Was sonst noch war Ipsos Mori, falsche Wahlforschung, neuronale Netze

In unserer Kolumne "Was sonst noch war" wollen wir Ihnen ans Herz legen, was die anderen schreiben. Denn manches gerät aus dem Blick – wir fangen es wieder ein mit unserer Presseschau.

Gefühle statt Fakten: Die "Zeit" nimmt sich in dieser Woche eine Studie von Ipsos Mori zur Brust, die bereits in den vergangenen Monaten ein großes Echo gefunden hatte. Die Studie legt offen, wie weit Wahrnehmung und Realität bei Themen wie Migration oder Vermögensverteilung auseinander liegen. Autor Lenz Jacobsen geht detailliert auf die Erkenntnisse ein und sieht eine aktuelle politische Dimension: "Vielleicht ist das politisch aufschlussreichste an den Statistiken von Ipsos Mori deshalb nicht, dass menschliche Wahrnehmung überhaupt von Statistik abweicht, sondern bei welchen Themen sie in welche Richtung abweicht."

Rückblick auf die Wahlprognosen 

Die Zunft der Meinungsforscher steht nach der Wahl von Donald Trump zum nächsten US-Präsidenten am Pranger. In einer Rückschau zeichnet die "New York Times" die Gründe für die falschen Prognosen nach: "Should we have given Mr. Trump higher odds of winning? It’s possible. The history of polling errors did not suggest so, but that history now has one more election with several consequential misses." Eine Grafik zeigt zudem, wie stark die Prognosen vom tatsächlichen Ergebnis abgewichen sind.

Über die Rolle von Schätzfehlern 

In einer ersten Reaktion auf die Wahl gibt Peter Matuschek von Forsa Einblick in die Sichtweise der Meinungsforscher. Matuschek tritt in einem YouTube-Video des Magazins "Correctiv" auf und geht insbesondere auf die Risiken des Schätzfehlers ein: "Selbst wenn Clinton in einer Umfrage vier bis fünf Prozentpunkte vorn liegt, handelt es sich eigentlich um einen Gleichstand."  

Was ist wirklich messbar?

Dirk Ziems (concept m) nutzt die Gelegenheit, um ganz allgemein den Messbarkeitsfetisch unserer Branche zu kritisieren. Ziems erinnert in der "Absatzwirtschaft" an die Datenmythen, die Trumps Sieg wie eine Überraschung aussehen lassen: "Wahlentscheider (das gilt auch für Kaufentscheider) bewegen sich in dynamischen Spannungsfeldern. Ein unbewusstes psychologisches Kräftespiel bestimmt darüber, ob sie zur Wahl [...] gehen oder nicht, und ob sie den einen oder den anderen Kandidaten als kleineres Übel ansehen, und ob sie sich ehrlich zu ihren Einstellungen äußern oder sozial erwünschte Statements abgeben."

Was sollte die Branche besser ändern?

Erling Eriksen (Norstat) hingegen richtet einen Appell an die Branche, wieder mehr auf die eigene Kommunikation zu achten. Wer reißerisch die große Erkenntnis in verdaulichen Häppchen verspreche, schade der Branche: "Therefore, we would like to call for more solid research and a more critical communication of insights. As long as cheap samples and fast predictions can make a big headline, our industry will suffer from being discredited." 

Angst verhilft nicht zur Entscheidung

Entscheidungen sind ein knappes Gut, denn sie bergen Risiken für alle Beteiligten. Aus Angst vor einer falschen Entscheidung verschiebt man sie lieber. Angelika Slavik hat für die "Süddeutsche" mit Wissenschaftlern besprochen, welche Entscheider-Typen es gibt. Machen Sie den Selbsttest! "Der schlechteste Ratgeber bei der Entscheidungsfindung ist nach Meinung des Wissenschaftlers übrigens: die Angst." 

Wenn Nutzer für Algorithmen malen

Neuronale Netze sind hungrig, lernfähig und können menschliche Zeichnungen desto besser erkennen, je mehr man sie füttert. Google hat zur Demonstration ein Online-Experiment gestartet: Nutzer müssen am Bildschirm in kurzer Zeit einen Begriff malen – und der Algorithmus versucht ihn dabei zu erraten. Hier geht es zum "Quickdraw Test". 

Ein schönes Wochenende wünscht

Nils Glück, marktforschung.de

Übrigens: Meistgeklickter Link von vergangener Woche war der "Tagesspiegel"-Artikel über falsche und richtige Prognosen zur US-Wahl.

 

Diskutieren Sie mit!     

Noch keine Kommentare zu diesem Artikel. Machen Sie gerne den Anfang!

Um unsere Kommentarfunktion nutzen zu können müssen Sie sich anmelden.

Anmelden

Weitere Highlights auf marktforschung.de