Researchability - Verantwortung für Markt und Daten Lock your World

Über smarte Anwendungen vernetzen wir die Welt zunehmend. Dabei treibt uns das Bedürfnis nach Sicherheit während wir uns zugleich über Wearables chippen. Passt das zusammen?

Von Prof. Dr. Rolf Schwartmann

IT-Security boomt. Kein Wunder bei fast vier Millionen Cyberattacken, die das Frühwarnnetz der Deutschen Telekom im Juni 2014 allein aus Russland registriert hat. Das Unternehmen hat daher ein Ausbildungsprogramm für Cyber-Abwehrspezialisten aufgelegt, das sich mit dem Hacken und dessen Abwehr befasst. Dass die gute Seite sich wappnet und aus dem Wettlauf zwischen Hase und Igel als Igel hervorgeht, ist bitter nötig. Anbieter intelligenter Sicherheitstechnik werden zunehmend zu Recht ausgezeichnet. So etwa in diesen Tagen auf der Security Essen 2014. Als beste Dienstleistung in Sachen Sicherheit wurde ein Schließsystem ausgezeichnet. Es „bildet die Grundlage für ein umfassendes Schließ- und Berechtigungskonzept ohne physikalische Verbindung zum Nutzungsstandort. Mit diesem flexiblen elektronischen Zutritts- und Zugriffsschutz kann fast alles ausgestattet werden – Gebäude, Räume, Container, Behälter, Koffer aber auch Fahrzeuge oder Flugzeuge. Ein besonderes Highlight ist die Vergabe von Einmal-Codes auf Anfrage eines Berechtigten an eine Leitstelle. Dieser Code wird ähnlich des I-Tan-Verfahrens beim Online-Banking ohne Datenverbindung zwischen Leitstelle und Schließsystem berechnet und vergeben“, lautet die Beschreibung des Angebots der Lock Your World GmbH.

Internet 4.0, © Greser & Lenz
Internet 4.0, © Greser & Lenz

Bedienfehler und Hackerangriffe sind Risikofaktoren intelligenter Sicherheitstechnik

So ausgeklügelt das System auch sein mag, es überlässt zentrale Entscheidungen über das Verschließen hochsensibler körperlicher Bereiche einer Maschine, für deren Bedienung Menschen zuständig sind. Das minimiert Risiken auf eine Weise, weil die Technik – solange sie nicht beeinflusst wird – ausführt was der Mensch ihr sagt. Sie erhöht aber auf eine andere Weise auch Risiken. Sie können sich daraus ergeben, dass der Mensch sie falsch bedient, oder daraus, dass sie nach einem Hackereingriff fremdgesteuert werden kann. Dann bestimmt ein Dritter darüber, wer die eigene Welt verschließt.

Willkommen im Internet 4.0

Solche Sicherheitsangebote sind Bestandteil der Smart World des Internet 4.0, in der Chips untereinander kommunizieren. Smart ist ein Modewort und nicht eindeutig zu übersetzen. Es ist ein Mix aus schlau, schnell und gewitzt. Smart ist heute vieles. Zum Beispiel Phones, Homes, Cars und neuerdings auch Wearables. Das sind Computerchips in Gegenständen, die wir wie Uhren, Brillen oder Anstecker am Körper tragen. Das i-Phone 6 begleitet eine „Uhr“, die bei Licht betrachtet ein Assistent des Phones am Handgelenk ist. Während das Handy als Schaltzentrale fungiert, schickt das Gerät zu Gesundheits- und Fitnesszwecken so intime Dinge wie Pulsschläge zur Auswertung in die Datenumlaufbahn. Informationen wie diese sind das Lebenselixier smarter Anwendungen, das die Chips am Körper benötigen, um schlau zu sein. Sie brauchen sie, um sich mit anderen Informationen vernetzen zu können.

Wir sind gechipt

Gleich, ob es gut ist oder schlecht und ob wir es wollen und merken oder nicht: Wearables chippen uns. Davon kann sich jeder überzeugen, der sich schon IOS 8 auf sein I-Phone geladen hat, das mit „Health“ zugleich eine Gesundheitsapp installiert. Wer über seine Lebensfunktionen von der Schlafanalyse über eine detaillierte Erfassung der Ernährung bis zur Fitness in vielen Einzelheiten bis hin zu Atemfrequenz und Blutalkoholwert Bescheid wissen will, der braucht nur ein Wearable, wie die Apple Watch und schon kann er Apple und eine für ihn nicht beherrschbare und überschaubare Anzahl Dritter in Echtzeit über seinen Gesundheitszustand informieren. Neben Erkenntnissen, die für die persönlichen Interessen wichtig sind, könnten neben dem Lebenspartner auch der Arbeitgeber, diverse Versicherungen und viele andere Interesse bekunden.

Das Wearable kann uns krank melden oder im Fall der Fälle gleich den Leichenwagen bestellen

In der smarten Welt sind ganz neue Möglichkeiten der Krankmeldung 4.0 eröffnet. Weil die Apple Watch an „Health“ auf dem Handy auch „Vitalzeichen“ wie Atem- und Herzfrequenz sowie Körpertemperatur überträgt, kann das Wearable bei entsprechender Temperatur sowie Herz- und Atemstillstand gegebenenfalls auch gleich direkt den Leichenwagen bestellen. Die Übertragung des Blutalkoholwerts lässt Verträge über Verhalten zu.

Werden Hacker bald überflüssig?

Bei so viel freiwillig preisgegebener Information über sensibelste persönliche Daten kann man sich fast fragen, ob Hacker nicht irgendwann arbeitslos werden, wenn die smarte Welt erst komplett gechipt ist. Spätestens dann, hat auch die sicherste technische Sicherheitslösung ein Problem mit dem Unsicherheitsfaktor Mensch.

Zur Person:

Prof. Dr. Rolf Schwartmann ist seit 2006 Leiter der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht an der Fachhochschule Köln. Zwischen Promotion 1994 in Köln im Verfassungsrecht und Habilitation 2004 in Mainz mit einer völkerrechtlichen Arbeit war er Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verwaltungsrecht. Seine Forschungsschwerpunkte liegen im Medien- und Datenschutzrecht. Er ist Vorsitzender der Gesellschaft für Datenschutz und Datensicherheit e.V. (GDD) und des Gesprächs- und Arbeitskreises Geistiges Eigentum (enGAGE!).  www.medienrecht.fh-koeln.de

 

Diskutieren Sie mit!     

Noch keine Kommentare zu diesem Artikel. Machen Sie gerne den Anfang!

Um unsere Kommentarfunktion nutzen zu können müssen Sie sich anmelden.

Anmelden

Weitere Highlights auf marktforschung.de