Lebensziele: Sind die Deutschen gesättigt?

München - 45 Prozent der Deutschen sind mit dem, was sie in ihrem Leben bisher erreicht haben, zufrieden; 37 Prozent, deutlich weniger, möchten noch viele Pläne verwirklichen. Zum Vergleich: In Polen begnügen sich nur 18 Prozent der Bürger mit ihrer bisherigen Lebensleistung, 76 Prozent der Polen möchten noch mehr erreichen. Zwischen den Zukunftserwartungen der beiden Nachbarländer liegen Welten. Dies zeigt eine Studie des IMAS Instituts.

Es liegt nahe, die extrem unterschiedliche Stimmungslage auf die jahrzehntelange Wohlstandserfahrung der Deutschen zurückzuführen, während die Antworten der Polen Aufholgesinnung signalisieren. Die unambitionierte Haltung der Bundesbürger lässt zwar kaum soziale Konflikte großen Stils befürchten. Abgesehen davon ist eine Nation mit einem so ausgeprägten Sättigungsgefühl naturgemäß eher antriebsschwach, reformunwillig, risikoscheu und für den globalen Wettbewerb mental schlecht gerüstet. 

Wonach streben die Deutschen eigentlich, abgesehen von der Gesundheit? Dazu stellte IMAS den rund 2.000 Befragten mögliche Lebensziele zur Auswahl. 

Allergrößten Wert legt die Bevölkerung (in jeweils absoluter Mehrheit) auf soziale Sicherheit/einen sicheren Arbeitsplatz, die Pflege zwischenmenschlicher Kontakte, ein Leben ohne Zwänge, auf Kinder/Familie, gutes Einkommen haben und "ein geregeltes Leben führen, wo alles seinen gewohnten Gang geht". Vorrangig (für knapp jeden Zweiten) sind auch die Wünsche, eigenen Besitz zu schaffen und genügend Freizeit ohne Arbeitsüberlastung zu haben. 

Die Lebenskonzepte der Deutschen scheinen auf ein gesichertes, geregeltes und ein eher geruhsames Dasein abzuzielen. Erst im Mittelfeld notiert (mit 44 Prozent) der Wunsch nach einem interessanten Beruf, sowie das Streben nach beruflichem Aufstieg. Nur 22 Prozent finden es erstrebenswert, "etwas besonderes zu vollbringen, etwas zu bewegen". 

Wenig Geschmack finden die Deutschen auch an sozialem Engagement (25%). Am Schluss der Bedeutungshierarchie steht der politische Ehrgeiz: Lediglich 15 Prozent finden politisches Engagement, gar nur 11 Prozent öffentlichen Einfluss erstrebenswert. 

Vom IMAS Institut gefragt, bei welchen Lebenszielen sie sagen würden: "...So wie es jetzt ist, bin ich damit zufrieden", verwiesen jeweils mehr als zwei Fünftel der Bevölkerung auf die Realität vieler freundschaftlicher Kontakte mit anderen Menschen, das Vorhandensein einer Familie und darauf, dass das Leben einen geregelten und gewohnten Gang geht. Auf alle übrigen zur Diskussion gestellten Items entfielen vergleichsweise geringe Hinweise. 

Aus gesellschaftspolitischer Perspektive zu denken gebe die Tatsache, dass alle Indikatoren für eine berufliche und wirtschaftliche Dynamik im Lebensgefühl der Deutschen eine sehr untergeordnete Rolle spielen, so das IMAS Institut. Sie würden überschattet von einem biedermeierlich anmutenden Lebensgefühl, das meilenweit von der Aufbruchsgesinnung in den Wirtschaftswunderjahrzehnten nach dem letzten Weltkrieg entfernt sei. Die Nation sei scheinbar schläfrig geworden. 

Zur Studie: Das IMAS Institut führte eine persönliche (face-to-face) Befragung im Juni/Juli 2014 mit ca. 2.000 Personen (deutsche Bevölkerung ab 16 Jahren) durch. 

ah

 

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