Icon Added Value: Konsum in Deutschland wird politischer

Nürnberg - Konsum in Deutschland wird politisch, die Deutschen fordern fair handelnde Unternehmen sowie eine starke Regierung, die die sozialen Herausforderungen angeht. Das Thema Wirtschaftsethik gewinnt an Relevanz und "Made in Germany" hat Vertrauen in der Bevölkerung. Dies sind die Ergebnisse der Studie "Corporate Social Responsibility auf dem Prüfstand 2010", die Icon Added Value zum zweiten Mal nach 2007 durchgeführt hat. 

Seit 2007 hat sich unsere Welt verändert. Damals war Klimaschutz das Thema des Jahres. Inzwischen hat eine Krise ungeahnten Ausmaßes die Weltwirtschaft erschüttert. Die Studie zeigt sehr deutlich, wie sich die Folgen dieser Krise ausgewirkt haben. 2007 war das Jahr des Klimaschutzes. Nach dem UN-Klimabericht wurden Klima- und Umweltschutz zum Hauptthema in den Medien und zur Chefsache der Politik. "Klimakatastrophe" war Wort des Jahres 2007. CSR wurde "in", viele sprangen auf den Zug auf. Und "Greenwashing" macht sich breit. Mit dem Beinahekollaps der weltweiten Finanzmärkte begann 2009 eine beispiellose Weltwirtschaftskrise. Die Frage nach den Schuldigen wird laut. 2007 waren noch es die Automobilindustrie und Energieversorger, 2010 sind es verantwortungslose Banker und Banken und die fehlenden Kontrollen. In den letzten drei Jahren wurde deutlich: Unternehmen und Marken sind ein integraler Bestandteil unserer Gesellschaft. Und damit auch zunehmend Verantwortungsträger für die Lösung der Probleme dieser Gesellschaft. Die Folge: Der Konsument wird kritischer und konsumiert bewusster. Und wer verkaufen will, muss sich zunehmend gesellschaftlich engagieren und verantwortungsvoll handeln.

Die Deutschen rufen nach einer starken Regierung, die soziale Herausforderungen angeht. Und nach fair handelnden Unternehmen. Themen zur Wirtschaftsethik und Arbeitsplätzen teilen sich nun mit Klimaschutz die vordersten Plätze. Konsum wird zunehmend politisch, der Einfluss auf Kaufentscheidungen nimmt in 2010 zu. 84% der Deutschen fordern ein verstärktes CSR-Engagement von Unternehmen, besonders für Wirtschaftsethik und Behandlung ihrer Mitarbeiter. Die Finanzbranche ist besonders gebeutelt: Von ihr verlangt man fast ein Rundum-Engagement.

Die Branchenbilanz für verantwortungsvolles Handelns ist ernüchternd. Im Vergleich zu 2007 haben sich die Branchen insgesamt deutlich verschlechtert. Wenige "Gute" stehen vielen "Schlechten" und einigen "Polarisierenden" gegenüber. Die Finanzbranche ist Schlusslicht. "Kapital ist ohne Moral" und "Small is beautiful": Großunternehmen handeln aus Sicht der Deutschen nicht verantwortungsvoll, der Mittelstand und Kleinbetriebe sehr wohl. Ein Potential für die Kleinen und eine Herausforderung für die Großen! Zeit für mehr "I´m from Germany"! Ungeachtet aller Skepsis schätzen die Deutschen ihre Landsleute: deutsche Unternehmen handeln am verantwortungsvollsten, ausgenommen die Finanzbranche. Angelsächsische Herkunft hingegen steht nicht gerade für Verantwortung.

Konkrete Themen und ihre Zukunftsbedeutung

Fast alle Themen der Wirtschaftsethik stehen an der Spitze der Themen, die in Zukunft an Bedeutung gewinnen werden. Das Misstrauen ist groß, Manager und die Finanzbranche sollen der staatlichen Kontrolle unterliegen, auf Selbstheilungskräfte wird nicht vertraut. Es geht um Gehälter und Boni, Managerhaftung, Transparenz/Ehrlichkeit und Korruption. Interessanterweise soll aber die Wirtschaft als Ganzes nicht der verstärkten Kontrolle unterliegen. Zunehmende Bedeutung bekommt auch die Standortpolitik.

Arbeitsplatzsicherung in Deutschland ist für die Menschen eines der Top 7 Themen, die Förderung von Bildung und Wissenschaft ist ebenfalls wichtig. Zwar sind laut Ansicht der Deutschen Klima- und Umweltschutz auch in Zukunft wichtig. Diese Themen spielen aber nicht mehr die gleiche starke und vorrangige Rolle wie im Klimajahr 2007. Umwelt tritt hinter soziale Sicherung zurück. Oder anders gesprochen: In erster Linie geht es um die drängenden Probleme vor der eigenen Haustür. "Entfernte" globale Probleme wie Klimaschutz, deren Auswirkungen uns noch nicht wirklich spürbar betreffen, stehen 2010 in zweiter Reihe.

Seit 2007 hat sich einiges getan. CSR-Themen werden auf breiter Basis wichtiger für die Kaufentscheidungen der Menschen. 47% sagen in 2010, dass viele oder einige ihrer Kaufentscheidungen durch CSR-Themen beeinflusst werden. In 2007 waren es noch 43%. Themen rund um Arbeit wie faire Behandlung und Arbeitsplatzsicherung legen deutlich zu. Mehr und mehr Menschen wird bewusst, dass sie als Konsumenten mit ihrer Nachfrage auch Macht haben. Diese Erkenntnis entwickelt sich vom ehemaligen Nischenthema immer weiter Richtung Mitte der Gesellschaft. Nach wie vor haben die Themen, die uns "unter die Haut" gehen, den höchsten Einfluss. Es sind die etablierten "CSR-Bekannten" zu Öko/Bio, Ernährung und Sicherheit, zu denen es auch "echte" Produktangebote zu kaufen gibt: artgerechte Tierhaltung und Tierschutz, gesunde und sichere Produkte, Gentechnik-frei. Recycling komplettiert die Liste - da stellen die Deutschen ja seit Jahren ihren Vorzeigecharakter unter Beweis.

Markenfokus – die fünf besten Marken sind deutsche Marken

Ein ernüchterndes Bild: Positives zu CSR von Marken ist bisher kaum im Kopf der Menschen verankert. Fragt man offen, welche Marken in der letzten Zeit positiv durch besonderes CSR-Verhalten aufgefallen sind, nennen nur 26% überhaupt eine Marke. Keine Marke kann ein zweistelliges Niveau erreichen. Trigema führt die Positivliste mit 3% an (bei der älteren Zielgruppe der 55-70 Jährigen sind es 5%). McDonald‘s wird von 2% (bei der Zielgruppe der 18-34 Jährigen von 4%) genannt. Der Rest liegt bei 1% und darunter. Die Negativliste ist wie üblich stärker ausgeprägt, Skandale bleiben haften: bp wird von 20% angeführt, die Finanzbranche als Sammelbecken von 14% der Befragten. Mit Schlecker (6%) und Lidl (3%) sind zwei Marken aus dem Einzelhandel dabei. Wie sich markenübergreifend zeigt, ist der "faire Umgang mit Mitarbeitern" zu einem Thema von hoher Relevanz geworden. Nicht zuletzt, weil wohl gerade diese beiden Marken mit ihrem schlechten Beispiel zur Sensibilisierung beigetragen haben.

Die zentrale Bewertung der Studie ist die Frage nach verantwortungsvollem unternehmerischem Handeln. 35 Marken wurden bewertet. Wie auch bei den Branchen zeigen sich zwischen den Marken große Unterschiede. Unter den fünf Besten sind mit Landliebe, dm, Bosch, Audi und Tchibo nur Marken deutschen Ursprungs vertreten - ein weiterer Beleg für den positiven Einfluss deutscher Herkunft. Marken haben das Gesetz des Handelns in ihrer Hand. Das Beispiel Audi zeigt: Ungeachtet der eher negativ bewerteten Automobilbranche wird Audi für verantwortungsvoll gehalten. Auch Veränderungen von Marken im Vergleich zu 2007 zeigen das, wie z. B. Siemens: Nach der Aufarbeitung der Korruptionsaffäre steht das Unternehmen deutlich verantwortungsvoller da.

Basis der vorliegenden Studie ist eine repräsentative Bevölkerungsstichprobe ab 18 Jahren. 1.000 Personen wurden online im Sommer 2010 befragt.

Quelle: Icon Added Value

 

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