EY In Deutschland fehlt Wohnraum für rund 460.000 Flüchtlinge

Die von den deutschen Kommunen erbrachte Leistung ist bereits enorm: Laut einer Studie des Beratungsunternehmens Ernst & Young (EY) konnten die Städte und Gemeinden mit mehr als 10.000 Einwohnern die Wohnkapazitäten für Flüchtlinge seit dem vergangenen September von etwa 500.000 auf 836.000 Plätze erhöhen. Allerdings dürfen die Kommunen in ihrer Arbeit nicht nachlassen. Wie EY herausfand, rechnen die Gemeinden bis zum Ende des Jahres mit der Ankunft von weiteren 370.000 Personen, sodass die Gesamtzahl der 2016 nach Deutschland gekommenen Flüchtlinge dann bei etwa 733.000 liegen dürfte. Blieben die Wohnkapazitäten auf dem derzeitigen Stand würden zum Jahresende 464.000 Wohnplätze fehlen.
Weitere Schulden vermeiden
Zusätzliche Schulden möchte der überwiegende Teil der Kommunen aufgrund der aktuellen Situation jedoch nicht machen. So rechnen lediglich 29 Prozent der Gemeinden damit, dass sie aufgrund der zu betreuenden Flüchtlinge neue Schulden aufnehmen müssen. Insgesamt dürfte sich die durch den Flüchtlingszustrom entstandene Neuverschuldung laut EY-Berechnungen im Jahr 2016 auf 1,1 Milliarden Euro belaufen. Für das Jahr 2017 rechnen die Kommunen mit zusätzlichen Schulden von etwa 670 Millionen Euro.
Trotz der noch immer hohen Belastung der Kommunen sieht EY die Städte und Gemeinden bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise auf einem guten Weg. "Die Kommunen haben das Stadium der Improvisation beim Umgang mit ankommenden Flüchtlingen beeindruckend schnell überwunden, sie haben in erheblichem Umfang neuen Wohnraum organisiert und Prozesse und Routinen in der Verwaltung etabliert", lobt Bernhard Lorentz, Partner bei EY und Leiter des Bereichs Government & Public Sector für Deutschland, die Schweiz und Österreich. "Inzwischen verläuft die Administration in deutlich planerischeren Bahnen als noch im vergangenen Herbst. Statt Ad-hoc-Entscheidungen sehen wir heute in vielen Kommunen eine längerfristige Planung – die allerdings erheblich erschwert wird durch das Fehlen belastbarer Prognosezahlen."
Gemeinden gewinnen Routine, doch Aufwand bleibt hoch
Wie weit die Kommunen in ihrem Krisenmanagement bereits gekommen sind, verdeutlicht auch die Bewertung der Wohnsituation. So ist der Anteil der Kämmerer und Bürgermeister, die die Bereitstellung von Räumlichkeiten als große Herausforderung bezeichnen, im Vergleich zum Herbst 2015 von 76 auf 61 Prozent gesunken. Allerdings haben die Städte und Gemeinden bei der Unterbringung der Flüchtlinge in den vergangenen Monaten – aus Zeit- und Kostengründen – vor allem auf leerstehende Gebäude und die Umnutzung gewerblicher oder stillgelegter Objekte gesetzt. Zukünftig dürfte hingegen der zeit- und kostenintensivere Neubau verstärkt in den Fokus geraten: So planen inzwischen vier von zehn Kommunen (41 Prozent), in Neubauten zu investieren – im Herbst 2015 waren es noch 36 Prozent gewesen.
Darüber hinaus stellt auch der administrative Aufwand, den der Flüchtlingszustrom verursacht, viele Gemeinden vor neue Herausforderungen. Zwar ist der Anteil der Kommunen, die fehlende Personalressourcen beklagen, seit der letzten Befragung von 40 auf 28 Prozent gefallen, doch das bedeutet nicht, dass das Arbeitsaufkommen für die städtischen Mitarbeiter gesunken ist – im Gegenteil: Über die Hälfte der Kommunen (54 Prozent) gibt zu Protokoll, dass der administrative Aufwand in den vergangenen Monaten gestiegen sei.
Zur Studie:
Für die Studie "Flüchtlingsintegration: Herausforderungen für deutsche Kommunen" befragte EY im Mai 2016 300 deutsche Kommunen mit mehr als 10.000 Einwohnern.
tt
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