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Ingo Sander, rc – research & consulting GmbH Kundenzufriedenheit in EUR – ROI-Simulation mit dem DB CX-Impact Simulator
Customer Experience Management ist – zurecht – en vogue und es gibt wohl kein namhaftes Unternehmen, das nicht als einen Baustein seiner CX Management Strategie ein systematisches Befragungsinstrument zum Monitoring von Kundenzufriedenheit, Loyalität und Empfehlungsmanagement installiert hat.
KPIs sind dabei je nach Unternehmen verschiedene Indizes oder Scores, von Globalzufriedenheitsindizes über Loyalitäts-Scores bis hin zum NPS. Mit den dahinterstehenden Detailmodellen von Zufriedenheits-Touchpoints und Detailzufriedenheiten lassen sich dann die Zusammenhänge und Wirkungen der Detailmerkmale auf die Kundenzufriedenheit und Loyalität – je nach Modell – mehr oder weniger gut abbilden und simulieren. Gemeinsam ist diesen Modellen, die im Grundsatz bereits in den 80er Jahren aus den USA kommend eingeführt wurden, dass ihre zentrale Währung subjektiv bleibt. Je nach Modell sind dies eben die Kundenzufriedenheit, Kundenbindung, Loyalität oder Weiterempfehlungsbereitschaft.
Mit dem NPS-Ansatz machte Bain dann recht erfolgreich den Versuch, diese Parameter (in diesem Falle die Weiterempfehlungsbereitschaft) mit wirtschaftlichen Erfolgskriterien des Unternehmens zu verknüpfen. Die Beliebtheit dieses Modells in den Top-Management Etagen der Unternehmen zeigt, wie wichtig das Herstellen dieses Bezugs ist. Was jedoch auch beim NPS-Modell fehlt, ist der direkte und individuelle Bezug der Wirkung der einzelnen subjektiven Modellkomponenten auf die wirtschaftlichen Effekte für das jeweilige Unternehmen auf den Umsatz (z.B. in EUR).
Genau diesen Bezug hat nun rc – research & consulting zusammen mit IfaD und der Deutschen Bahn im Rahmen des in diesem Jahr mit dem Innovationspreis der Deutschen Marktforschung vom BVM ausgezeichneten Tools, dem DB CX-Impact Simulator, hergestellt. Damit werden Prioritäten aus Kund:innen-Sicht in den Mittelpunkt des unternehmerischen Handelns gestellt, sodass eine Steuerung nach dem Return on Customer Satisfaction möglich wird.
Die Aufgabenstellung
Die Aufgabenstellung für den CX-Impact Simulator waren folgende Anforderungen:
Basierend auf den Daten der neu aufgesetzten, kontinuierlichen Kund:innen-Zufriedenheitsbefragung der Deutschen Bahn, ZOOM, sollten
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die Wirkungen der Zufriedenheitselemente von der Detailebene, über die übergreifenden Bereichszufriedenheiten (Touchpoints), bis hin zu Imageeffekten, Preis-Leistung und der Gesamtzufriedenheit auf die Anzahl zukünftiger Reisen mit der DB und deren Effekt in EUR berechnet werden.
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zusätzlich zur Wirkung der subjektiven Befragungsparameter auf den Umsatz auch der Effekt von objektiven Qualitätskennziffern aus dem Qualitätsmanagement (z.B. die reale Pünktlichkeitsquote, Auslastungsquote usw.) auf diese subjektiven Zufriedenheitselemente und den Umsatz ins Modell integriert werden
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und auf dieser Basis ein integriertes, interaktives Simulationstool zur Verfügung gestellt werden, mit dessen Hilfe Prognosen von zukünftigen Zufriedenheitsentwicklungen (ZI-Zufriedenheitsindexwerte), Reisezahlen, Umsatzentwicklungen sowie die Berechnungen von Business Cases und verschiedener (Zukunfts-) Szenarien ermöglicht werden.
Nach etwa eineinhalb Jahren Entwicklungsarbeit, drei Pilotwellen, zwei separaten Validierungsstudien und auf Basis von am Ende über 70.000 Interviews, konnten die Kooperationspartner rc und IfaD dann der Deutschen Bahn ein entsprechend validiertes Modell und den Simulator für den praktischen Einsatz im Alltag zur Verfügung stellen.
Was es dem Unternehmen bringt
Die Erfahrungen, die bei der Deutschen Bahn im letzten Jahr mit dem Simulationstool gemacht wurden, belegen, welch hohen Stellenwert ein solches Tool der Kund:innen-Zufriedenheitsforschung in einem Unternehmen gewinnen kann.
Ganz konkret zeigten sich für die Deutsche Bahn folgende positive Effekte durch die Einführung des DB CX-Impact Simulators:
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Das Tool stellt den Kund:innen-Nutzen von Investitionen in den Fokus. Es erlaubt den Vergleich des Effekts verschiedener möglicher Maßnahmen (A,B,C) auf den Umsatz in EUR – damit macht es Investitionen in Maßnahmen zur Erhöhung der Kund:innen-Zufriedenheit für das Management transparenter und besser planbar und wirtschaftlich orientierter.
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Das Tool hat für die DB eine hohe Relevanz bei der optimierten Koordination der Maßnahmenplanung hinsichtlich der Erreichung der mit den Stakeholdern der DB vereinbarten Langfristziele der Erhöhung der Kund:innen-Zufriedenheit und der Verdoppelung der Fahrgastzahlen im Fernverkehr bis zum Jahr 2030 (Programm „Starke Schiene“) gewonnen - über alle Unternehmenseinheiten hinweg.
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Das Tool wird für an Kund:innen ausgerichteten Priorisierungsentscheidungen bei der Entwicklung des Produkt- und Serviceportfolios, der Berechnung von Business Cases, sowie für das Performance Management (z.B. Setzen von Zielwerten) genutzt.
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Aus dem Modellierungsprozess und den daraus abgeleiteten Ergebnissen entstanden wertvolle Einsichten, die eine korrektere Business-Planung für die DB erlauben. U.a. wurde aus den Modellergebnissen deutlich, dass generell die monetäre Wirkung der Touchpoints insgesamt und einiger Touchpoints im Besonderen (z.B. im Bereich Service/Komfort) deutlich höher ist als bislang angenommen. Dabei machen die Modellierung und die intuitive Darstellung im Simulator unmittelbar deutlich, dass die Touchpoints nicht nur (in der Regel eher affektiv) über die Gesamtzufriedenheit wirken, sondern auch direkte (eher kognitiv und habituell definierte) Effekte auf die zukünftige Nutzung haben.
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Maßnahmen können auch darauf hin abgestimmt werden, dass die Kund:innen der DB wie auch das Unternehmen selbst gleichermaßen profitieren, da die Investitionen in die Kund:innen-Zufriedenheit bei der DB nun so optimiert werden können, dass die Kund:innen der DB gleichzeitig zufriedener wie auch zahlreicher werden.
Wie es funktioniert
Die Basis des Modells ist ein lineares Strukturgleichungsmodell beruhend auf einem erweiterten Partial Least Squares Modell. Die statistische Besonderheit bei diesem mit dem Innovationspreis ausgezeichneten Modell besteht u.a. darin, dass es in der Lage ist, Probleme der Verzerrung der Multikollinearität (viele Variablen korrelieren gleichzeitig hoch miteinander und es ist schwer aufzuteilen, welcher Erklärungsanteil von welcher Variablen stammt), Missing Values (fehlende Werte), sowie unterschiedlicher Skalenniveaus (u.a. sind auch dichotome einzelne Critical Events im Modell mit abgebildet) zu lösen. Bei der Lösung des Problems der Multikollinearität wurde dabei ein Ansatz entwickelt, der die typischen Unzulänglichkeiten des klassischen Ansatzes der Lösung dieses Problems (Orthogonalisierung) behebt und es schafft, gleichzeitig die ursprünglichen Treiberstärken mit zu berücksichtigen.
Die Lösung der zentralen Herausforderung der Umrechnung von Kund:innen-Zufriedenheitsveränderungen in EUR-Effekte wurde durch eine in verschiedenen Pilotschritten entwickelte und kontinuierlich validierte Abfragetechnik erreicht, die einen validen Bezug des Effekts der Zufriedenheit mit der letzten Reise auf das zukünftige Reiseverhalten der Kund:innen erlaubt. Diese zukünftigen Reisen konnten dann anhand der Verknüpfung von Elementen der Befragung und aus den Controllingdaten der DB in EUR Beträge umgerechnet werden.
Schlüssel zum Erfolg waren hier die umfangreichen Validierungen mittels Zeitreihenstudien und Validierungsberechnungen anhand der Controlling-Daten der DB (u.a. anhand von Random Forrest und KI-Verfahren), auf deren Basis die entwickelten Indikatoren und Modelle optimiert und schließlich bestätigt werden konnten.
Hervorzuheben ist zudem, dass auch die inhaltlichen Validierungen unterschiedlichster Teilgruppenmodelle und Simulationen zeigte, dass das Modell stets stabile, dabei aber gleichzeitig fein und sinnvoll differenzierende Unterschiede produziert. Die Modellgüte wies stets sehr hohe Werte auf, dabei entstanden bereits auf einer Basis von 500 Interviews gleichzeitig sehr stabile wie gut differenzierende Ergebnisse.
Fazit und Implikation für andere Unternehmen
Mit dem CX-Impact Simulationstool ist es gelungen, den Schritt von der Customer Experience hin zur Effekt-Berechnung in EUR zu schaffen. Durch den validen Einbezug dieser neuen Währung in die CX-Forschung erhöht sich die Management Attention für das Thema: zum Nutzen des Unternehmens wie der Kund:innen.
Da sich das Modell grundsätzlich auf jedes Unternehmen (mit entsprechenden unternehmens- und branchenspezifischen Adaptionen) übertragen lässt, besteht die Nutzung dieser Chance für jedes Unternehmen, insbesondere wenn es bereits systematisch CX- bzw. Kund:innen-Zufriedenheitsstudien durchführt.
Mehr zu dem Thema erfahren Sie im Workshop von Ingo Sander im Rahmen der Woche der Marktforschung am 07.10.2021.
Weitere Informationen zum Workshop und zur Anmeldung finden Sie hier.
Über die Person:

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