Drastische Veränderungen bei Kantar Keine schöne Bescherung für Kantar-Mitarbeiter in Deutschland

"Realtime, besser, günstiger" sollte Kantar werden, kündigte der damalige CEO Eric Salama im Sommer 2019 an, als 60 Prozent der Kantar-Anteile von der WPP-Group an BAIN Capital verkauft wurden. Mittlerweile ist Eric Salama bei Kantar Geschichte und auch die Corona-Krise hat Kantar zugesetzt. So meldete Kantar erst Ende November deutliche Umsatzrückgänge nach einem zunächst starken Start in 2020. Grund genug für die Anteilseigner jetzt die Reißlinie zu ziehen.
Verkauf der Healthcare-Division an Cerner
Vergangene Woche trennte man sich zunächst von der Healthcare-Sparte. Diese wird voraussichtlich für 375 Mio. in bar an den amerikanischen IT-Dienstleister Cerner verkauft. Laut Experten ein Schnäppchen, war doch die Healthcare-Sparte sowohl profitabel als auch eines von nur zwei Feldern, in denen der Umsatz selbst im Corona-Jahr 2020 wuchs. Das Umsatz-Multiple dürfte ungefähr 1,15 betragen haben, was im Vergleich zu ähnlichen Transaktionen in der Vergangenheit tatsächlich günstig erscheint. Das könnte darin begründet sein, dass Cerner offensichtlich nicht an allen Teilen des bisherigen Healthcare-Geschäfts interessiert war.
Was nicht mehr passt, wird abgestoßen
Der Grund für den Verkauf der Healthcare-Division dürfte gewesen sein, dass der Bereich strategisch nicht mehr in das 2019 ausgerufene Konzept von "Realtime, besser, günstiger" passt. Die anspruchsvolle Pharmaforschung mit ihren hochkomplexen internationalen Projekten ist laut Experten so "anders" gewesen, dass sie trotz guter Zahlen nicht mehr recht der Vision vom Kantar der Zukunft zu entsprechen scheint.
Offen bleibt, wie schnell ein Käufer für die Public-Division, die in Deutschland in München angesiedelt ist, gefunden wird. Auch dieser Bereich, der auf hochkomplexe Sozialforschungsprojekte ausgerichtet ist, scheint zukünftig strategisch für das Unternehmen nicht mehr von Bedeutung zu sein.
Schließung des Standorts Bielefeld
Andererseits kann man sich kaum vorstellen, dass der Großteil des bisherigen Kantar-Healthcare-Geschäfts, das traditionell aus den Bereichen Klinische Begleitforschung, datenbasierte Dienste und Ad-hoc-Forschung besteht, komplett vom IT-Gesundheitsdienstleister Cerner weitergeführt werden wird. Da der Großteil der deutschen Ad-hoc-Forschung in Bielefeld angesiedelt ist, dürfte die Nachricht vom Verkauf an Cerner noch vor dem Versand der Kündigungsschreiben das finale Signal für die Mitarbeiter gewesen sein, sich für das nächste Jahr einen neuen Job zu suchen. Laut internen Kreisen wurde aber zumindest eine faire Linie bezüglich der Abfindungsregelungen ausgehandelt. Geschlossen wird neben dem Standort Bielefeld nun offensichtlich auch der Standort in Hamburg-Bahrenfeld.
/hg
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