Interview zum WdM Web-Seminar mit Moritz Neuhaus, Insight Consulting "Jeder kennt Apple, jeder kennt das iPhone, aber jeder kennt in der Regel auch Steve Jobs"

Ergänzen Sie: Personal Branding auf LinkedIn ist ...
Moritz Neuhaus: ...im B2B-Umfeld das wichtigste Marktforschungsinstrument, was es gerade gibt.
Warum ist es für Unternehmen wichtig, dass Ihre Führungskräfte Personenmarken und eine Social-Media-Präsenz etablieren? Warum gewinnt das Thema zunehmend an Relevanz?
Moritz Neuhaus: Wir wissen, dass das Thema Personal Branding nicht neu ist. Dass es das ehrlicherweise bereizs seit Jahrtausenden gibt. Dass früher unsere persönliche Reputation entschieden hat, ob wir Teil einer Gruppe sind oder ausgestoßen werden – was zur damaligen Zeit den Tod bedeutet hätte. Heute wird glücklicherweise keiner mehr ausgestoßen und kann sich ohne die Meinung der anderen am Leben halten. Aber wir sehen, dass eine Professionalisierung stattfindet. Ausgehend von der Grundtendenz in den USA mit Mitte der 50er, 60er Jahre entstand ein Hype um Politiker wie John F. Kennedy oder um Entertainmentstars wie Elvis. John F. Kennedy war so eine charismatische Person, der hätte genauso gut Unternehmer sein können. Das heißt ursprünglich kommt das Thema aus der Politik, aus dem Entertainment und aus der Sportindustrie. Speziell in den Neunzigern, wo zum Beispiel Micheal Jordan seine Marke aufgebaut hat, ist das Thema gewachsen und dann immer stärker auch nach Europa gewandert – erst im B2C-Umfeld und jetzt auch immer mehr im B2B-Umfeld. Immer mehr Menschen verbringen Zeit auf den Social-Media-Plattformen, um die Fragen zu beantworten. Millionen von Menschen richten ihre Aufmerksamkeit täglich auf diese Plattformen und deswegen ist es für Unternehmen wichtig, nicht nur die Corporate Brand oder Product Brand, sondern auch Personal Brand nach außen zu tragen. Denn jeder kennt Apple, jeder kennt das iPhone, aber jeder kennt in der Regel auch Steve Jobs.
Mit welchen Herausforderungen sehen sich C-Levels hinsichtlich ihrer Selbstvermarktung konfrontiert?
Moritz Neuhaus: Diese Menschen haben in der Regel weder Zeit für das Thema noch die richtigen Prozesse. Es fehlt ihnen oft das Know-how, Personal-Brand-Content zu generieren, also auf die richtige Art und Weise über sich zu reden. Das heißt, dass es entweder zu selbstdarstellerisch wirkt oder eben gar kein Personal-Brand-Content ist. Es herrscht eine große Unsicherheit darüber, wie man sich präsentieren sollte. Viele haben Sorge, dass sie jetzt anfangen müssen, die Bilder ihrer Ehepartner zu posten oder ihr Essen mehrmals am Tag zu fotografieren. Es sind die banalsten Dinge, die uns da manchmal als Herausforderungen begegnen, aber es fehlt vor allem an Zeit und Know-how für das Thema.
Gibt es da einen Unterschied zu (Führungs-)Kräften, die noch nicht so weit nach oben auf der Karriereleiter geklettert sind?
Es hat ganz viel mit dem Unternehmen zu tun. Es gibt schon große Unterschiede zwischen inhabergeführten C-Levels und angestellten C-Levels. Bei einem angestellten CEO bzw., wann immer es um ein Angestelltenverhältnis geht, gibt es viel größere Einschränkungen – auch dann im Middle Management. Ich muss da viel vorsichtiger, dezenter sein und viel stärker rechtfertigen, warum das Unternehmen etwas davon hat, wenn über mich gesprochen wird. Oder wenn ich meine Person nutze, um über das Unternehmen zu sprechen. Diese Freiheiten müssen sich dort viel stärker erkämpft oder auch definiert werden.
Was begeistert Sie an dem Thema? Selbstvermarktung wird in Teilen der Gesellschaft ja sehr kritisch betrachtet.
Moritz Neuhaus: Ja, ich glaube das ist definitiv so. Ich finde das Thema einfach sehr spannend, weil ich sehe, dass der Rest der Welt da sehr weit voraus ist und es dort bereits viel natürlicher gesehen wird. Die Amerikaner, wieder als Beispiel, haben einen viel größeren Binnenmarkt und bei einer Population von 300 Millionen Menschen – noch dazu englischsprachig – geht es einfach gar nicht anders als sich selbst zu vermarkten und zu lernen, über sich zu sprechen, um Geld zu verdienen. In Deutschland – nahezu im Rest der Welt – tut man sich viel schwerer mit dem Thema der Selbstvermarktung. Und diese Disziplin jetzt auf eine professionelle Art und Weise in der Unternehmenswelt – im B2B-Bereich, bei Service Providern, in Consulting-Häusern, aber auch Tech-Firmen – zu etablieren und sie dabei zu unterstützen, den Skill zu lernen sowie dafür zu sorgen, dass sie ihr Unternehmen in den nächsten Jahren massiv entwickeln können, begeistert mich. Gerade weil Personal Branding hier noch ganz am Anfang steht. Und genau deswegen sehe ich auch darüber hinweg, dass Selbstvermarktung in Teilen der Gesellschaft kritisch betrachtet wird. Jedes Thema hat auch immer eine Gegenseite, das ist völlig normal. Jeder Trend hat einen Gegentrend. Wenn wir das mal beim Thema Ernährung betrachten: Es gibt Menschen, die sind für Fleisch und Menschen, die sind gegen Fleisch. Und es kommt immer auf die Perspektive an, wer nun Recht hat. Es gibt keine letztliche Wahrheit. Das war jetzt fast ein bisschen philosophisch :-)
Gibt es eine/n Pionier*in in Sachen Personal Branding?
Moritz Neuhaus: Kommt natürlich immer auf die Disziplin an. Wie bereits erwähnt, Politiker, Entertainmentstars und Sportstars waren irgendwo Pioniere. Im B2B-Umfeld, also was das Unternehmertum konkret angeht, ist es dann definitiv ein Elon Musk, ein Bill Gates, ein Richard Branson, die da sehr stark und sehr strategisch über Jahrzehnte vorangegangen sind.
Gibt es die eine „goldene Regel“, einen zentralen Knackpunkt in Sachen Personal Branding?
Moritz Neuhaus: Da gibt es jetzt unzählige Sachen, die ich aufzählen könnte. Es gibt nicht die eine, sondern ganz viele kleine Gegebenheiten. Es ist ein bisschen wie bei einer Sportart. Ich kann nicht sagen, was der „goldene Move“beim Fußball ist bzw., was die eine Sache ist, die ich beim Personal Branding immer machen muss. Es gibt nichts, was so gut ist, dass ich es immer machen muss und es gibt nichts, was so verkehrt ist, dass ich es nie machen darf.
Privates zu teilen, kostet viele Menschen Überwindung. Wie viel Privates geben Sie in Ihren Kanälen preis?
Moritz Neuhaus: Nur weil man viel postet, bedeutet das nicht, dass man über mich privat viel weiß. Es gibt einen kleinen Unterschied zwischen „privat“ und „persönlich“. Ich teile zum Beispiel sehr viel Persönliches: Ich teile meine Meinung und was ich in der Vergangenheit erlebt habe, sehr oft. Das hat aber nichts mit meinem Privatleben zu tun. Es weiß im Normalfall niemand, wie ich meine Zeit am Wochenende verbringe oder über all meine Hobbys Bescheid. Und das ist auch in Ordnung. Zu uns kommen auch Kunden, die CEO einer fünfzehnhundert-Mann-Unternehmung sind und ein professionelles Brand aufbauen möchten, aber nicht, dass die Leute wissen, dass sie tätowiert sind, Kampfsport machen oder eine Familie haben. Deswegen gilt es immer zu definieren, was ich preisgeben will und auch warum. Und alles, was preisgegeben wird, muss sich a) gut anfühlen und b) auch auf das Ziel des Unternehmens einzahlen. Und je mehr Persönliches und Privates ich bereit bin zu teilen, desto einfacher ist es in der Regel zu diesen Punkten ins Gespräch zu kommen.
Was werden die Teilnehmenden Neues bei Ihrem Event lernen?
Moritz Neuhaus: Ich merke immer wieder, dass es eine neue Disziplin ist, in der noch häufig, Basisfragen gestellt werden. „Warum ist LinkedIn wichtiger als Xing?“, „Was bringt es meinem Unternehmen?“, „Wie messe ich den Erfolg?“. In fünf bis zehn Jahren werden die Menschen diese Fragen nicht mehr stellen. Es kommt auch niemand und fragt, was er davon hat, eine Homepage zu haben. Das, was wir bei LinkedIn gerade im B2B-Umfeld erleben, ist eigentlich das, was wir bei einer Homepage vor 20 Jahren erlebt haben. Dass Unternehmen gesagt haben, „ne, wir brauchen das nicht“ und sich Homepages immer mehr etabliert haben – so wird es auch bei diesem Thema sein. In ein paar Jahren kann es sich kein Unternehmen mehr leisten, nicht mehr präsent zu sein.
Wer sollte Ihr Event auf keinen Fall verpassen?
Moritz Neuhaus: Ich denke, dass Consulting-Partner dafür sehr prädestiniert sind. Eigentlich alle, die im B2B-, Service- und Tech-Bereich unterwegs sind. Das müssen nicht immer nur die C-Levels und CEOs sein, das können auch Vertriebsleiter und Vertriebsmitarbeiter sein. Jeder, der das Gefühl hat, dass es ihm wichtig ist, was Menschen über ihn denken. Der infach lernen möchte, wie man auf LinkedIn für das eigene Unternehmen einen Return erzielt – also nicht der reinen Selbstdarstellung wegen, sondern um für das Unternehmen einen Wert zu schaffen. Das ist möglich, wir sehen es jeden Tag bei uns und bei unseren Kunden.
Über den Interviewpartner

Kommentare (0)
Noch keine Kommentare zu diesem Artikel. Machen Sie gerne den Anfang!
Um unsere Kommentarfunktion nutzen zu können müssen Sie sich anmelden.
Anmelden