ROLAND Rechtsschutz/YouGov Knappe Mehrheit für Tempolimit

Die Bundesregierung und selbst die Oppositionsparteien halten sich bei dem Thema auffallend zurück, doch die Bevölkerung gibt so langsam Laut. YouGov hat im Auftrag von ROLAND Rechtsschutz untersucht, wie die Deutschen zur Einführung eines Tempolimits stehen. Ergebnis: Die Mehrheit steht.

53 Prozent sind für ein Tempolimit (Bild: fotohansel - AdobeStock)
53 Prozent sind für ein Tempolimit (Bild: fotohansel - AdobeStock)

Noch fürchten die deutschen Parteien die Rache der Wähler an der Urne, doch der Widerstand bröckelt. Mehrere Umweltverbände haben sich vor einigen Tagen zu einem Bündnis zusammengeschlossen und fordern eine Geschwindigkeitsbegrenzung – gegen den Kurs der Politik. Die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland hat selbst die Initiative ergriffen und konnte vergangene Woche den Erfolg ihrer Petition vermelden: 56.000 Menschen haben für ein Tempolimit von 130 km/h unterschrieben. Nun muss der Petitionsausschuss des Bundestags das Thema behandeln.

Die Deutschen mucken auf, immer mehr Stimmen fordern die Einführung eines Tempolimits auf deutschen Autobahnen, aber wie ist die Stimmung insgesamt? 

Bereits vor drei Jahren haben die Meinungsforscher von YouGov im Auftrag von ROLAND Rechtsschutz die Deutschen zu diesem Thema befragt. Eine erneute Studie zeigt nun, dass die Anzahl der Befürworter eines Tempolimits gestiegen ist: Waren es 2016 noch 48 Prozent, die sich für eine Höchstgeschwindigkeit aussprachen, so sind es inzwischen schon 53 Prozent. 

Frauen, Rentner und Linken-Wähler gehen gern vom Gas   

Unter den weiblichen Befragten befinden sich mit 58 Prozent (2016: 55 Prozent) weitaus mehr Befürworter eines Tempolimits als unter den männlichen: Von Letzteren sprechen sich nur 48 Prozent (2016: 41 Prozent) für eine Obergrenze der Fahrgeschwindigkeit aus. Außerdem spielt das Alter nach wie vor eine zentrale Rolle, wobei sich in allen Altersklassen eine Steigerung der Befürworter im Vergleich zur letzten Befragung zeigt: Je älter die Befragten sind, umso eher plädieren sie für ein Geschwindigkeitslimit. Von den 18- bis 24-Jährigen fordern nur 37 Prozent (2016: 34 Prozent) ein Tempolimit, bei den über 54-Jährigen sind es 58 Prozent (2016: 54 Prozent).

Auch in Bezug auf die politische Orientierung zeigt sich ein klares Bild: Vor allem Wähler der Linken (74 Prozent, 2016: 62 Prozent) und der Grünen (67 Prozent, 2016: 61 Prozent) befürworten eine Geschwindigkeitsbegrenzung. Unter den FDP-Anhängern (46 Prozent, 2016: 37 Prozent) sowie den Wählern der AfD (39 Prozent, 2016: 40 Prozent, wegen geringer Fallzahl damals nicht repräsentativ) zeigen sich weitaus weniger Tempolimit-Anhänger. 

Sicherheit steht für Befürworter an oberster Stelle

Die Befragten sollten nicht nur angeben, ob sie für oder gegen ein Tempolimit sind, sondern auch die Gründe für ihren jeweiligen Standpunkt benennen. Bei den Befürwortern steht nach wie vor – und mit großem Abstand – der Sicherheitsaspekt mit 86 Prozent (2016: 88 Prozent) an oberster Stelle. Für etwas mehr als die Hälfte der Befragten (52 Prozent, 2016: 49 Prozent) spielen Umweltaspekte eine Rolle: Sie versprechen sich von einem Tempolimit einen geringeren CO2-Ausstoß. 47 Prozent (2016: 48 Prozent) erklären außerdem, dass sie sich von dem Tempolimit einen besseren Verkehrsfluss erwarten. Exakt diese drei Argumente bildeten – in ebendieser Reihenfolge – auch 2016 die Top 3 der Tempolimit-Befürworter. 

Favorit: 130 km/h

Die Befürworter eines Tempolimits wurden zudem gefragt, welche Geschwindigkeit sie als angemessen erachten. Mit Abstand am häufigsten genannt (45 Prozent, 2016: 40 Prozent): 130 km/h. Genau wie in der Umfrage vor drei Jahren plädiert knapp ein Viertel (23 Prozent) für eine geringere Maximalgeschwindigkeit von 120 km/h. 11 Prozent (2016: 14 Prozent) mögen’s dann doch etwas schneller und sind der Meinung, eine Beschränkung auf 140 km/h reiche aus.   

Tempolimit-Gegner: keine erhöhte Sicherheit

Und wie begründen die Tempolimit-Gegner ihre Meinung? 2016 gab es auf diese Frage von 64 Prozent der Umfrageteilnehmer eine recht banale Antwort: Sie wollen schneller ans Ziel kommen! Dieses Argument wurde in diesem Jahr nur noch von 53 Prozent der Befragten bejaht. 2019 spielt für den Großteil der Tempolimit-Verweigerer (54 Prozent) die größte Rolle, dass eine Reglementierung auch keine erhöhte Sicherheit bringe, da die Unfallrate ihrer Ansicht nach dadurch nicht sinken würde. 

In beiden Studien unverändert auf dem dritten Platz rangiert das Argument, dass die Autofahrer nicht noch mehr vom Staat bevormundet werden möchten (51 Prozent, 2016: 50 Prozent). 44 Prozent der Befragten sind außerdem der Ansicht, dass das Ausmaß, in dem durch ein Tempolimit CO2 eingespart werden könne, zu gering sei. Ein Tempolimit sei für sie somit ökologisch wertlos. 2016 vertrat nur jeder Dritte Tempolimit-Gegner diese Ansicht (33 Prozent). 

Wie auch immer die aktuelle Diskussion ausgeht – ob es neue Regeln geben oder Deutschland das letzte „Bleifuß-Paradies“ bleiben wird: Die Zustimmung in der Bevölkerung für ein allgemeines Tempolimit wächst. 

Zur Umfrage: Alle Daten, soweit nicht anders angegeben, sind von der YouGov Deutschland AG bereitgestellt. Die Daten der ersten Studie wurden zwischen dem 19.08. und dem 22.08.2016 erhoben und es nahmen 2.051 Personen an der Umfrage teil. An der aktuellen Befragung zwischen dem 08.04. und dem 10.04.2019 nahmen 2.062 Personen teil.

 

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Diskutieren Sie mit!     

  1. Wolfgang Bogner am 17.04.2019
    Leider sind es genau solche Darstellungen, die aus Marktforschersicht äußerst fragwürdig sind. Interessant wäre vor allem, wie es Nutzer und Nichtnutzer von Autobahnen sehen, oder Personen mit und ohne Führerschein.
  2. Gerhard Graf am 17.04.2019
    Da YouGov ausschließlich Online-Access-Panelmitglieder befragt, ergibt sich hier doch ein schön konkretes juristisches Betätigungsfeld für die Frage, ob diese Ergebnisse überhaupt repräsentativ sind - was ich prinzipiell bezweifle.
  3. Dr. Ottmar Franzen am 17.04.2019
    Ich kann Herrn Bogner nur zustimmen. Warum werden die Ergebnisaufbrüche für Führerscheinbesitzer, Berufskfraftfahrer oder Autobahnnutzer nicht gezeigt? Weil sie nicht ins gängige Meinungsbild passen? Auch der Auftraggeber der Studie dürfte ein klares Interesse haben.
  4. Klaus Thielsch am 17.10.2019
    So eine Umfrage ohne Veröffentlichung der Anzahl der Befragten nach Führerscheininhabern und Nutzern der Autobahnen, sind reine zielgerichtete Volksverdummung und sind ganz klar interessengesteuert vom Auftraggeber der Studie (Roland Rechsschutz Versicherung).
    Heute hat eine Abstimmung im Bundestag die 130 km/h als Höchstgeschwindigkeit verhindert. Danke
    Man (oder Frau) muß ja nicht schneller fahren!
  5. Martina Theuerjahr am 09.11.2019
    Wegen mir könnte jeder so schnell fahren wie er will. Ich sehe jedoch nicht ein, weshalb alle anderen (dazu zählen übrigens auch Beifahrer) dieses Risiko mittragen sollen. Eine zivile Gesellschaft lebt davon, Risiken für alle auf ein vernünftiges Maß zu minimieren. Ein Unfall bei 120 km/h ist ein grauenhaftes Ereignis, aber wegen der überschaubaren Differenzgeschwindigkeit zu Hindernissen wie Lastwagen besteht noch eine reelle Überlebenschance. Die vierfache kinetische Energie (mv²/2) bei 240 km/h hinterlässt hingegen nur ein blutiges Knäuel aus Blech und grotesk gebrochenen Knochen. Der "Freiheitsspaß" vernichtet bei kleinsten Fehlern in Zehntelsekunden Leben und Wohlbefinden von Unschuldigen und Tätern. In Absurdistan mag das goutiert werden, in Deutschland ist die ungezügelte Raserei jedoch genauso fehl am Platz wie im Rest der Welt.

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