Von Lüdinghausen in die Welt Interview mit Burkhard Kleffmann, CEO Kleffmann Group

marktforschung.dossier: Herr Kleffmann, die Kleffmann Group hat weltweit 17 Niederlassungen. Was war der strategische Hintergrund für diese Internationalsierung?
Burkhard Kleffmann: Unsere Fokussierung auf agrarfachliche Themen sowie die steigende Nachfrage nach globalen Agrarmarktinformationen haben eine frühe Internationalisierung nötig gemacht, um weiter wachsen zu können. Wir haben rechtzeitig Marktpotentiale erkannt und sind schon lange vor dem Boom zunächst in Zentral- und Osteuropa, dann in Brasilien eingestiegen. Die zunehmende Professionalisierung der Landwirtschaft bietet vielversprechende Perspektiven und ermöglichte uns im Laufe der Jahre den Markteintritt in weitere Emerging Markets.
marktforschung.dossier: Welches sind aus Ihrer Sicht die wesentlichsten Herausforderungen an das Management eines international aufgestellten, mittelständischen Instituts?
Burkhard Kleffmann: Neben der Berücksichtigung von länderspezifischen Rechtsvorschriften sind das sicherlich die kulturellen Besonderheiten und Unterschiede. Insbesondere die asiatische Geschäftswelt unterscheidet sich sehr stark von der westlichen - sowohl in der Kommunikation als auch in der Art und Weise, wie sich Beziehungen entwickeln. Um erfolgreich in Asien positioniert zu sein, muss man die Verhaltensweisen im Umgang mit Geschäftspartnern kennen und auch ein Gespür dafür haben, wann „Ja“ eigentlich „Nein“ bedeutet. Dies ist auch ein Grund, unser internationales Netzwerk kontinuierlich auszubauen, um Mitarbeiter vor Ort zu haben, die Land, Menschen und Kultur kennen.
Darüber hinaus ist es für uns - insbesondere als mittelständisches Unternehmen – unerlässlich, Innovationen zu entwickeln, um unsere führende Position in unserem Nischenmarkt Agrarmarktforschung auch technologisch abzusichern
marktforschung.dossier: Wie werden die verschiedenen Standorte gemanagt? Welche Herausforderungen gibt es dabei? In welchem Maße sind Ihre Produkte, Methoden und Prozesse standardisiert oder je Standort unterschiedlich?
Burkhard Kleffmann: An den jeweiligen Standorten sitzen unterschiedlich große Teams aus Marktforschungs- und Agrarexperten, die unsere Kunden insbesondere bei lokalen Studien während des gesamten Projektablaufs persönlich betreuen. Lokale Agrarexpertise ist für uns extrem wichtig, um bspw. auch auf schwer zugänglichen Märkten zielgruppengerechte Befragungsabläufe in der Feldarbeit zu gewährleisten. Berücksichtigt werden müssen dabei besonders die örtlichen Sitten und Gebräuche.
Die größte Herausforderung ist es sicherlich, weltweit eine konstant gute und einheitliche Datenqualität sicherzustellen, um die länderübergreifende Vergleichbarkeit der Daten zu ermöglichen. Ein internationales Team am Hauptsitz in Lüdinghausen unterstützt dabei intensiv und dient als Schnittstelle für unser globales Netzwerk. Wir bieten umfassenden IT-Support, steuern die Implementierung von standardisierten Prozessen, und organisieren die Qualitätskontrolle. Den allgemeinen Trend zu Online-Befragungen sowie die klassischen und bewährten Methoden sehen wir insbesondere im Bereich der Agrarmarktforschung als unerlässlich an.
marktforschung.dossier: Wie wichtig ist angesichts der Möglichkeiten digitaler Kommunikation heute noch das persönliche Zusammentreffen im Management?
Burkhard Kleffmann: Das persönliche Zusammentreffen des Managements hat trotz aller digitalen Kommunikationsmöglichkeiten immer noch einen hohen Stellenwert in unserem Unternehmen. Video- und Telefonkonferenzen, Mails und Kurznachrichten haben den Austausch und die tägliche Zusammenarbeit zwar deutlich vereinfacht und beschleunigt, dennoch besteht die Gefahr, dass ein Teil der non-verbalen Kommunikation verloren geht und dadurch Missverständnisse entstehen.
Es ist uns wichtig, dass sich mindestens die leitenden Mitarbeiter aus den verschiedenen Ländern persönlich kennenlernen, um eine Beziehung und Vertrauen aufzubauen. Dafür laden wir regelmäßig zu internationalen Workshops ein oder arbeiten filialübergreifend in Entwicklungsprojekten zusammen, um Ideen auszutauschen und Innovationen voranzutreiben. So fördern wir die Lösungskompetenz des Einzelnen, stärken den Team Spirit und stellen gleichzeitig eine bessere Identifikation mit dem Unternehmen her.
marktforschung.dossier: Wie schaffen Sie es, angesichts dieser Vielfalt überall für eine einheitliche Qualität zu sorgen?
Burkhard Kleffmann: Unsere Mitarbeiter werden regelmäßig von unseren Qualitätsmanagern und Projektleitern in internationalen Seminaren geschult. Hierbei geht es eben nicht nur darum, Prozesse zu standardisieren und Methoden zu erklären. Es ist uns wichtig, dass unsere Mitarbeiter die lokale Nische „Agrar“ verstehen und dabei ebenso die globale Perspektive nicht außer Acht lassen. Darüber hinaus wird die Datenqualität durch unser globales Qualitätsmanagement an zentraler Stelle am Standort in Lüdinghausen unterstützt.
marktforschung.dossier: Das Stichwort "Offshoring" beschäftigt derzeit viele multinationale Forscher. In welchem Umfang nutzen Sie Kostenvorteile an Niedriglohn-Standorten, um für die ganze Gruppe kostengünstig zu produzieren - und welche Erfahrungen haben Sie damit gemacht?
Burkhard Kleffmann: Das weltweite Netzwerk der Kleffmann Group wird dort, wo wir nicht mit einer eigenen Filiale vertreten sind, durch Partnerschaften mit ausgewählten lokalen Marktforschungsinstituten ergänzt. Dahinter steht aber kein Offshoring-Gedanke. Um unseren Kunden auch bei internationalen Studien alle Daten komplett aus einer Hand liefern zu können, unterstützen uns ausgewählte Feldinstitute bei der Durchführung von Befragungen. Wir brauchen vor Ort zuverlässige und erfahrene Partner, die den hohen Qualitätsansprüchen der Kleffmann Group gerecht werden. Ist der Kostendruck zu groß, leidet schnell die Arbeits- und somit die Datenqualität. Wir können es uns nicht erlauben, dass eventuelle Arbeitskostenersparnisse zu Qualitätseinbußen führen und somit die Vergleichbarkeit unserer Daten gefährden, weil Standards oder Liefertermine nicht eingehalten werden. Grundsätzlich handeln wir hier antizyklisch: Für uns ist der Kontakt zu unseren Zielgruppen ein Asset, und genau deshalb versuchen wir verstärkt, die Feldarbeit in Eigenregie durchzuführen.
marktforschung.dossier: Für das laufende Jahr hatten Sie weitere Investitionen in Asien und die Gründung eines neuen Büros in Indien angekündigt. Ist dies bereits umgesetzt? Wo sehen Sie für die Kleffmann Group weitere Wachstumsmöglichkeiten?
Burkhard Kleffmann: Wir haben unser asiatisch-pazifisches Team verstärkt und bearbeiten Indien seit Sommer dieses Jahres mit einem kleinen Büro von Delhi aus. Für das kommende Jahr planen wir unsere Panel-Aktivitäten in Indien auszubauen. Aber auch der US-amerikanische Markt ist für uns hochspannend; in 2014 starten wir dort mit Saatgut-Panels.
Neben der Fertigstellung unserer neuen Business Intelligence Software investieren wir in den Aufbau eines neuen Teams, das Informationen über globale Pflanzenschutz- und Saatgutmärkte bündelt und die Kunden über globale Trends informiert und berät.
marktforschung.dossier: Wie gehen Sie bei der Erschließung neuer Märkte vor? Setzen Sie auf "Make" oder auf "Buy", also auf die Gründung eigener Niederlassungen oder den Kauf heimischer Institute vor Ort? Sind alle Niederlassungen 100%-ige Töchter der Kleffmann GmbH, oder gibt es Beteiligung des lokalen Managements oder Alteigner übernommener Unternehmen?
Burkhard Kleffmann: Die Kleffmann Group ist immer aus eigener Kraft gewachsen – Übernahmen kommen bei uns fast gar nicht vor. Insofern sind alle Niederlassungen 100% Kleffmann-Töchter. Die Beteiligung des Managements am Unternehmen ist aber ein klares Ziel.
marktforschung.dossier: Zum Abschluss: Die Branche unterliegt weltweit einem deutlichen Konzentrationsprozess. Als erfolgreicher Zielgruppenspezialist gerät sicher auch die Kleffmann Gruppe ins Visier zahlreicher Akquisitionsfantasien. Wie gehen Sie damit um?
Burkhard Kleffmann: Am Anfang überrascht bis erfreut, jetzt nur noch gelangweilt. Mir konnte bislang noch niemand überzeugend darlegen, wo denn dann die Vorteile für die Kunden, die Mitarbeiter und das Unternehmen selbst liegen sollen – abgesehen von der Nettigkeit, mit dem Erlös das Leben eines Privatiers führen zu können. Letzteres wiederum ist für einen Unternehmer jedoch wenig aufregend verglichen mit den Abenteuern der Selbstständigkeit.
marktforschung.dossier: Herr Kleffmann, dann wünschen wir Ihnen noch viele erfolgreiche "Abenteuer" und bedanken uns herzlich für dieses Gespräch!
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