Studie OpinionTRAIN Gefühlte Inflationsrate deutlich höher als die offizielle

Im Moment ist sie fast täglich Gesprächsthema. Die Inflation. Und sie ist real. Nicht umsonst hat die Europäische Zentralbank den Leitzins mittlerweile zum achten Mal auf vier Prozent angehoben. Die Konsumierenden stöhnen wegen den Preissteigerungen. In der aktuellen Studie OpinionTRAIN hat der Marktforschungsdienstleister und Softwareanbieter Rogator den Unterschied zwischen gefühlter und offizieller Teuerungsrate untersucht.

Der Blick auf den Kassenzettel tut im Moment besonders weh. (Bild: Rogator AG)

„Um die Inflation zu messen, untersucht das Statistische Bundesamt den Konsum der Deutschen in Bezug auf 650 typische Güter und Dienstleistungen und fügt diese zu einem Warenkorb zusammen. Die Inflationsrate gibt die Veränderung der Preise im Warenkorb zum gleichen Monat im Vorjahr an. Im Unterschied zu dieser objektiven Größe messen wir mit der gefühlten Inflation die subjektive Teuerungsrate, die in den letzten zwöf Monaten stark zugenommen hat“, sagt Johannes Hercher, Vorstand der Rogator AG und Co-Autor der Studie OpinionTRAIN.

Neun von zehn Konsumierenden sehen sich von starken Preissteigerungen bei Lebensmitteln betroffen

Preis- und Ausgabensteigerungen für Lebensmittel sind aktuell stark in der Verbraucherwahrnehmung verankert. In der aktuellen Untersuchung von Rogator im April 2023 erhält die Aussage „Ich habe den Eindruck, dass die Preise für Lebensmittel heute deutlich höher sind als vor Ausbruch der Corona-Krise“ eine Zustimmung von 88 Prozent. Vor etwa einem Jahr waren es 83 Prozent. Lebensmittel sind allerdings nur ein Bereich, in dem die meisten Verbraucher hohe Preissteigerungen wahrnehmen. Aktuell sind 85 Prozent der Deutschen der Meinung, dass die Verbraucherpreise in den letzten zwölf Monaten insgesamt stark gestiegen sind. Vor einem Jahr lag die Zahl noch bei 72 Prozent.

Lücke zwischen gefühlter Preissteigerung und der offiziellen Teuerungsrate wird größer

Nach der grundsätzlichen Einschätzung zur Veränderung der Verbraucherpreise wurden die Studienteilnehmenden um eine konkrete Einschätzung gebeten. Folgende Frage stellte Rogator in seiner Studie: „Um wie viel Prozent sind Ihrer Meinung nach die Verbraucherpreise in den letzten zwölf Monaten gesunken/gestiegen?“. Die wahrgenommene Veränderung der Verbraucherpreise liegt demnach aktuell bei +22 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Vor einem Jahr waren es +13 Prozent. Dabei lag die offizielle Teuerungsrate des Statistischen Bundesamtes jeweils bei etwa 7 Prozent.

Damit hat sich innerhalb eines Jahres die Höhe der gefühlten Inflation nicht nur fast verdoppelt, sondern sich noch stärker von der offiziellen Inflationsrate entkoppelt.

Laut Rogator schätzten im April 2022 noch etwa 60 Prozent der deutschen Bevölkerung, dass die Verbraucherpreise gegenüber dem Vorjahr um mehr als sieben Prozent angestiegen sind. Ein Jahr später waren es laut Studie bereits 91 Prozent. Dabei haben 46 Prozent der Befragten das Gefühl, die Preise, die sie persönlich zahlen, würden stärker steigen als die Inflationsrate. Im August/September 2022 waren es noch 33 Prozent. In der Gruppe der Sozialhilfeberechtigten liegt die Zustimmung aktuell sogar bei 63 Prozent. Gleichzeitig ist in dieser Gruppe die Kenntnis der offiziellen Preissteigerungsrate mit zwölf Prozent besonders gering.

Höchste wahrgenommene Preissteigerungen in den Bereichen Wohnen und Ernährung

In der aktuellen Studie wurden zusätzlich die Ausgaben der Studienteilnehmenden für einzelne Konsumbereiche explizit erfragt, gefolgt von einer separaten Schätzung der Preisveränderung in diesem Bereich. Die Ausgaben für Wohnen und Ernährung liegen die gefühlten Preissteigerungen jenseits der 20 Prozentmarke. Aber auch in anderen Konsumbereichen sind diese hoch.

Bei der Mobilität, also Ausgaben für Kraftstoffe, den Autokauf oder die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel, liegt die gefühlte Preissteigerung bei 19 Prozent. Bei den Ausgaben im Freizeitbereich liegt sie bei durchschnittlich 14 Prozent.

Sparen, soweit dies überhaupt möglich ist

In der aktuellen Phase sehr hoher Preissteigerungen beabsichtigen nur etwa zehn Prozent der Befragten, zukünftig mehr Geld für Konsum auszugeben, weil sich Geld sparen nicht mehr lohnt. Der Anteil an Personen, die kontinuierlich Geld sparen, ist laut Studie aktuell leicht erhöht. Dies dürfte aber auch daran liegen, dass die Verbraucherinnen mittlerweile ihre Konsumstruktur an das erhöhte Preisniveau angepasst haben.

Bei vielen haben jedoch die Ausgabensteigerungen in unterschiedlichen Lebensbereichen die Möglichkeiten zum Sparen vollständig erschöpft.

„Während einige Ökonomen für die nächsten zwölf Monate schon wieder Inflationsraten im Bereich von zwei bis drei Prozentpunkten erwarten, darf nicht unterschätzt werden, wie stark sich die Preissteigerungen seit letztem Frühjahr in dem Mindset der meisten Verbraucher manifestiert haben und letztendlich auch weiterhin das Kauf- und Konsumverhalten bestimmen“, resümiert Prof. Dr. Andreas Krämer, CEO der exeo Strategic Consulting AG und Co-Autor der Studie OpinionTRAIN.

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Methodik

Erhebungsmethode Online-Befragung
Befragte Zielgruppe Konsumierende im Alter von 18 bis 80 Jahren
Stichprobengröße 1.990 Konsumierende
Feldzeit seit Mai 2020 fortlaufend; letzte Befragung 25. bis 28. April 2023
Länder Deutschland
 

Diskutieren Sie mit!     

  1. Hubertus Hofkirchner am 03.07.2023
    Die Berechnungsmethodiken der offiziellen Teuerungsrate der statistischen Ämter oder. jede des Deflators for das BIP ist keineswegs "objektiv", da das Warenkorb Design logischerweise subjektiv ist. In Österreich betrug zB die offizielle Inflation um Jahresende 2022 10 bis 11 % https://finanzrechner.at/statistik/inflation

    während der offizielle BIP Deflator mit 5,2 % angegeben ist.
    https://www.profil.at/wirtschaft/gabriel-felbermayr-zur-teuerung-das-ende-der-illusionen/402354261#:~:text=Der%20BIP%2DDeflator%20ist%20im,auch%202023%20das%20Bild%20prägen.

    5-6% Unterschied. Fast das Doppelte.

    Die wahre Frage ist wohl, ob die gefühlte Inflation nicht sogar eher der "Wahrheit" entspricht.

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