Neun-Monats-Bilanz Kantar Kantar ermittelt 5 Prozent Wachstum

Die Neun-Monats-Bilanz fällt beim Marktforschungsunternehmen Kantar aus eigener Ansicht positiv aus: Um 5 Prozent soll der Umsatz im Vergleich zum Vorjahr gewachsen sein. Leider zeigt der genauere Blick auf die Zahlen kein so eindeutiges Bild.

Auch bei einer Ultraschall-Untersuchung sind die Bilder oft nicht ganz eindeutig zu erkennen. So zeichnen auch die 9-Monatszahlen von Kantar ein etwas verschwommenes Bild (picture alliance / Daniel Karmann/dpa | Daniel Karmann).

Zunächst: Die Zahlenbasis ist nicht stabil. Noch für die ersten neun Monate 2021 wies Kantar damals einen Umsatz von 2,681 Milliarden US-Dollar aus (marktforschung.de berichtete). Nun sind es laut aktueller Investorenpräsentation nur noch 2,599 Milliarden US-Dollar „Cross Revenue“, worunter Kantar den Umsatz zusammenfasst und auch die Geschäfte der Divisionen untereinander verrechnet. Zusätzlich wird die Zahl auf Basis konstanter Währungen betrachtet und es werden diverse weitere Einschränkungen vorgenommen.

Jedenfalls: Auch der auf Seite 12 der Präsentation aufgeführte Umsatz - „Revenue“ - weicht deutlich von diesen Zahlen ab, er wird für 2021 mit  2,412 Milliarden US-Dollar angegeben.

Natürlich ist Kantar als nicht börsennotiertes Unternehmen hier sehr viel freier in der Gestaltung der Zahlen.

Um nun bei der offiziellen Erfolgsmeldung zu bleiben - die sicherlich auch ein Stück weit Berechtigung hat, denn sie zeigt einfach die „natürliche“ Entwicklung des Geschäfts ohne störende Effekte wie etwa Währungsschwankungen auf, so stieg diese Kennziffer um 5 Prozent auf nun 2,736 Milliarden US-Dollar (Vorjahreszeitraum: 2,599 Milliarden US-Dollar).

Betrachtet man den reinen Umsatz (Seite 12), dann stellt sich die Lage völlig anders dar: Demnach lag der Umsatz in den ersten neun Monaten 2022 bei 2,300 Milliarden US-Dollar - nach 2,412 Milliarden US-Dollar im gleichen Zeitraum 2021. Wie stark der Rückgang ist: Das muss der interessierte Betrachter dann selbst ausrechnen. Es ist ein Rückgang von etwa 4,6 Prozent. Chris Jansen, Chef von Kantar, jedenfalls beschreibt die Ergebnisse als ein „gutes Resultat vor dem Hintergrund einer steigenden Komplexität des Marktes“.

„Public“ sinkt ab, alle anderen Geschäftsbereiche steigen

Mit der dargestellten Zahlenbasis im Hinterkopf steigern sich die Umsätze in fast allen Divisionen des Unternehmens in den ersten neun Monaten 2022. „Insights“ steigt um etwa 4 Prozent auf nun 1,508 Milliarden US-Dollar (Vorjahreszeitraum: 1,448 Milliarden US-Dollar), es ist mit Abstand der wichtigste Bereich bei Kantar.

Unbereinigt beträgt der Umsatz hier (laut Seite 17 der Präsentation) etwa 1,313 Milliarden US-Dollar (Vorjahreszeitraum: etwa 1,365 Milliarden US-Dollar).

Es folgen „Media“ mit nun 398 Millionen US-Dollar (+ 6 Prozent; Vorjahreszeitraum: etwa 375 Millionen US-Dollar), „Worldpanel“ mit etwa 280 Millionen US-Dollar (+ 7 Prozent; Vorjahreszeitraum: etwa 261 Millionen US-Dollar), „Profiles“ mit etwa 247 Millionen US-Dollar (+ 10 Prozent; Vorjahreszeitraum: etwa 225 Millionen US-Dollar) und „Numerator“ mit etwa 175 Millionen US-Dollar (+ 22 Prozent; Vorjahreszeitraum: etwa 143 Millionen US-Dollar).

Einzig der Bereich „Public“ - eben auf der genannten Zahlenbasis - verliert in dieser Rechnung um 13 Prozent auf nun etwa 129 Millionen US-Dollar (Vorjahreszeitraum: etwa 147 Millionen US-Dollar).

Beim Blick auf die unbereinigten Umsätze zeigt sich aber, dass die Bereiche „Profiles“ (92,4 Millionen US-Dollar; Vorjahreszeitraum: 78,2 Millionen US-Dollar) und „Numerator“ (etwa 175 Millionen US-Dollar; Vorjahreszeitraum: 52 Millionen US-Dollar) zulegen konnten. Alle anderen Geschäftsdivisionen verloren real.

Besonders deutlich verliert Kontinentaleuropa

Die Zahlen für die einzelnen Regionen weist die Kantar-Präsentation nun auf Grundlage realer Umsätze - also unbereinigt - aus. Und hier zeigt sich gerade in den Regionen „Continental Europe“ und „United Kingdom“ ein wirklich deutlicher Rückgang. Demnach wurden in „Continental Europe“ nun noch in etwa 565 Millionen US-Dollar (Vorjahreszeitraum: etwa 731 Millionen US-Dollar) und in „United Kingdom“ etwa 347 Millionen US-Dollar (Vorjahreszeitraum: etwa 435 Millionen US-Dollar) umgesetzt.

Das Marktsegment „North America“ überholte somit in seinem Umsatz „Continental Europe“. Hier wurden in den ersten neun Monaten des Jahres 2022 etwa 636 Millionen US-Dollar (Vorjahreszeitraum: etwa 508 Millionen US-Dollar) eingenommen.

Auch „Latin America“ steigerte sich deutlich auf nun 206 Millionen US-Dollar (Vorjahreszeitraum: etwa 185 Millionen US-Dollar). „Middle East and Africa“ nahmen leicht zu (etwa 89 Millionen US-Dollar, Vorjahreszeitraum: etwa 86 Millionen US-Dollar) und „Asia-Pacific“ verloren etwas (etwa 459 Millionen US-Dollar; Vorjahreszeitraum: etwa 468 Millionen US-Dollar).

Kantar ist nicht an der Börse gelistet, sondern wurde in großen Teilen vom Investor Bain Capital von der Werbeholding WPP übernommen. Das Unternehmen stellt seine Zahlen regelmäßig zur Verfügung.

 

Über die Person

Jörg Stroisch arbeitet seit 2002 als freier Finanzjournalist für unterschiedliche Themen und Medien. Als Diplom-Sozialwissenschaftler hat er von seiner Ausbildung her einen engen Bezug zu Marktforschung, Statistik und Methodenlehre. Auch Themen rund um die Digitalisierung und das Projektmanagement (insbesondere agile Methoden) stehen bei ihm im Fokus.

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