Khaleeq Aziz, Symanto "Kaum jemand weiß, welche Motivationen, Gründe und Emotionen sich hinter Kaufentscheidungen verbergen"

Das noch recht junge Unternehmen Symanto hat sich auf Textanalysen fokussiert, bei denen Psychologie und Künstliche Intelligenz eine ganz große Rolle spielen. Symanto kann Texte in einer Art und Weise analysieren, die zusätzliche Insights ermöglicht. Wie das genau funktioniert und was Marktforscher oder beauftragende Unternehmen damit anfangen können, verriet uns Khaleeq Aziz, Gründer & CEO von Symanto, im Interview.

Khaleeq Aziz, Symanto

marktforschung.de: Herr Aziz, Sie haben das, was Ihre Firma im Bereich Textanalysen entwickelt hat und anbietet, auch auf der Research & Results gezeigt. Wie kamen Sie darauf, dass gerade die  Marktforschung Ihre Dienste brauchen könnte? 

Khaleeq Aziz: Um ganz ehrlich zu sein, kamen unsere Kunden auf uns zu und äußerten ihren Wunsch für solch eine Plattform. Seit der Gründung in 2010 haben wir uns darauf fokussiert, aus Texten die bestmöglichen Insights zu generieren. Dabei analysieren wir nicht nur Themen und Sentiment, können aber auch Emotionen und psychologische Aspekte des Verfassers analysieren. Bisher haben wir diese Analysemöglichkeiten nur im Rahmen von Marketing- oder Produkt Innovations-Projekten "als Paket" angeboten. Bis einige unserer Kunden danach fragten.

Die Herausforderung war uns klar - großes Volumen an Textdaten von verschiedensten Quellen – sei es von globalen Kundenbefragungen oder qualitative Interviews – in unterschiedlichen Sprachen, die entweder "rumliegen" oder in einer "weniger effizienten" Art und Weise, also manuell und inkonsistent, analysiert werden. Unsere Kunden teilten uns mit, dass sie aufgrund der fehlenden Technologie, häufig sogar auf offene Fragen verzichten, obwohl sie ganz genau wissen, dass sie die relevantesten Insights aus derartigen Fragen erfahren können. Deshalb haben wir unsere Technologie auch für Marktforscher als Service zur Verfügung gestellt. 

marktforschung.de: Wie kamen Sie auf die Idee, psychologische Fragestellungen bei der Analyse von Texten mit einzubeziehen? 

Khaleeq Aziz: Das hat tatsächlich mit meinem persönlichen Hintergrund zu tun (lacht). Ich bin forensischer Psychologe und habe früher als Psychopathen-Profiler gearbeitet. Meine Aufgabe war es, die Psychologie von Psychopathen besser zu verstehen. Mit normalen Befragungstechniken kamen wir nicht viel weiter, da Psychopathen hoch intelligent und manipulativ sind. Das heißt, sie wussten ganz genau, was sie antworten müssen – oder eben auch nicht. Da kamen wir auf die Methode, linguistische Stile - also z.B. wie häufig nutzt jemand ein ICH-Wort im Satz, wie wird der Satz strukturiert, etc. - mit psychologischen Attributen zu korrelieren. Und das hat geklappt! Anhand des Sprach- oder Textstils kann man sehr gut erkennen, ob jemand ein eher emotionaler oder rationaler Mensch ist. Oder auch ob jemand ego- oder sozial getrieben ist. Diese Kenntnisse haben wir dann an die Konsumenten-Sprache angepasst und somit die ersten Algorithmen für Konsumenten-Profiling anhand von Textdaten entwickelt. 

marktforschung.de: Sie versprechen den Unternehmen ja Hilfe beim Verstehen der Kunden. Meinen Sie, dass viele Unternehmen im Dunkeln tappen, was das Empfinden ihrer Kunden betrifft? Besteht an der Stelle Nachholbedarf? 

Khaleeq Aziz: Jedes Unternehmen weiß, wie viel Prozent ihrer Kunden männlich oder weiblich sind. Jeder weiß, was Kunden gekauft haben und was sie sonst noch tun. Aber kaum jemand weiß, welche Motivationen, Gründe und Emotionen sich hinter den täglichen Entscheidungen verbergen. Ein Kunde kam einmal zu uns und meinte, dass jede Analyse, jede Marktforschung ihnen sagt, dass sich alle Konsumenten "natürliche Pflegeprodukte" wünschen. Jedoch konnte ihm keine Analyse sagen, wieso das so ist. Durch unsere psycholinguistische Analyse konnten wir herausfinden, dass Konsumenten ganz unterschiedliche Motivationen für die Nutzung von "natürlichen" Pflegeprodukten haben. Ein Zielgruppensegment konsumiert natürliche Produkte, um mit dem Trend mitzuhalten. Also eher um ein Teil der sozialen Gesellschaft zu sein. Während ein anderes Segment eher aus einem ego-getriebenen Grund natürliche Pflegeprodukte konsumiert: "Es ist MEIN Körper. Und ICH möchte nur Gutes an MEINEM Körper." Diese Erkenntnisse haben wir dann mit Themen, Sentiment und Emotionen angereichert. Unser Kunde hat darauf basierend 2 komplett neue Marken im natürlichen Pflegeprodukt-Bereich gelauncht, die genau auf die Persönlichkeitsmerkmale und Motivationen der Zielgruppensegmente zugeschnitten sind.

marktforschung.de: Bei Symanto sind 70 Menschen aus 30 Nationen beschäftigt. Wie konnten Sie die alle ins beschauliche Nürnberg locken? Und warum so international? Gab es hierzulande nicht genügend Fachkräfte?

Khaleeq Aziz: Nürnberg ist tatsächlich nicht die berühmteste Stadt für Startups oder auch für Künstliche Intelligenz. Dennoch haben wir das Glück, dass wir kontinuierlich Bewerbungen von talentierten Fachkräften aus aller Welt erhalten. Durch die Spezialisierung auf KI basierter Textanalyse haben wir uns einen guten Ruf in der Wissenschaft erarbeitet. Dann noch die Kombination von KI und Psychologie ist ein weiterer, sehr spezieller Grund, warum unsere Leute zu Symanto kommen. Die Fachkräfte, die zu uns kommen, wollen an einem Frontier in diesem Bereich arbeiten und wollen auch wissen, was letztendlich aus der Entwicklung gemacht wird. Die Transparenz der Anwendungsfelder unserer KI ist für unsere Mitarbeiter auch ein wichtiger Aspekt. Und warum so international? Diversität und gleichberechtige Chancen für alle talentierte Menschen auf der Welt. Egal, woher sie kommen oder wie alt sie sind. Das ist für uns, bei Symanto sehr wichtig. Wir hatten keine absichtliche Intention so international zu rekrutieren. Wir haben unsere Türen offengehalten und es hat sich einfach so ergeben. 

marktforschung.de: Vielen Dank, Herr Aziz, für das Gespräch! 

Hier geht es zur Anmeldung zum Webinar am 10.12.2019 bzw. zur Aufzeichnung.

Das Interview führte Tilman Strobel

 

Diskutieren Sie mit!     

Noch keine Kommentare zu diesem Artikel. Machen Sie gerne den Anfang!

Um unsere Kommentarfunktion nutzen zu können müssen Sie sich anmelden.

Anmelden

Weitere Highlights auf marktforschung.de