Dr. Georg Wittmann "Kleine Handelsunternehmen werden durch ein hohes Maß an Handlungsunsicherheit ausgebremst"

marktforschung.de: Herr Dr. Wittmann, am 1. Juli 2019 ging das "Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Handel" in Regensburg an den Start. Ihr Institut ibi research ist Teil eines Verbunds, wie kam es zu diesem Zusammenschluss?
Dr. Georg Wittmann: Die Ausschreibung für das Projekt war von Seiten des BMWi im Juli 2018. Das neue Kompetenzzentrum fügt sich in ein bereits bestehendes Netzwerk aus Kompetenzzentren ein, die praxisnahe und mittelstandsgerechte Unterstützungsangebote offerieren. Kleine und mittlere Betriebe sollen bei der Digitalisierung unterstützt werden. Gerade der Handel erfährt aufgrund der Digitalisierung einen massiven Strukturwandel. Das Kompetenzzentrum Handel unterstützt mittelständische Händler bei dieser Herausforderung und macht sie fit für die Zukunft.
Ibi research war bereits Konsortialführer des Vorgängerprojekts Agentur Handel, an dem das IFH Köln ebenfalls beteiligt war. Während dieser Zeit konnte ein breiter Erfahrungsschatz gewonnen werden, der sich auf die Arbeit im Kompetenzzentrum übertragen lässt. Schon in der Agentur Handel legten Arbeiten offen, dass insbesondere kleine Handelsunternehmen weiterhin durch ein hohes Maß an Handlungsunsicherheit ausgebremst werden und Hilfestellung durch erfahrene und unabhängige Ansprechpartner benötigen. Die bereits bestehende Kooperation aus ibi research und dem IFH Köln wurde um den HDE und das EHI Retail Institut erweitert und damit Kompetenzen gebündelt: Zusammen greifen wir auf langjährige Handelsexpertise und Erfahrungswerte aus Umsetzungs- und Sensibilisierungsprojekten zurück. Ebenso verfügen wir über ein exzellentes Netzwerk (Behörden, Kammern, Unternehmen) und können dadurch die Zielgruppe sehr gut erreichen. Im Antragsprozess konnten wir uns dann (zusammen mit unseren Konsortialpartnern) gegen andere Bewerber durchsetzen.
marktforschung.de: Der Handel gerät weltweit immer mehr unter Druck, auch die deutschen Händler leiden seit Jahren, viele Betriebe haben dichtgemacht. Wenn Ihr Kompetenzentrum jetzt die Arbeit aufnimmt und dabei auch noch vom Bund gefördert wird, dann muss man sich schon fragen: warum erst jetzt?
Dr. Georg Wittmann: Initiativen gab und gibt es viele, die versuchen, dem Handel zu helfen. Verbände, Kammern, der Bund und auch die Länder machen hier schon sehr viel. Wie gerade schon erwähnt, gab es vor dem Kompetenzzentrum Handel schon die Agentur Handel, vorher die eBusiness Lotsen. Das Kompetenzzentrum Handel führt nun diese Bemühungen weiter bzw. erweitert bereits bestehende Angebote um zusätzliche Hilfestellungen. Das Kompetenzzentrum ist eine neue Initiative mit neuen Formaten und neuen Themen, schließlich ändern sich auch die Anforderungen sehr dynamisch. Hierauf können wir nun reagieren.
marktforschung.de: Viele Innenstädte veröden, die Leute kaufen zuhause ein. Ist der Handel Ihrer Meinung nach nur Opfer, oder hat er auch Dinge falsch gemacht? Oder sträflich vernachlässigt?
Dr. Georg Wittmann: Weder noch. Beides trifft ggf. in einer abgemilderten Form zu. Wie so oft haben die großen Unternehmen die Entwicklungen (Digitalisierung) angenommen. Kleine Betriebe hingegen tun sich schwer. In Vergleich zu anderen Industrien ist der Handel sehr kleinteilig strukturiert und häufig sind die Geschäfte inhabergeführt.
marktforschung.de: Was genau bietet das Kompetenzzentrum im Alltag an Service?
Dr. Georg Wittmann: Wir bieten ein breitgefächertes Serviceangebot, zugeschnitten auf die Bedürfnisse der Händler: Von Workshops über Vorträge und Einzelgespräche bis hin zu Leitfäden/Infomaterial, das Hilfe zur Selbsthilfe bietet. Zusätzlich ist das DigitalMobil Handel (DiMo) deutschlandweit auf Tour und macht Digitalisierung erlebbar. Außerdem stellen wir über Podcasts und Videos Inhalte zur Verfügung. Unsere Website befindet sich gerade im Aufbau, dort werden in Zukunft sämtliche Angebote präsentiert (http://kompetenzzentrumhandel.de/).
marktforschung.de: Es wird eine Hauptgeschäftsstelle in Regensburg geben, aber Filialen in Berlin, Köln und Langenfeld. Gibt es dort dann auch eine Vor-Ort-Beratung oder warum wurden diese Außenstellen eingerichtet?
Dr. Georg Wittmann: Die Hauptgeschäftsstelle befindet sich bei uns in Regensburg, das ist richtig. Die Angebote sind aber nicht auf Regensburg begrenzt. Es wird Veranstaltungen an allen Außenstellen geben, dort stehen auch stets Ansprechpartner zur Verfügung. Zusätzlich werden wir mit unserem Angebot deutschlandweit unterwegs sein.
marktforschung.de: Vielen Dank, Herr Dr. Wittmann, für das Gespräch. Wir wünschen dem neuen Kompetenzzentrum viel Erfolg!
Das Interview führte Tilman Strobel
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