen mit Fragen zu löchern, dann tu es. Egal ob Gründungsberater, Eltern, befreundete Institute und Kollegen, Kunden, Steuerberater, Designer, Webdesigner, Bankberater - Du kennst bestimmt jemanden, den du löchern kannst. Du warst noch nie auf der R&R Messe? Frage jemanden, der einen Stand hat, ob es sich lohnt. Jede Frage bringt Dich weiter, weil sie Deine Gedanken lenkt und Du tiefer in die Materie einsteigst. Jede Antwort bringt Dich weiter.
2. Networking ist zentral.
Um möglichst viele Fragen zu stellen, brauchst Du Menschen, an die Du die Fragen richten kannst. Dass Netzwerke wichtig sind, ist eine banale Erkenntnis, aber dadurch wird sie nicht unwichtiger. Ja, digitale Netzwerke sind wichtig und eine gute Option, aber Menschen zu treffen – zum Beispiel auf einer Messe, einem BarCamp, einer Marketingveranstaltung, einer ResearchPlus ist ungleich besser. Es ist oft effizienter, weil die Kontakte persönlicher und dadurch verbindlicher sind. Wenn man ein eigenes Netzwerk aufbaut, steht man in Kontakt mit potentiellen Kooperationspartnern, Dienstleistern, Kunden, neuen Mitarbeitern, Journalisten, etc.
3. Ohne Ideen bist Du Nichts, ohne die Umsetzung der Idee bist Du auch Nichts.
Wir nutzen gern die Walt-Disney-Methode um Teams zu analysieren oder zusammen zu stellen. Es gibt den Träumer, den Kritiker und den Macher/Realist. Alle drei Typen stehen symbolisch für Fähigkeiten, die auch für einen Gründer und Unternehmer wichtig sind. Die beste Idee nützt Dir Nichts, wenn Du sie nicht auf die Straße bringst oder wenn Du nicht fähig bist, die Idee kritisch zu hinterfragen, weil du zu selbstverliebt bist. Im Idealfall kannst Du alle drei Typen in Dir vereinen oder nimmst diese verschiedenen Rollen bewusst ein.
4. Ohne Team wirst Du Dich nicht weiterentwickeln.
Wenn Du als Gründer nicht unterschiedliche Rollen einnehmen kannst oder willst, brauchst Du ein Team, das diese Rollen einnehmen kann. Für uns ist das Team zentral. Deswegen legen wir sehr viel Wert auf den Auswahlprozess und führen die Vorstellungsgespräche selbst. Das ist meines Erachtens Geschäftsführungsaufgabe. Menschen sind die größten Investitionen: auf monetärer und menschlicher Ebene. Das Team ist Dein Resonanzboden, Deine Stütze, Deine Inspiration, Dein Korrektiv, aber auch Deine größte Baustelle.
5. Nimm es nicht persönlich.
Viele Management-Apologeten erzählen, dass man aus Fehlern und Niederlagen lernt. Stimmt, ist aber trotzdem Mist. Genauso wie Ablehnungen, die man immer wieder erfährt. Man gewinnt das Projekt nicht, der potentielle Kunde reagiert nicht auf Anrufe und Mails, die Ergebnisse werden aus politischen Gründen kleingeredet. Das schmerzt, wir kennen das Gefühl. Nimm es Dir zu Herzen und versuche, daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen, aber nimm es nie persönlich. Das schützt vor Selbstzweifel und Frust.
6. Sei eitel und uneitel zugleich.
Wenn man sich selbst, das eigene Unternehmen oder die eigene Idee nicht großartig findet, dann wird es schwierig. Als wir das "I love Mafo" Logo erfunden haben, fanden wir die Idee phänomenal. Wir finden auch, dass wir für dieses Logo und den Claim eigentlich einen BVM-Preis verdient hätten. Größenwahn? Nein. Gesundes Selbstbewusstsein. Auf jeden Fall. Wenn Du selbst nicht an Dich glaubst, wer dann? Es gibt jedoch bei allem Selbstvertrauen einen kritischen Moment. Selbstgefälligkeit ist der Anfang vom Ende. Glaube an Dich, aber höre nicht auf, Dich und deine Idee oder dein Tun immer wieder kritisch zu hinterfragen.
7. Sei Dir sicher, dass Du jeden Tag etwas dazu lernen wirst. Freu dich darauf.
Eines haben wir als Gründer und Unternehmen wirklich unterschätzt. Die Bandbreite der Aufgaben, die monatlich, wöchentlich, täglich, stündlich und manchmal minütlich auf einen zurollen. Es gibt Aufgaben, die sind unglaublich interessant und es gibt welche, die sind unglaublich ermüdend. Wenn möglich, delegiere und konzentriere dich darauf, was Du wirklich gut kannst.
8. Wenn Du glaubst, es ist nicht harte Arbeit, dann lass' es besser. Du musst nicht Alles machen, aber Du bist für Alles verantwortlich.
In der letzten Zeit verfolgen wir immer wieder Diskussionen über sechs Stunden-Arbeitstage. Nett, denken wir, aber es fehlt die Fantasie, wie das gehen soll. Eine Firma zu gründen ist harte Arbeit und erfordert eine Menge Disziplin. Oft geht es weit über die eigenen Komfortzonen hinaus. Wenn Du denkst, es ist leicht und alles geht von alleine, dann solltest Du den Schritt nicht wagen. Letztendlich ist es eine Frage der Einstellung: Wenn Du deine Idee oder Firma wie ein Baby betrachtest, das Du gezeugt und geboren hast, dann wirst du immer für dieses Baby sorgen, egal wie es dir selbst geht. Was hilft: Du sollst nicht alles alleine machen, dafür baut man ein Team auf, aber als "Chefin" oder "Chef" wirst du immer für alles in letzter Konsequenz verantwortlich sein.
9. Mache Pläne und verwerfe sie.
"Agil" ist eines der größten Bullshit-Bingo-Begriffe der Marktforschung. Gibt es Dienstleister, die nicht agil sind? Falls ja, dann nicht lange. Genauso muss man ganz gepflegt agil so manchen Plan über den Haufen werfen, weil positive oder negative Ereignisse die Rahmenbedingungen verändern. Dennoch brauchst Du Planung und Ziele und am besten sind diese auch ausformuliert. Was Du nicht über den Haufen werfen solltest: Deine Überzeugungen.
Wir glauben fest daran, dass Resilienz und Learnability zwei lebenswichtige Eigenschaften sind, die Gründer oder (junge) Unternehmer brauchen.
10. Es geht immer um Menschen.
Was im Zeitalter der Digitalisierung gern vergessen wird: in deinem Team sind Menschen. Menschen vergeben Aufträge und Menschen sind deine Partner. Du forschst über und mit Menschen. Ohne Soft Skills und Empathiefähigkeit wirst Du scheitern. Wenn Du keine Menschen magst, dann ist die Marktforschung nicht der richtige Platz für dich.
Abschließend möchten wir noch bemerken, dass wir von Anfang an vorhatten, unser Unternehmen nachhaltig aufzubauen und zu etablieren. Unabhängigkeit ist zentral für uns, deswegen haben wir nie Investoren an Bord geholt. Es gab auch schon Kaufangebote für Q, aber wir haben Q nicht gegründet, um "uns" zu verkaufen. Das ist ein elementarer Unterschied zu Gründungen, die schnell wachsen wollen, ein skalierbares Angebot auf den Markt bringen und deren Ziel ein Verkauf an einen Investor oder an eine größere Firma ist.
10 Jahre Q sind sicherlich eines der größten, anstrengendsten, aufreibendsten, schönsten, ereignisreichsten, befriedigendsten Abenteuer, die wir bisher erleben durften. Wir befinden uns in einer hochspannenden Situation, einem Spannungsfeld zwischen Tradition und Moderne. Gründer können eine ganze Branche mitprägen. Faszinierend, oder?!
Einen letzten Tipp gibt es noch: Jage nicht allen gut gemeinten Tipps hinterher. Mache Dein Ding!
Weitere Informationen zum Unternehmen auf marktforschung.de:

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