Kein Gegensatz

Menno Smid, Robert Follmer (infas)

Von Menno Smid, Geschäftsführer, und Robert Follmer, Bereichsleiter Marktforschung, infas Institut für angewandte Sozialwissenschaft GmbH

„Eine Studie kann Mängel bei der Repräsentativität haben, wichtiger ist, dass sie relevant ist.“ Das ist eine immer öfter aufgestellte These in der Branche. Lieber also schiefe Stichproben, dafür aber erhellende Insights, so die Idee dahinter. Ist das ernsthaft der Weg in die Zukunft für die Marktforschung?

Dass überhaupt Repräsentativität und Relevanz gegeneinander ausgespielt werden, ist ein erhebliches Warnsignal. Denn das heißt einerseits, dass an die Relevanz bisheriger Studien nicht recht geglaubt wird. Andererseits, dass die Belastbarkeit, also Validität und Reliabilität, und nichts anderes sichert die Repräsentativität, nicht so wichtig ist. Letzteres ist aber nur dann der Fall, wenn Studien lediglich zur Entscheidungsabsicherung dienen oder nur Trends grob identifizieren sollen. Das kann Marktforschung, war und ist aber eigentlich nicht der Anspruch, mit dem sie angetreten ist. Die Branche wollte und will vielmehr eine verlässliche Grundlage für Unternehmensentscheidungen und Prozesssteuerungen liefern.

Doch ist nicht zu leugnen, dass trotz eines halben Jahrhunderts empirischer Forschung getestete Produkte regelmäßig floppen, überprüfte Werbekommunikation scheitert, ermittelte Innovationen erfolglos bleiben. Die kritische Frage nach der Relevanz der Marktforschung wird demnach durchaus zu Recht gestellt. Möglicherweise war das Versprechen, Produkterfolge in vielfach völlig übersättigten Märkten zu prognostizieren, zu ambitioniert. Auch die Bemühungen, die oft unberechenbaren Pfade von echten Innovationen per Marktforschung vorauszusehen, sind vermutlich oft zum Scheitern verurteilt. In Sachen Relevanz hat die Marktforschungsbranche durchaus noch Luft nach oben, und manchmal klingen die Ergebnisse aus Facebook-Beobachtungen einfach spannender.

Zweifellos muss die Marktforschung die richtigen Fragen stellen und sich auf Aufgaben beschränken, die sie auch leisten kann. Und jede „Absicherungsstudie“, jede überflüssige Frage im Interview, jede methodische Fragwürdigkeit schadet dem Ruf der Branche.

Mit der Relevanz aber die Repräsentativität in Frage zu stellen, ist jedoch töricht. Das eine schließt das andere nicht aus. Und die Anforderung, für jedes Mitglied der Grundgesamtheit die Wahrscheinlichkeit zu kennen, mit der es in die Stichprobe gelangt – das ist die Basis für Repräsentativität –, bleibt unverändert bestehen. Nur so können quantitative Daten gewichtet werden und nicht weniger wichtig: Nur so können systematische Fehler identifiziert werden. Denn wenn etwa durch einen technischen Fehler einfach ein Teil der Grundgesamtheit ausgelassen wurde, helfen – anders als laienhaft oft behauptet – auch keine großen Fallzahlen, um dies zu korrigieren.

Nicht repräsentative Erhebungsmethoden haben ihre Berechtigung innerhalb eines mehrstufigen Studiendesigns. Ab einem bestimmten Punkt, wenn es etwa darum geht, millionenschwere Budgetentscheidungen zu fällen, ist die Quantifizierung durch eine repräsentative Erhebung unabdingbar.

Nicht zu vergessen: Das Ziel der Repräsentativität ist ein Alleinstellungsmerkmal von professioneller empirischer Marktforschung. Damit grenzen sich Forschungsinstitute von DIY-Forschung ab und garantieren eine maximale Genauigkeit und Belastbarkeit. Auch wenn über Studieninhalte weiter gestritten werden mag und sollte, wird dies die Grundlage sein und bleiben, um bei Unternehmensentscheidungen ernst genommen zu werden.

 

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