Kim Karle, Q Agentur für Forschung Infografiken – Ein Leitfaden

Der nachfolgende Artikel beschäftigt sich mit dem Thema Informationsgrafiken. Um eine gute Infografik mit aussagefähiger Darstellung zu erstellen, gilt es, einige Rahmenbedingungen zu berücksichtigen. Zweck dieses Artikels ist es, dem Leser eine Anleitung für die fundierte Erstellung von Informationsgrafiken an die Hand zu geben.

Infografiken-Leitfaden-Beitrag (Bild: Q Agentur)

Der Wert von Infografiken

Infografiken sind ein wirksames Mittel, um Forschungsergebnisse, große Datenmengen oder Statistiken zu kommunizieren, diese prägnant auf den Punkt zu bringen und ein schnelles Verständnis zu ermöglichen. Menschen verstehen und lernen Informationen visuell, auditiv, kinästhetisch und taktil. Durch Informationsgrafiken wird das visuelle Lernen und die Gedächtnisspeicherung (engl. memory retention) aktiviert (Lankow, Ritchie & Crooks, 2012). Zudem lösen Bilder einen 'Picture Superiority Effect' aus, was laut Krum (2014) besagt, dass Menschen sich "besser an Bilder als an Worte" erinnern können – insbesondere über längere Zeitspannen hinweg. Werden Informationen nicht nur statisch, sondern in einem Video mit Ton oder mit einer Interaktion übermittelt, können zusätzlich auditive und kinästhetische Stimuli angesprochen werden. Somit werden Informationen aus Infografiken besser verstanden, gespeichert und sind leichter abrufbar (Smiciklas, 2012).

Der Aufbau einer Infografik

Informationsgrafiken können sehr individuell gestaltet werden, sollten jedoch immer eine Einleitung, einen Kerninhalt sowie ein Fazit beinhalten:

Einleitung
Jede Informationsgrafik benötigt eine Überschrift, welche auf die Thematik aufmerksam macht, sowie das Interesse des Lesers weckt. In der Einleitung wird der Leser weiter in die Thematik der Infografik eingeführt. Worüber informiert die Grafik und warum ist sie für den Leser von Interesse?

Kerninhalt
Der Kerninhalt wird durch die eigentliche Informationsgrafik visualisiert. Um dem Betrachter einen Mehrwert zu bieten oder einen Aha-Effekt auszulösen, sollten mit der Infografik bisher unbekannte Informationen vermittelt werden.

Fazit
In einem abschließenden kurzen Text wird nochmals auf die Inhalte eingegangen. Diese Schlussfolgerung kann dazu dienen, den Leser zur Reflexion anzuregen oder zur Verhaltensänderung zu bewegen. Sie kann auch einen Handlungsaufruf beinhalten, wie z.B. eine Webseite zu besuchen, ein Produkt zu kaufen oder eine Bürgerinitiative zu starten.

Quellenangabe
Neben Überschriften und Erläuterungen, sollten auch alle Quellenhinweise der verwendeten Informationen beinhaltet sein. Entscheidend ist, dass qualitativ hochwertige und seriöse Quellen verwendet werden (Wong, 2011); (Lankow, Ritchie & Crooks, 2012). Dabei ist es wichtig, bei der Recherche auf aktuelle Daten zurückzugreifen oder die Infografik sogar regelmäßig anzupassen, sobald neue Daten erscheinen. Falls die Infografik nicht regelmäßig erneuert werden kann, ist ein mit der Quelle abgebildetes Datum vorteilhaft (Lankow, Ritchie & Crooks, 2012).

Copyright
Es gilt zu klären, ob für die in der Grafik verwendeten Informationen, Grafiken, Bildmaterialien, Schriften und Vorlagen Verwendungsrechte eingeholt werden müssen. Für die erstellte Grafik können wiederum auch unterschiedliche Nutzungsrechte und Lizenzen vergeben werden. Hier kann der Designer festlegen, inwiefern die Informationsgrafik von anderen Verbrauchern genutzt werden darf. Unabhängig davon ist der Schöpfer des Werkes immer durch das deutsche Urheberrecht geschützt, welches nicht auf Dritte übertragen werden kann.

Hilfreiche Tipps für eine aussagekräftige Infografik

Sechs W-Fragen
Smiciklas (2012) schlägt verschiedene Methoden vor, die zur Erstellung einer Infografik hilfreich sind. Zum einen können die folgende sechs W-Fragen beantwortet werden:

  • Wer ist die Zielgruppe?
  • Was ist die Kernaussage der Infografik und was möchte ich damit bewirken?
  • Wann ist oder war die Information relevant?
  • Wo wird die Infografik veröffentlicht und welches Medium wird dafür benötigt?
  • Warum sind die Informationen für meine Zielgruppe wichtig?
  • Wie werden die Informationen vermittelt (z.B. Symbole, Grafiken, Formen, Bilder, Farben, Diagramme und Metaphern, ...)

Kontext
Bei Infografiken wird auch gerne mit der Typografie gespielt, indem beispielsweise eine aussagekräftige Zahl groß dargestellt wird, um sie in den Fokus des Betrachters zu rücken. Wird jedoch nur diese eine Zahl visualisiert, fehlt dem Betrachter ein Bezugsrahmen und er weiß daher nicht, wie diese Zahl zu interpretieren ist. Wird hingegen ein zweiter Wert hinzugefügt, wird der ursprüngliche Wert in einen Kontext gestellt und der Betrachter kann somit einen Vergleich daraus ziehen (Krum, 2014); (Wong, 2011).

Sprachgebrauch
Lankow, Ritchie & Crooks (2012); (Heber, 2018) weisen darauf hin, genau zu analysieren, welche Zielgruppe mit der Infografik angesprochen werden soll. Falls die Zielgruppe aus fachfremden Bereichen stammt, sollten branchenübliche Terminologien und Fachbegriffe umschrieben werden, sodass die Informationen von der Zielgruppe interpretiert werden kann.

Sensibilität
Die Gestaltung einer Infografik sollte zur Thematik passen und insbesondere bei sensiblen Themen wie beispielsweise Krebserkrankung, Armut oder Sterblichkeitsrate mit Diskretion eingesetzt werden (Lankow, Ritchie & Crooks, 2012).

Die verschiedenen Typen einer Informationsgrafik

Erforschende und erzählende Infografiken
Man unterscheidet zwischen zwei verschiedenen Ansätzen: erforschende (explorative) oder erzählende (narrative) Infografiken. Bei einer erforschenden Infografik wird der Betrachter dazu ermutigt, durch das Erkunden der Infografik seine eigenen Erkenntnisse und Schlussfolgerungen zu ziehen (Lankow, Ritchie & Crooks, 2012). Um den Betrachter durch eine bestimmte Reihe von Informationen, Handlungen oder Geschichten zu führen, wird eine erzählende Infografik verwendet (Lankow, Ritchie & Crooks, 2012).

Verschiedene Medienformate
Nachfolgend werden sechs unterschiedliche Medienformate von Infografiken vorgestellt, die jeweils in ihrer Komplexität zunehmen (Krum, 2014).

Static:
Statische Informationsgrafiken sind die einfachste und meist verwendete Form. Sie werden vor allem im Print-Bereich wie z.B. Plakate, Broschüren oder Jahresberichte, aber auch für den Online-Bereich als Social Media Posting verwendet. Beispiel: Auf einer Metro Karte werden die verschiedenen Haltestellen dargestellt.

Zooming:
Bei digitalen statischen Infografiken bekommt der Nutzer die Möglichkeit, näher ins Detail heran zu zoomen. Somit kann er sich zunächst einen groben Überblick über die ganze Geschichte verschaffen, bevor er sich bestimmte Bereiche seiner Wahl genauer ansieht. Beispiel: Durch das näher heran Zoomen bei einer Landkarte, erscheinen weitere Standorte in der näheren Umgebung.

Clickable:
Möchte man den Nutzer nicht mit zu vielen Informationen zugleich überfordern, kann der Designer einige Informationen durch anklickbare Punkte in der Grafik vertiefen. Mit dem Mauszeiger kann der Nutzer über diese Punkte fahren oder daraufklicken, wodurch die Informationen in einem Pop-Up-Effekt angezeigt werden. Somit bleibt die Hauptgrafik übersichtlich. Hierdurch kann auch eine bestimmte Reihenfolge von Informationen vorgegeben werden. Beispiel: Der Nutzer kann sich durch einen Produktionsablauf durchklicken.

Animated / Motion:
Beim Betrachten der Infografik bewegt oder verändert sich die Grafik in ihrer Form, Farbgebung oder auch Textwiedergabe. Durch die Abwechslung in der Gestaltung wird versucht, eine Geschichte zu erzählen oder Spannung zu erzeugen, um die Aufmerksamkeit des Betrachters beizubehalten. Beispiel: Die Balken im Balkendiagram werden länger oder es gibt eine Farbänderung.

Video:
Ein Video kann entweder komplett aus animierten Infografiken bestehen oder aus realen Aufnahmen, die durch eingebundene Informationselemente unterstützt werden. Beispiel: Ein Moderator in den Nachrichten berichtet über den Anstieg der Börse, dabei werden die Werte in einer Infografik dargestellt.

Interactive:
Bei einer interaktiven Infografik kann der Betrachter mitentscheiden, welche Informationen ihm angezeigt werden. Durch Scrollen durch die Grafik oder Anklicken verschiedener Elemente öffnen sich neue Informationsfelder. Eine interaktive Infografik kann jedoch auch real umgesetzt werden, sodass der Betrachter mit der Infografik physisch interagieren kann.

Mietspiegel
"Ich ertrinke in meiner Miete!" (Bild: Kim Karle, Gülcin Yurdatapan, Mannheim, 2018)

Beispiel: In dem Beispiel der Installation "Ich ertrinke in meiner Miete!", werden die Mietkosten pro Quadratmeter unterschiedlicher deutscher Städte verglichen. Anhand der Informationsgrafik können Betrachter ablesen, wie stark die Mieter in ihren Mietkosten 'ertrinken'. Da die Installation in der Stadt Mannheim aufgebaut war, wurde hier anstelle eines Porträtbildes ein Spiegel verwendet. Somit können Mannheimer Bürger mit der Installation interagieren, indem sie sich vor den Spiegel stellen, um zu sehen wie stark sie im Vergleich zu anderen Städten in ihren Mietkosten 'ertrinken'.

Datenvisualisierung mal anders!
Das besondere an Informationsgrafiken ist, dass die Daten auf eine ganz andere Art und Weise dargestellt werden können als bei einer klassischen Datenvisualisierung. Für die Gestaltung können z.B. reale Objekte verwendet werden, die inhaltlich das Thema der Infografik aufgreifen und fotografisch festgehalten werden. Handelt es sich beispielsweise um den Konsum von Zigaretten, können Zigaretten anstelle von Balken im Balkendiagramm verwendet werden. Informationsgrafiken können auch dreidimensional im Raum dargestellt werden, wie in dem Beispiel zu sehen ist. Hier wurde gezielt die freie Wandfläche im Wartezimmer einer Arztpraxis verwendet, um über Diabetes Typ 1 und Typ 2 aufzuklären. Diese Art von Darstellung erreicht eine höhere Aufmerksamkeit und eine breitere Zielgruppe, im Vergleich zu ausliegenden Informationsflyern.

Diabetes
Informationsdesign in medizinischen Einrichtungen – Ein innovatives Konzept zum Zwecke der Patientenaufklärung in Arztpraxen. (Bild: Kim Karle, Gemeinschaftspraxis Leibig & Kollegen, 2017)

Grundlegende Gestaltungselemente

Infografiken unterscheiden sich stark in ihrem Design. Folgende Aspekte können bei der Gestaltung als Orientierungshilfe dienen.

Farben
Farben machen eine Infografik lebendig und wecken die Aufmerksamkeit des Betrachters. Durch Farben können Inhalte strukturiert oder hervorgehoben werden, z.B. durch Signalfarben (Heber, 2018). Farben haben je nach Kulturkreis verschiedene Bedeutungen. Im europäischen Raum sind die Farbassoziationen recht ähnlich (Heber, 2018). Wir haben gelernt, dass die Farbe Grün mit etwas Positivem in Verbindung gebracht wird (Steigerung oder Gewinn) und die Farbe Rot eine negative Bedeutung hat (Verlust oder Zahlen unter dem Nullstrich).

Folgende Fragen können bei der Entscheidung der Farbgebung hilfreich sein:

  • Strahlt die Farbe Wärme oder Kälte aus?
  • Symbolisiert die Farbe Leichtigkeit oder Schwere?
  • Wirkt die Farbe aktiv oder passiv?
  • Wirken die Farben harmonisch oder kontrastierend?
  • Passen unterschiedliche Grundfarben oder eher Farbabstufungen zum Inhalt?

Symbole und Icons
Durch den Verzicht auf lange verbale Erklärungen können visuelle Elemente die Infografik in ihrer Erscheinung aufwerten. Daher werden anstelle von Text gerne Symbole verwendet, sodass der Betrachter möglichst wenig lesen muss und den Inhalt der Infografik umso schneller erfassen kann. Jedoch hängt das Lesen der Symbole vom kulturellen Kontext ab: Der Betrachter muss die Symbole interpretieren können, um die Bedeutung zu verstehen. Um auf der sicheren Seite zu sein, kann der Designer Symbole mit Beschriftungen verwenden, wodurch der Verstehensprozess effektiv abläuft (Lankow, Ritchie & Crooks, 2012).

Schrift
Einer der wichtigsten Faktoren der Schrift ist zunächst einmal, dass sie gut lesbar ist, sodass die Informationen der Infografik auch vermittelt werden können (Wong, 2011). Insbesondere bei Infografiken sollte der Text möglichst kurz ausfallen, da die Informationen mit den Grafiken vermittelt werden.

Welche Schriftart eignet sich für eine Infografik?
Weniger gut geeignete Schriften für Infografiken sind verschnörkelte Kunstschriften oder geometrisch geformte Schriften. Eher geeignet sind die klassischen Serifenschriften und serifenlose Schriften (Heber, 2018).

Serif-vs-SansSerif
Serif-vs-SansSerif (Bild: Q Agentur)

Abgesehen von einer geeigneten Schriftart, hängt die Lesbarkeit auch davon ab, wie sie in der Infografik gesetzt wird. Dazu gehören laut Kratz (2012) und Heber (2018) eine geeignete:

  • Schriftgröße
  • Schriftschnitt
  • Zeilenabstand
  • Zeilenlänge
  • Laufweite
  • Schriftfarbe und Kontrast

Blickführung
Eine gute Informationsvermittlung kann dann stattfinden, wenn der Blick des Betrachters klar durch die Infografik geführt wird. Dies geschieht durch das Layout und das Setzen der Schrift.

Eine festgelegte Hierarchie der Informationen kann hilfreich sein. Dabei steht die wichtigste Information ganz oben, oder erscheint visuell größer, um den Blick des Betrachters zuerst auf diese Information zu lenken.

Die Gewichtung der Informationen können durch folgende Gestaltungselemente hervorgehoben werden (Heber, 2018):

  • Position
  • Größe
  • Farbe
  • Kontrast

Dieser Leitfaden soll einen Überblick über unterschiedliche Arten von Infografiken und die wichtigsten Elemente geben. Infografiken und Datenvisualisierungen werden ein immer wichtiger Bestandteil der Vermittlung von Forschungsergebnissen. Die Ästhetisierung der Vermittlung von Insights kann ein weiterer Professionalisierungsschritt für Institute und Agenturen sein.

Viel Spaß und Erfolg bei der Erstellung von Infografiken und Datenvisualisierungen.

 

Literaturverzeichnis

Heber, R. (2018) Infografik: Gute Geschichten erzählen mit komplexen Daten. Ort. Verlag.

Kratz, J. (2012) Designing Information: Human Factors and Common Sense in Information Design. Ort. Verlag.

Krum, R. (2014) Cool Infographics: Effective Communication with Data Visualization and Design. Ort Verlag.

Lankow, J., Ritchie, J., Crooks, R. (2012) Infographics: The Power of Visual Storytelling. Ort. Verlag.

Smiciklas, M. (2012) The Power of Infographics: Using Pictures to Communicate and Connect With Your Audiences. Ort. Verlag.

Wong, D. M. (2011) Die perfekte Infografik: Wie man Zahlen, Daten, Fakten richtig präsentiert - und wie nicht. Ort. Verlag.

Täglicher Newsletter der Insightsbranche

News +++ Jobs +++ Whitepaper +++ Webinare
Wir beliefern täglich mehr als 9.000 Abonnenten

/jj

 

Diskutieren Sie mit!     

Noch keine Kommentare zu diesem Artikel. Machen Sie gerne den Anfang!

Um unsere Kommentarfunktion nutzen zu können müssen Sie sich anmelden.

Anmelden

Weitere Highlights auf marktforschung.de