Herbert Höckel (moweb) & Dominic Fumelli (Talk Online Panel) „Im persönlichen Arbeitsalltag soll jeder so viel Flexibilität und Selbstbestimmung wie möglich erleben“

"Digitale Events sind nur ein vorübergehender Hype“. Wie stehen Sie zu der Aussage?
Herbert Höckel: Die Aussage halte ich für absolut nicht zutreffend! "Digital is here to stay". Neben den klassischen Formaten gehört die Zukunft ebenso den Online- und Hybrid-Formaten.
Es wird lediglich darauf ankommen, online und offline sinnvoll miteinander zu vernetzen. Wir schauen uns also an: Was hat sich in den vergangenen Jahren bei Digital-Veranstaltungen bewährt, was sollte dauerhaft mit der "echten" Welt verknüpft werden?
Die Authentizität, Nähe und Unmittelbarkeit sind für klassische, physische Events natürlich nach wie vor entscheidende Argumente. Digitale Elemente, klug eingesetzt, sind jedoch eine Bereicherung, auf die keiner mehr verzichten sollte. Zum Beispiel was die zeitliche Fortführung von Programm-Elementen über das eigentliche Event hinaus angeht.
Und mal ganz praktisch gedacht: Konnten früher eingeladene Gäste nur zu- oder absagen, gibt es nun auch einen Graubereich dazwischen. Der digitale und damit zeit- und ortsunabhängige Teil des Events ist praktisch für jeden interessierten Gast zugänglich und erhöht damit die potenzielle Reichweite für jeden Veranstalter.
Dominic Fumelli: Digitale Events haben uns während der Pandemie sehr geholfen, mit Kunden, Partnern und als Branche in Kontakt zu bleiben.
Es gibt klare Vorteile für digitale Events, nicht zuletzt die vergleichsweise einfache Verfügbarkeit und Möglichkeiten der kurzfristigen Teilnahme. Warum sollten wir das nicht weiterhin nutzen? Doch letztlich ist das persönliche Treffen und der Austausch nicht zu 100 Prozent ersetzbar.
Wir hoffen, dass auch die Präsenzveranstaltungen bald wieder zahlreich stattfinden und freuen uns schon sehr darauf.
So langsam gibt es Licht am Ende des Tunnels, die Pandemie schleicht sich aus. Was hat sich in Ihrem Institut in den letzten zwei Jahren getan? Wie sieht das „New Normal“ aus?
Herbert Höckel: "New Work" heißt das Zauberwort, d. h. meine Mitarbeiter:innen entscheiden inzwischen frei, wann sie im Homeoffice bleiben oder ins Büro kommen. Keiner schaut morgens oder abends auf die Uhr, wann wer kommt oder geht. Im persönlichen Arbeitsalltag soll jeder so viel Flexibilität und Selbstbestimmung wie möglich erleben.
Natürlich funktioniert New Work nur dann, wenn ein hohes Maß an Vertrauen im Unternehmen und so etwas wie "emotionale Sicherheit" innerhalb des Teams herrscht. Es muss für jeden Mitarbeiter selbstverständlich sein, offen Probleme, Bedürfnisse und Wünsche an- und auszusprechen. Vor Corona konnte ich nur vermuten, dass wir als moweb diese internen Bedingungen erfüllen. Seit über zwei Jahren aber zeigt mir mein Team: Es funktioniert! Jeden Tag. Und zwar richtig gut und nicht etwa als fauler Kompromiss.
Trotzdem gehen meine Leute und ich selbst noch immer regelmäßig ins Büro, damit die Zusammengehörigkeit nicht verloren geht. Aber unser ganzes Package passt einfach zusammen: Schlanke Strukturen, viel Eigenverantwortung und spürbare Wertschätzung untereinander.
Zu "New Work" veröffentlichen wir übrigens bald eine eigene Studie. Die wichtigsten Ergebnisse erscheinen dann sicherlich auch wieder hier, bei marktforschung.de.
Dominic Fumelli: Talk arbeitet europaweit über alle seine Standorte hinweg schon immer sehr stark vernetzt. Digitale Konferenzen, Chats und digitale Kaffeepausen gehören schon seit vor der Pandemie zur Arbeitskultur bei Talk, nun eben häufiger auch vom heimischen Schreibtisch. In den letzten zwei Jahren sind wir dank dieser technischen Möglichkeiten sogar noch ein Stück enger zusammengewachsen. Aber natürlich treffen wir uns nach wie vor sehr gern persönlich und freuen uns darauf, jetzt alle Mitarbeiter aus allen unseren Büros wieder häufiger zusammen zu bringen.
Was ist für Sie der Top-Trend aktuell in der Marktforschung?
Herbert Höckel: Die Fusion von qualitativer und quantitativer Marktforschung. Die Grenzen verschwinden ja bereits zusehends. Das bleibt nicht ohne Einfluss auf Fragestellungen, Erhebungs-Methoden und die Verwertung unserer Arbeit und erzeugt aktuell einen gewissen Anpassungsdruck, der unsere Branche auch in der Breite auf ein neues Niveau heben wird.
Was ebenso trendet: Die neue Wertschätzung unserer Branche, d. h. ein neuer milliardenschwerer Markt wie die jüngste Übernahmewelle beweist. Bekannteste Beispiele sind die Fusion von Cint und Lucid oder das abgewehrte Übernahmeangebot für Nielsen von über neun Milliarden Dollar.
Überrascht mich diese Entwicklung? Nein. Sie ist eher die logische Folge, die sich aus der Hyperkomplexität der gegenwärtigen Märkte ergibt.
Gesellschaftlich, politisch und technisch beobachten wir inzwischen ein derart hohes Tempo und erleben nie gesehene Dynamiken. Da ist natürlich Durchblick gefragt, den es ohne die Daten der Marktforschung nicht geben kann.
Es braucht also Institute, die die richtigen Fragen stellen, aus den Antworten die entscheidenden Schlüsse ziehen und damit ihren Kunden tragfähige Szenarien für die Zukunft zur Verfügung stellen.
Dominic Fumelli: Traditionelle Befragungen werden zunehmend mit anderen Daten der Teilnehmer verknüpft, um detaillierte Einblicke zu erhalten. Vor einigen Jahren hat es mit Cookie Tracking, Passive Metering und Geo-Tracking begonnen. Auch Audiolistening wird inzwischen eingesetzt. Was wir jetzt als Panel Anbieter sehen, ist die Tendenz der Kunden, alle Daten sammeln zu wollen, um so das große Ganze zu sehen. Access Panels werden weiterhin gebraucht werden, jedoch reiht sich das klassische Sampling neben viele neue Methoden der Datenerhebung.
Spezifische Fragen an Herbert Höckel, moweb
moweb hat mit der virtuellen Partyreihe "WeLoveResearch” einen Klassiker geschaffen. Jetzt soll das Konzept wieder vor Ort in Düsseldorf stattfinden. Was ist genau geplant? Worauf können sich die Partygäste freuen?
Herbert Höckel: Auf Food, Drinks & Dance! Oder wie wär’s mit Party, Talk & Get-Together! Mir fallen bestimmt noch weitere Labels ein, so oder so wird es super. Und es wird echt: Echte Menschen, echte Live-Musik, echte Bar und echte Atmosphäre.
Das Networking-Event steigt am 12. Mai in einer coolen Bar mitten in Düsseldorf. Übrigens: Kein Einlass ohne Tickets! Die sind zwar kostenlos, gibt es aber nur hier!
Schon jetzt ein wichtiger Hinweis an alle Gäste: Denken Sie für diesen Abend an ausreichend Visitenkarten! Sie erinnern sich? Dieses haptische Relikt aus einer weit entfernten vor-digitalen Zeit, die bestimmt noch jeder reichlich im Büro oder zu Hause liegen hat. Die Karten brauchen Sie für unsere "Networking Challenge". Mehr dazu dann vor Ort.
Übrigens, bei allem berechtigten Lob für hybride und digitale Events: An diesem Abend steht ausnahmsweise "Back to Normal" auf dem Programm. Das einzig Digitale sollte die Kamera unseres Fotografen bleiben.
Sie sind bereits zum zweiten Mal Sponsor der WdM. Inwiefern hat sich dieses Eventformat für Sie bewährt?
Herbert Höckel: An dieser Stelle erst mal ein großes Danke an das Team des Smart News Fachverlag sowie der succeet, die gemeinsam dieses tolle Format ins Leben gerufen und nicht nur uns durch die Pandemie begleitet haben!
Ganz konkret konnte uns das Sponsorship helfen, unser Netzwerk zu vergrößern und Türen für neue Kooperationen zu öffnen. Wir haben sozusagen unseren Branchen-"Footprint" verbreitert und werden diese Entwicklung auch in den kommenden Jahren fortsetzen.
Apropos breitere Aufstellung: Welche Rolle spielt denn AMR Advanced Market Research, deren Geschäftsführung Sie erst vor ein paar Wochen zusätzlich zu moweb übernommen haben?
Herbert Höckel: Sicherlich eine sehr bedeutende! Allerdings befinden wir uns noch in der Konzeptionssphase, was die gemeinsamen Markt- und Produktstrategien angehen. Nur schon mal so viel: Mit AMR als international aufgestelltem CATI-Spezialisten sowie moweb research als etabliertem Online-Institut werden wir uns im Segment der Mixed-Mode-Methoden ganz neu positionieren.
Warum? Weil bereits heutzutage jeder einzelne Erhebungsmodus für sich allein genommen an den Anforderungen von Repräsentativität scheitert bzw. scheitern muss.
Alles Weitere dazu dann zur gegebenen Zeit.
An einem Thema kommt in diesen Tagen leider keiner vorbei: Der Überfall auf die Ukraine. Wie wirkt sich das auf Ihre Branche aus?
Herbert Höckel: Corona war und ist schon schlimm genug. Die Katastrophe in der Ukraine aber ist menschengemacht, das ist der perfide Unterschied.
Es signalisiert uns in aller Deutlichkeit, was im Leben wirklich wichtig ist: Frieden und Freiheit. Vor diesem Hintergrund sollten wir uns alle auf das Wesentliche im Leben besinnen und uns auch selbst nicht immer zu ernst nehmen. Nicht wenn tausende Familien in ihren Häusern um ihr Leben fürchten müssen.
Ich möchte Ihre Leser gerne auf meine Kolumne "Herberts Welt" verweisen. Dort habe ich diesen Themenkomplex etwas tiefer behandelt und werbe darin auch für einige mutige Initiativen, die dem Leid hoffentlich etwas entgegenzusetzen haben.
Spezifische Fragen an Dominic Fumelli, Talk Online Panel
Seit COVID-19 kann man sich vor digitalen Angeboten kaum noch retten. Wie wirkt sich das erhöhte Angebot auf die Teilnahme an Befragungen über Ihr Panel aus? Ist die Rücklaufquote mittlerweile schlechter als noch vor drei Jahren?
Dominic Fumelli: Die Entwicklung der Rücklaufquoten überwachen wir grundsätzlich sehr streng und engmaschig. Während der Pandemie haben wir die Entwicklungen noch genauer beobachtet. In allen unseren Online-Panels sind die Rücklaufquoten während der Pandemie aber stabil geblieben. Einzig über die Sommermonate haben wir einen kleinen Rückgang in den Rücklaufquoten beobachtet, als das Reisen wieder möglich war. Alle haben diese Gelegenheit natürlich genutzt. Das haben wir auch bei Kunden und Kollegen bemerkt.
Nichtsdestotrotz sind die Rücklaufquoten ein Thema und wir arbeiten kontinuierlich an Maßnahmen und Features, die Rücklaufquoten als ein wichtiges Qualitätsmerkmal für unsere Panels auf einem sehr guten Niveau zu halten. Der Flut an digitalen Angeboten als einen möglichen Grund für sinkende Rücklaufquoten wirken wir entgegen, indem wir kontinuierlich neue Teilnehmer rekrutieren und stetig unsere Panels vergrößern, damit wir die Zahl der Einladungen pro Teilnehmer im vertretbaren und nicht zuletzt methodisch erforderlichen Rahmen halten.
Talk Online-Panel gehört wie DCORE, MindTake Research und Reppublika Data Analytics & Technologies zur Tito&Friends-Gruppe. Wie arbeiten die verschiedenen Unternehmen bereits zusammen? Gibt es Pläne, um weitere Unternehmen in die Gruppe aufzunehmen?
Dominic Fumelli: Jedes Unternehmen der Gruppe hat seinen eigenen Platz in der „Daten-Wertschöpfungskette“ und agiert darin eigenständig am Markt. Die operative Trennung ist uns sehr wichtig, insbesondere Talk als Felddienstleister. Für uns ist es sehr wichtig, alle unsere Kunden in gleicher Weise zu bedienen. Bei bestimmten Projekten, die verschiedene automatisierte Lösungen erfordern, arbeiten wir mit Reppublika zusammen, die Tools wie Campaign Control oder Ratings anbieten.
In weiteren Bereichen nutzen wir natürlich die Synergieeffekte der Gruppe, zum Beispiel bei der Entwicklung neuer Produkte und Services, im Einkauf und weiteren unterstützenden Bereichen. Konkrete Pläne für neue Zukäufe in die Unternehmensgruppe gibt es aktuell keine. Wir sondieren jedoch ständig Möglichkeiten für Erweiterungen. Sofern ein Unternehmen inhaltlich und kulturell in die Gruppe passt, sind wir grundsätzlich interessiert.
Sie selbst tragen zu dem WdM-Programm nicht bei, werden aber als Sponsor sicher die ein oder andere Veranstaltung besuchen. Auf welche Programmpunkte sind Sie besonders gespannt?
Dominic Fumelli: Es gibt über die gesamte Woche so viele spannende Themen und Vorträge aus den unterschiedlichsten Themenbereichen. Diese Vielfalt finde ich toll. Ich bin sicher, alle Vorträge bieten viel Neues und Spannendes. Meine Liste an Vorträgen, an denen ich teilnehmen möchte, ist lang und freue mich schon darauf.
Über Herbert Höckel

Über Dominic Fumelli

Weitere Informationen zum Unternehmen auf marktforschung.de:

moweb research

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