Kantar steigert 2022 seinen Umsatz um fünf Prozent – oder doch nicht?

Weiterhin wird beim Marktforschungsunternehmen Kantar an der eigenen Zukunft gearbeitet. Ein Plus von fünf Prozent beim Umsatz wird für 2022 erwirtschaftet, zumindest nominell – die Corona-Pandemie ist weiterhin deutlich nicht aufgearbeitet.

Kantar, das seinen Hauptsitz in München hat, präsentierte seine Umsatzzahlen. (Bild: picture alliance/dpa | Peter Kneffel)

Es ist ja immer schon verwunderlich, wenn ein Unternehmen bei der Vorstellung seiner Zahlen je nach Laune die Berechnungsgrundlage ändert. Wurden nämlich die Umsatzzahlen für 2021 noch auf Basis konstanter Währungswechselkurse ganz vorne präsentiert, stellt Kantar dieses Jahr die nackten Zahlen in den Fokus. Und der vergleichende Blick lohnt sich: Nach den „neuen“ Zahlen erwirtschaftete das Marktforschungsunternehmen 2022 etwa 3,688 Milliarden US-Dollar und 2021 etwa 3,5 Milliarden US-Dollar – und somit ein gutes Plus von 5 Prozent.

Betrachtet man aber den um die Währungen bereinigten Betrag aus dem letzten Jahr  sind es 2021 dann 3,683 Milliarden US-Dollar gewesen. Auf Seite 28 der Investorenpräsentation (https://www.kantar.com/-/media/project/kantar/global/articles/27032023-lender-deck-q4-2022.pdf) wird dann sehr deutlich, warum Kantar hier lieber mal switcht. Hier wird dann auch für 2022 der Umsatz auf Basis konstanter Wechselkurse ausgewiesen. Und – welch’ eine Überraschung – hier sieht das Bild alles andere als positiv aus.

Nur noch 3,5 Milliarden US-Dollar sind es für 2022; de fakto also eine deutliche Verschlechterung.

Denn ist ja durchaus gut, Umsätze auf Basis konstanter Währungskurse – manche Unternehmen bereinigen zusätzlich noch um die Zu- und Verkäufe, weisen also ein organisches Wachstum aus – auszuweisen, wenn man ohnehin nicht vorhat, Teile des Unternehmens zu verkaufen. Der Wechsel der Berechnungsgrundlage sorgt hier für Verwirrung und ist kein Zeichen von hoher Transparenz.

Aber ein deutlicher Rückgang sieht dann natürlich in einer Investorenpräsentation nicht gerade gut aus. Zumal Kantar damit auch weiterhin deutlich unter den Vor-Corona-Ergebnissen von 2019 liegt. Damals erwirtschaftete Kantar 3,878 Milliarden US-Dollar, auf Basis konstanter Währungskurse. Andere Wettbewerber sind in der Aufarbeitung der Corona-Pandemie schon deutlich weiter.

Jetzt ist ein Schrumpfen ja auch nicht per sé etwas Negatives.

Zur Erinnerung: Nicht umsonst wurde Kantar Ende 2020 zu großen Teilen vom Investor Bain Capital übernommen, und zwar zu 60 Prozent. Der vorherige Eigentümer WPP hält nur noch 40 Prozent. Es muss eben offensichtlich viel aufgearbeitet werden. Business-as-usal gibt es bei Kantar demnach noch nicht.

Steigerung des unbereinigten Umsatzes

In Anbetracht der neuen Datenlage stellen sich eigentlich fast alle Unternehmensbereiche von Kantar positiv dar. So verzeichnet der nicht-bereinigte Umsatz im Geschäftsfeld „Insights“ einen Zuwachs auf 2,055 Milliarden US-Dollar (Vorjahr: 1,971 Milliarden US-Dollar). „Profiles“ liegt nun bei 346 Millionen US-Dollar (Vorjahr: 320 Millionen US-Dollar), „Kantar Media“ bei 537 Millionen US-Dollar (Vorjahr: 505 Millionen US-Dollar), „Worldpanel“ bei 384 Millionen US-Dollar (Vorjahr: 359 Millionen US-Dollar) und „Numerator“ bei 238 Millionen US-Dollar (Vorjahr: 197 Millionen US-Dollar).

Ausschließlich der Bereich „Public“ lässt auf Basis der nicht-bereinigten Zahlen Federn, stellt sich 2022 nämlich mit 128 Millionen US-Dollar (Vorjahr: 148 Millionen US-Dollar) auf.

Ukraine-Krieg und Lockdown in China sorgen für schlechtere Umsätze

Negativ für die Zahlen 2022 wirkt sich der Covid-Lockdown in China auf. Auch der Krieg in der Ukraine schwächt das Ergebnis in der Region EMEA, also dem Wirtschaftsraum Europa, Naher Osten und Afrika. Hingegen performen Amerika und die Region APAC – also der Wirtschaftsraum Asien-Pazifik – deutlich besser.

„Continental Europe“ verbucht demnach 2022 931 Millionen US-Dollar (Vorjahr: 917 Millionen US-Dollar), „UK“ sank auf etwa 566 Millionen US-Dollar (Vorjahr: 585 Millionen US-Dollar) und „North-America“ steigerte sich auf 964 Millionen US-Dollar (Vorjahr: 882 Millionen US-Dollar).

„Asia Pacific“ wuchs auf 770 Millionen US-Dollar (Vorjahr: 708 Millionen US-Dollar). Auch die Region „Latin America“ legte auf 315 Millionen US-Dollar (Vorjahr:  273 Millionen US-Dollar) zu. Und die Region „Middle East & Africa“ steigerte den Umsatz auf 142 Millionen US-Dollar (Vorjahr: 135 Millionen US-Dollar).

Kantar spricht von einer robusten Performance

Zumindest ist Kantar nicht bange vor der Zukunft:

Man erwartet ein geringeres Umsatzwachstum angesichts eines makroökonomischen Gegenwinds in 2023, sieht die eigene Perfomance im Jahr 2022 aber operational, finanziell und strategisch als robust an. Die Kostenreduktionsprogramme seien im Plan, die Investition in die technische Transformation halte an. Die Liquidität sei auch weiterhin stark.

Kantar ist nicht an der Börse gelistet, weshalb das Unternehmen auch keine Aktionäre und Märkte überzeugen muss. Das Unternehmen stellt seine Zahlen regelmäßig zur Verfügung.

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Über die Person

Jörg Stroisch arbeitet seit 2002 als freier Finanzjournalist für unterschiedliche Themen und Medien. Als Diplom-Sozialwissenschaftler hat er von seiner Ausbildung her einen engen Bezug zu Marktforschung, Statistik und Methodenlehre. Auch Themen rund um die Digitalisierung und das Projektmanagement (insbesondere agile Methoden) stehen bei ihm im Fokus.

Weitere Informationen zum Unternehmen auf marktforschung.de:

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