Wie kommt der dreckige Hund wieder sauber ins Haus? Konsumentenzentrierte Innovationsforschung am Beispiel Swirl

In einer sich ständig verändernden Konsumwelt entscheiden Produktinnovationen oftmals über die Wettbewerbsfähigkeit und den Markterfolg von Fast Moving Consumer Goods. Die große Mehrheit der Produkt-Launchs schlägt jedoch fehl. Mehr als die Hälfte aufgrund eines schwachen Konzepts. Und insbesondere, wenn die Stimme der Konsumenten nicht bereits frühzeitig im Innovationsprozess gehört wird. Wie eine systematische konsumentenzentrierte Innovationsforschung aussehen kann, zeigt das Beispiel Swirl (eine Marke aus dem Hause Melitta).

Oliver Hsu (Dialego)

Von Oliver Hsu, Manager Customer Care, Dialego AG

Die Zielsetzung bestand darin, neue Reinigungsprodukte für Haushalte mit Hunden zu entwickeln. In einem ersten Forschungsschritt generierten Hundehalter Produktideen auf die Frage, die viele bewegt: „Wie bekomme ich meinen dreckigen Hund, wenn er draußen herumgetollt ist, wieder sauber zurück ins Haus?“. Die Probleme kannte Swirl bereits aus Vorstudien: „Schmutz und Feuchtigkeit in Verbindung mit starkem Geruch durch Herumrollen in übelriechenden Substanzen“. Bei den meisten Hundehaltern folgt dann bisher die „große Wäsche“ im Garten oder Badezimmer mit viel Wasser, Shampoo und Parfüm. Und dies behagt den lieben Vierbeinern eher selten (Abb.1). Andere Tierbesitzer gehen nicht direkt zum Baden, klagen dafür genervt über kontinuierlichen Haarverlust ihres Lieblings, dem sie mit täglichem Bürsten und regelmäßigem Staubsaugen begegnen müssen. Es bedurfte also einer besseren Lösung, um das Problem in den Griff zu bekommen.


Abb.1 Dirty Dog

Unterstützt durch eine Reihe von Kreativitäts-Techniken kamen die Hundehalter in wenigen Tagen auf hunderte von Ideensplittern, wie „Dirty Dog“ wieder sauber wird. Die Ideen waren sehr vielfältig und reichten von moderaten Anpassungen bestehender Produkte bis hin zu kompletten Neuheiten jenseits jeglicher technischen Machbarkeit. Zudem gewähren die Ideen Einblick in die Bedürfnisse und dahinter liegenden Motive der Hundehalter und ermöglichen so vertiefte Erkenntnisse für die weitere Produktentwicklung.


Abb. 2 Semantische Analyse mit Themenclustern aus generierten Ideensplittern

Mittels semantischer Textanalyse wurden aus den gewonnenen Ideen erste Themencluster und mögliche Produktrouten (Abb. 2) identifiziert und grobe Produktkonzepte abgeleitet (Abb. 3), die dann in einer zweiten Stufe wieder von Konsumenten bewertet wurden. In dieser Phase des Idea Screenings kommt es neben quantitativen Performance-Indikatoren gerade auch auf das qualitative Feedback der Verbraucher an, um zu sehen, welche Produkteigenschaften tragfähig sind und welche Aspekte weiterer Verbesserung bedürfen. Diese Art von Feedback erlaubt es auch, einzelne Aspekte von Produkten in einem neuen Konzept zu kombinieren und erneut zu testen.


Abb. 3 Erste Idea Boards mit verbalen Benefits

Ein Instrument, bei dem die Konzept-Diagnostik und das Konsumenten-Feedback offen und direkt auf dem Stimulusmaterial erfolgt, ist das „VisualConceptMapping“. Das Tool ermöglicht es somit den Verbrauchern, einen beliebigen Teil des Produktkonzepts mit der Maus auszuwählen, zu markieren, ob ihnen der betreffende Teil gefällt oder nicht gefällt, und ihre Entscheidung zu kommentieren. Die meisten Konsumenten kommentieren 2-3 Konzeptbereiche in inhaltlicher wie auch gestalterischer Hinsicht. Üblicherweise ergeben sich so einige hundert Stimmen der Verbraucher zu einem neuen Produktkonzept.

Der Online Report des VisualConceptMapping (Abb. 4), der bereits während der Feldzeit zur Verfügung steht, bietet Likes / Dislikes-Verhältnisse in Ampel-Signalfarben pro Konzeptbereich, wichtige Begriffe aus den Kommentaren der Verbraucher sowie eine Drop down-Liste aller Originalkommentare gerankt nach Inhaltstiefe. Der Online Report ermöglicht auch die Anwahl spezifischer Teilzielgruppen und kann gesplittet werden, so dass man sich mehrere Zielgruppen im Vergleich anschauen kann.


Abb. 4 VisualConceptMapping: Online Report mit Verhältnis Likes / Dislikes pro Konzeptbereich

Hilfreich ist auch die sog. „Heatmap“, die die kumulierten positiven und negativen Kommentare der Verbraucher in grüner und roter Farbe unterlegt auf dem Konzept sichtbar macht (Abb. 5). Mit dieser Art von „Entscheidungsbild“ der Verbraucher lassen sich die Stärken und Schwächen eines Produktkonzepts auf einen Blick erkennen.


Abb. 5 VisualConceptMapping: Heatmap des Konzepts „Wärmedecke“

Zusammen ergibt sich eine wertvolle Kombination von quantitativen Informationen (Anzahl und Verhältnis Likes / Dislikes) und qualitativen Aussagen (Vielzahl von Originalkommentaren der Verbraucher), die dem Online Report einfach zu entnehmen sind und Optimierungspotenziale aufzeigen. Auf der Basis reichhaltiger qualitativer Inputs lässt sich klar feststellen, warum Produkte abgelehnt werden (Irrelevanz, fehlende Glaubwürdigkeit, offen bleibende Fragen o. ä.).

Im konkreten Fall einer „Hunde-Wärmedecke“ zeigen die Schaubilder, dass die Basisidee eines speziellen Handtuchs, das Dreck und Wasser absorbiert, den Konsumenten sehr gut gefiel, da sie wichtige Nutzenaspekte miteinander vereint, wie einfaches Handling und die Akzeptanz durch den Hund. Dennoch zeigte die erste Screening-Runde, dass Konsumenten den Zusammenhang von Sauberkeit und Wärme nicht ausreichend verstanden. Daraufhin wurde das Konzept leicht modifiziert in eine zweite CoCreation-Runde gegeben.  Diese Runde führte zwar zu einem erhöhten Verständnis bei den Konsumenten, jedoch passte nun der Produktname in deren Augen nicht gut zum Produkt, was wiederum in einer weiteren dritten Runde gelöst wurde.

Häufig sind mehrere Refinement-Runden nötig, bis ein Produktkonzept den Bedürfnissen der Zielgruppe optimal entspricht. Es ist wichtig, diese Zeit frühzeitig zu investieren, da der Aufwand in dieser Entwicklungsphase noch weniger groß ist, und gleichzeitig entscheidend für den späteren Erfolg oder Misserfolg des Produkts am Markt sein kann.

Das gemeinsame Engagement von Swirl und seiner Konsumenten resultierte in einer Reihe neuer Produkte, die nicht nur von „Herrchen und Frauchen“, sondern auch von deren Hunden gemocht werden.

 

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