Das-Wahre-Leben - Kolumne von Jens Krüger Macht doch mal was anders

Kann man ja fragen und mit den Chefs der renommierten zweiten Reihe unserer Branche über ihre Erfolgsgeheimnisse sprechen. Dachte sich Holger Geißler und hat sie interviewt. Die Chefs von GIM, Skopos und Interrogare. Eine finale Antwort hat er nicht bekommen, hat er mir im Vertrauen gesagt. Es hat wohl was mit der Menschlichkeit zu tun, die dort herrscht. Diese wird eher bei den Kleinen als bei den Großen der Branche vermutet.
Hm. Mal ehrlich – Skopos und GIM sind jetzt auch keine Pommesbuden mehr. Und als jemand der selbst über 20 Jahre im Konzern gearbeitet hat, kann ich das mit der Unmenschlichkeit bei den Großen auch pauschal so nicht bestätigen. Die Verbundenheit zu einem Unternehmen hängt doch weit weniger vom Unternehmen selbst ab, als wir uns das oft einreden oder wünschen würden. Das direkte Umfeld mit den Team-Kolleginnen und Kollegen und der Vorgesetzten spielen dabei eine deutlich größere Rolle und kann vieles ausgleichen. Aber was ist es dann?
Unserer Branche geht es aktuell ganz gut und auch die Prognosen sind besser als noch vor ein paar Jahren vorhergesagt. Die Marktforschung ist zurück. Sie hat an vielen Orten auch den Mief und Pief der 80er Jahre abgelegt. Es wird wieder experimentiert und man hört und liest fast täglich von neuen innovativen neuen Produkten und Projekten – von Automation bis KI. Neue Anbieter, wie Quantilope und Civey mischen Allbekanntes auf. Und auch die von Holger Geißler befragten Unternehmen haben ganz sicher ihren Anteil daran, dass sich das Bild der Branche dreht.
Das aktuell größte Problem der Branche: Fehlendes Personal. Die Liste der Jobangebote aller Institute umfasst mittlerweile mehrere hundert Positionen. Wahnsinn. Und auch hier zeigt sich die Pandemie als Beschleuniger des Wandels. Die Bereitschaft zum Jobwechsel ist aktuell so groß wie nie.
Zurück zur Normalität – bloß nicht!
Der Ausnahmezustand der letzten Monate hat viele Menschen, ob als Konsumierende oder Mitarbeitende – junge Talente wie Erfahrende gleichermaßen – dazu veranlasst, ihre Werte zu hinterfragen und ihr Leben neu auszurichten. Im Fokus stehen dabei das eigene Wohlergehen und das der Umwelt. V.a. die Generation Z treibt diese Priorisierung von Gesundheit und Nachhaltigkeit als identitätsstiftende Merkmale und alltagsbestimmende Prinzipien. Die eigenen Arbeits- und Lebensentwürfe werden gegen das neue Ideal einer regenerativen Lebensweise geprüft und es wird festgestellt: Bestehende normative Modelle engen ein. Was Familie und Erfolg sind, muss neu herausgefunden und definiert werden.
Vielleicht sind wir damit am Pudels Kern – #Erfolg als Erfolgsfaktor erfolgreicher Unternehmen. Aber was macht uns als marktforschende Unternehmen heute und zukünftig erfolgreich?
Sicher geht es nicht nur um den wirtschaftlichen Erfolg, sondern weit mehr. Es kann darum gehen, im Team gemeinschaftlich Ziele zu erreichen oder eine gute (Führungs-)Kultur zu etablieren, die auch die persönlichen Erwartungen und Situationen der Mitarbeitenden berücksichtigt. Ein Umfeld, in dem sich Menschen wohlfühlen und weiterentwickeln können. Auch eigene Ziele verfolgen können. In einem Unternehmen zu arbeiten, das zukunftsfähig ist. Das mutig genug ist, sich zu verändern.
Grenzerfahrungen
Bei Bonsai haben wir uns das vorgenommen – und es ist ganz sicher nicht einfach. Im Grunde müssen sich dafür Alle bewegen – permanent, und zwar nicht in Richtung Comfort Zone. Das ist anstrengend, sich miteinander auseinander zu setzen. Immer wieder und wieder. Und um Neues zu ringen. Neue Methoden, neue Modelle der Zusammenarbeit, Diversität im Denken und Handeln. Und die Bereitschaft, an die Grenzen zu gehen. Und vielleicht diese Grenzen auch mal zu überschreiten. Mich würde interessieren – wo haben GIM, Skopos und Interrogare oder andere Unternehmen in der Branche ihre Grenzen neu ausgelotet und auch mal überschritten?
Wir haben es aktuell wieder einmal getan. Vielleicht hat es die/der ein oder andere mitbekommen: Wir sind dabei, eine Unit aufzubauen, die unsere Testmarktforschung mit datengestütztem Vertrieb kombiniert. Wir sind jetzt auch Handelsvertreter mit dem Schwerpunkt Foodservice. Bezahlt bzw. provisioniert werden wir nach den über uns verkauften Produkten. Warum wir das machen?
Wir wollten das jetzt einfach mal richtig angehen – weil wir so vielen tollen Produkten und StartUps über den Weg laufen, die die Welt vielleicht ein bisschen besser, nachhaltiger, schöner, lebenswerter machen können. Diese scheitern oft daran, dass sie den Weg in den (Groß-)Handel nicht finden. Wir wollen helfen, mit Daten und Fakten die Handelspartner zu überzeugen.
Ja, wir ignorieren jetzt mal das Trennungsgebot. Und ja, es ist ein Experiment. Aber es ist v. a. auch ein bisschen Selbstverwirklichung eines alten Traums: Auch als Marktforscher einmal nicht nur die Zahlen an der Tür abzugeben, sondern mitzuarbeiten, mitzugestalten, direkt und unmittelbar. Vielleicht werden wir damit auch spannender und interessanter für neue Kollegen. Mal schauen, was daraus wird.
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