Interview mit Andreas Knappstein (Liveloop)

Andreas Knappstein ist Geschäftsführer bei Liveloop.
marktforschung.dossier: Liveloop ist noch ein ganz junges Unternehmen, die Gründung erfolgte erst im Herbst letzten Jahres. Was war der Anreiz für Sie, ein Unternehmen im Bereich „Marktforschung“ zu gründen?
Andreas Knappstein: Die Digitalisierung und veränderte Kommunikationsgewohnheiten werden es Unternehmen immer leichter machen, mit Menschen direkt zu interagieren, sie zu beteiligen und sie früher und intensiver in Entscheidungsprozesse einzubeziehen. Wir erwarten, dass Unternehmen in Zukunft auf diese Möglichkeiten verstärkt setzen – auch, weil ihre Kunden und Zielgruppen das von ihnen erwarten. Die Marktforschung sitzt traditionell an der Schnittstelle zwischen Unternehmen und seinen Zielgruppen. Sie dürfte von dieser Entwicklung also profitieren.
Wir glauben aber auch, dass es in Zukunft mehr Bedarf und mehr Raum für innovative digitale Ansätze in der Marktforschung geben – und dass Technologie dazu einen wichtigen Beitrag leisten wird. Deswegen haben wir unser Unternehmen gegründet.
marktforschung.dossier: Sie haben sich auf den Bereich qualitative Online-Forschung spezialisiert – warum genau dieser unternehmerische Fokus?
Andreas Knappstein: Wir finden die qualitative Online-Marktforschung besonders spannend, weil sie Unternehmen ermöglicht, schnell und effizient in die tatsächlichen Lebenswelten ihrer Zielgruppen einzutauchen: Das Auspacken und die Inbetriebnahme eines Smart Receivers in der eigenen Wohnung ist ein anderes Erlebnis als im Labor. Seinen Kühlschrankinhalt zu zeigen ist etwas anderes als ihn zu beschreiben. Für Jugendliche kann ein Videoblog eine geeignetere Interaktionsform sein als ein persönliches Gespräch. Und der Fahrer eines Mittelklassewagens macht vielleicht lieber ein Handyfoto von einer Funktion im Fahrzeug, die ihm nicht einleuchtet, als später davon zu berichten.
Dabei profitiert die Marktforschung vom digitalen Wandel: Immer mehr Menschen nutzen soziale Netzwerke, deswegen ist es für Marktforscher einfacher, mit Teilnehmern in einer Community “an einem Thema zu arbeiten”. Immer mehr Menschen kommunizieren miteinander per Videotelefonie, deswegen können Forscher sie inzwischen auch einfacher per Webcam erreichen. Echtzeit-Video-Übertragungen per Webcam sind außerdem der direkten Draht der Marktforschung in die Häuser und Wohnungen der Bevölkerung. Dass immer mehr Menschen internetfähige Smartphones nutzen, schafft neue Möglichkeiten, sie in ihrem Alltag zu begleiten und sie dazu zu bewegen, Situationen, Erlebnisse und Erfahrungen multimedial zu dokumentieren.
Ein großer Vorteil ist es dabei, dass man online auch längerfristig und mit größeren Teilnehmergruppen arbeiten und qualitative Methoden in hybriden Projekten auch mit quantitativen ergänzen kann.
marktforschung.dossier: Worin sehen Sie die Vorteile eines kleinen Unternehmens? Und worin würden Sie sagen, haben die etablierten Wettbewerber gegebenenfalls Ihnen gegenüber Vorteile?
Andreas Knappstein: Ein etabliertes Unternehmen ist einem neuen Anbieter gegenüber natürlich schon deswegen im Vorteil, weil es über einen besseren Marktzugang verfügt. Die Unternehmen, mit denen wir in Kontakt sind, interessieren sich aber mehr für das Angebot als für die Größe eines Unternehmen oder, wie lange es schon auf dem Markt ist. Dabei ist es von Vorteil, dass die Marktforschungsbranche ja ohnehin aus einer gesunden Mischung aus kleinen Anbietern und großen Instituten besteht – die auch von der Zusammenarbeit und der Ergänzung der Marktteilnehmer lebt.
marktforschung.dossier: Wo sehen Sie die aktuell größten Herausforderungen für die Marktforschungsbranche? Oder anders gefragt: was müssen die Anbieter von Marktforschungsdienstleistungen tun, um zukunftsfähig zu bleiben?
Andreas Knappstein: Die Ansprüche der Menschen gegenüber den Marken, denen sie vertrauen und deren Produkte sie kaufen, steigen. Wettbewerbsangebote werden immer transparenter, Märkte damit für Unternehmen immer komplexer zu bespielen. Wir erwarten, dass Unternehmen diesen Herausforderungen begegnen werden, indem sie ihre Zielgruppen früher, intensiver und ganzheitlicher in die Entscheidungsprozesse zu ihren Produkten und Dienstleistungen einbeziehen.
Die Marktforschung ist optimal dafür aufgestellt, diese Prozesse zu gestalten, zu moderieren und vor allem dafür Sorge zu tragen, dass die Erkenntnisse, die aus solchen Interaktionen gewonnen werden, relevant und valide sind. In diesen Prozessen kann die Marktforschung eine strategische Position einnehmen – sie bleibt relevant, wird wertschöpfender und weniger austauschbar.
Wir glauben aber auch, dass Unternehmen zukünftig einen schnelleren und flexibleren Zugang zu ihren Kunden benötigen. Dabei wird auch entscheidend sein, dass die Marktforschung den Teilnehmern zukünftig attraktive Beteiligungsangebote macht. Innovative Ansätze wie Communities, mobile Tagebücher, Video-Blogs und Webcam-Interviews können dazu einen wichtigen Beitrag leisten.
marktforschung.dossier: Herr Knappstein, herzlichen Dank für dieses Gespräch!
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