Heute und Morgen: Finanzprodukte im Automobilmarkt als profitables Geschäft
Köln - Die meisten Autohändler in Deutschland haben ihre Aktivitäten im umkämpften Automobilmarkt aufgrund stagnierender PKW-Neuzulassungszahlen und rückläufiger Margen im Kerngeschäft seit Jahren immer stärker in die profitablen Geschäftsfelder der Finanzierung und Versicherung hinein ausgeweitet. Aktuell bieten fast alle Autohäuser in Zusammenarbeit mit herstellergebundenen oder herstellerunabhängigen Finanzdienstleistern unterschiedliche Finanzierungskredite (99%) oder Leasingprodukte (94%) an. Automobile Versicherungsleistungen werden aktuell zu 87 Prozent offeriert, allen voran in den besonders umsatzstarken Häusern (94%). Neben der unmittelbaren Ertragssteigerung über Provisionen liegt der Anreiz „mobiler Komplettpakete“ aus Fahrzeug, Finanzierung, Service und Versicherung auch in der Kundenbindung und Unterstützung des Neukundengeschäfts.
Dies zeigt die aktuelle Studie „Vertrieb von Finanzprodukten im Autohaus“ von HEUTE UND MORGEN in Kooperation mit dem auf die Automobilbranche spezialisierten Institut abh Market Research. 500 Autohändler aus Deutschland – darunter rund 400 Vertragshändler und 100 freie Händler – wurden auf Entscheider-Ebene zu ihren geschäftlichen Aktivitäten im Vertrieb von Finanzierungs-, Leasing- und Versicherungsprodukten, zu ihren Anbieterbewertungen, zu Produktpräferenzen sowie zu Marktpotenzialen und Serviceerwartungen befragt.
Marktübergreifend werden mittlerweile bei 4 von 5 Neuwagenverkäufen Finanzierungen und Versicherungen angeboten. Finanzierungs-Offerten werden von den Kunden nach Auskunft der Autohändler durchschnittlich in jedem zweiten, und Versicherungsangebote in jedem vierten Fall angenommen. Umsatzstarke Autohäuser mit mehr als 10 Mio. EUR Jahresumsatz weisen die höchsten Abschlussquoten auf. Zugleich arbeiten diese deutlich stärker als der Marktdurchschnitt mit konkreten Zielvorgaben bei der Vermittlung von Finanzierungen, Leasing und Versicherungsprodukten, wenn auch längst noch nicht flächendeckend.
41 Prozent der Händler sind daran interessiert, sich in diesem Geschäftsbereich weiter zu qualifizieren und wünschen zusätzliche Schulungsangebote der Produktgeber – zumal der automobile Finanzvertrieb zunehmend ein zweites Standbein darstellt. Zugleich zeigen sich aus Händlersicht teils noch deutliche Verbesserungspotenziale bei den einzelnen Anbietern – allem voran in den Bereichen der Produktflexibilität und Produktinnovation sowie auch in der Betreuung der Autohäuser und beim Endkunden-Service. Insgesamt erwarten die Händler, dass der Vertrieb von Finanzdienstleistungen über Autohäuser auch zukünftig weiter wächst.
Unangefochtene Marktführer im Bereich automobile Finanzierungskredite sind bei den „Captives“ die Volkswagen Bank (38% Marktanteil) und bei den „Non-Captives“ die Santander Consumer Bank (31%). Erst mit deutlichem Abstand folgen die Mercedes Benz Bank und BMW Financial Services bzw. bei den herstellerungebundenen Finanzinstituten die Bank Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (BDK) mit Anbindungsquoten von jeweils rund 10 Prozent. Im Ganzen dominieren die Captives den Markt mit einem Anteil von rund 75 Prozent. Zudem fungieren diese deutlich häufiger als Hauptbank, während die Non-Captives vor allem in kleineren und mittelgroßen Autohäusern als Zweit- oder Drittanbieter genutzt werden. Freilich sind die Non-Captives auf dem Vormarsch und konnten in den vergangenen Jahren verstärkt Neukunden gewinnen. Derzeit arbeitet rund ein Drittel der Autohäuser mit mehr als einer Kreditbank zusammen.
Die höchste Gesamtzufriedenheit als Hauptbank erzielen bei den Händlern die Volkswagen Bank, die Toyota Kreditbank und die BDK. In den einzelnen Leistungsbereichen der automobilen Kreditfinanzierung (Produkt, Preis, Service, Flexibilität, Innovation, etc.) zählen die Banque PSA Finance (Citroen Bank / Peugeot Bank), VW Bank und BDK besonders häufig zu den TOP 3 - Nennungen der Händler im Hauptbanksegment.
Im automobilen Leasinggeschäft zeigt sich ein ähnliches Bild: als marktführend erweist sich auch hier die VW Bank (Marktanteil: 40%), in diesem Marktsegment erst mit großem Abstand gefolgt von Santander (18%). Zweitgrößte Non-Captive nach Santander ist ALD (7%). Spitzenreiter bei der Gesamtzufriedenheit sind hier die VW Bank und die Toyota Bank: Mit der VW Bank als Haupt-Partner sind 53 Prozent der Händler, und mit der Toyota Kreditbank 41 Prozent „außerordentlich zufrieden“. Ebenso wie bei der Kreditfinanzierung können beim Leasing vor allem die Non-Captives Neukunden gewinnen. Aktuell wird der Leasing-Markt aber noch stärker als der Finanzierungsmarkt von den Captives beherrscht.
Beim Vertrieb von automobilen Versicherungsprodukten für Endkunden arbeiten die Autohäuser besonders häufig mit dem Volkswagen Versicherungsdienst (VVD) zusammen (42%). Erst mit sehr deutlichem Abstand folgen die Nürnberger / Garanta, Mercedes Benz Bank und Allianz. Auch im automobilen Versicherungssegment gewinnen die Non-Captives Marktanteile hinzu. Die Spitzenplätze bei der Gesamtzufriedenheit der Autohäuser belegen hier VVD, Toyota / Aioi und PSA Finance. Nummer 1 im Bereich Produktqualität und Preisgestaltung ist aus Händlersicht die RCI Banque (Renault / Nissan). Im Bereich Produktflexibilität und Innovationsstärke werden vor allem VVD, PSA Finance und Allianz als führend wahrgenommen.
Insgesamt zeichnet die Studie ein sehr differenziertes Bild der verschiedenen Stärken, Schwächen und Potenziale der untersuchten Captives und Non-Captives in den verschiedenen Produktsegmenten und Leistungsbereichen im automobilen Finanzdienstleistungsmarkt. Neben vielen positiven Urteilen gibt es auch zahlreiche Kritikpunkte und Erwartungen an die Produktgeber, die zum Teil auch die führenden Player betreffen.
Grundsätzlich erwarten die Autohändler von den Produktgebern zukünftig deutliche Weiterentwicklungen im Angebot an automobilen Finanzdienstleistungen. Flexibilisierung und Innovation in den Segmenten Finanzierungskredite, Leasing und Versicherungen werden dabei als zentrale Baustellen identifiziert – vor allem für die Captives. Die als flexibler und innovativer beurteilten Non-Captives sollten hingegen aus Händlersicht vor allem noch stärker an ihrer Annahmepolitik und Kulanz arbeiten, um sich noch attraktiver aufzustellen.
Insgesamt läuft der kundenseitige Nachfragetrend klar in Richtung „Rundum-Sorglos-Pakete“ bzw. Full-Service-Angebote und Flatrates. Der damit verbundene Anstieg der Produktkomplexität sollte durch eine Ausweitung der Unterstützungsangebote für die Autohäuser im Vertrieb aufgefangen werden – über vermehrte Weiterqualifizierungs- und Produktschulungsmaßnahmen bis hin zur mobilen oder stationären Bereitstellung von Spezialisten vor Ort.
Das Finanzierungsgeschäft im Automobilmarkt verteilt sich aktuell annähernd gleichmäßig auf klassische Finanzierungen, Ballon-Finanzierungen und Drei-Wege-Finanzierungen. Zukünftig werden aus Händlersicht die vergleichsweise flexibleren Finanzierungsformen der Ballonkredite und Drei-Wege-Finanzierungen weiter an Bedeutung gewinnen.
Bei den Kredit-Zusatzversicherungen – die aus Händlersicht zukünftig ebenfalls zulegen werden – werden aktuell vor allem die Restschuld- und die GAP-Versicherung erfolgreich vertrieben und nach Händlerangaben von fast der Hälfte (46%) bzw. einem Drittel (31%) der Finanzierungskunden zusammen mit einem Kredit abgeschlossen. Das größte Wachstumspotenzial bescheinigen die Händler der privaten Arbeitslosigkeitsversicherung, die vor Zahlungsausfällen aufgrund eines Jobverlusts schützen soll.
Als Treiber für den Finanzierungsvertrieb im Autohaus werden neben günstigen Zinsen und Konditionen vor allem Festzinsangebote sowie flexiblere Produkte (Laufzeiten, Raten) gesehen. Gewünscht werden im Finanzierungssektor zudem vor allem innovative Kombi-Produkte mit Versicherungen. Ähnliches gilt aus Händlersicht auch für den Leasing-Markt. Als Vertriebstreiber sehen die Händler – insbesondere im Bereich des Geschäftskunden-Leasing – auch hier erweiterte Full-Service-Pakete, unkompliziertere Lösungen für Vertragswechsel und Ablösungen sowie Versicherungs-Leasing an.
Im automobilen Versicherungsvertrieb zählen Reparaturkostenversicherungen bereits heute zu den am häufigsten vertriebenen Produkten. Zukünftig wird deren Nachfrage aus Sicht der Händler weiter ansteigen. Wichtige Vertriebstreiber sind hier, neben günstigen Prämien und dem Angebot einfacher, transparenter Produkte und „Flatrates“, auch ein guter Endkunden-Service in Form einer Beratung durch Spezialisten vor Ort sowie mehr Kulanz im Schadenfall.
Zur Studie: Folgende Anbieter wurden bewertet: Finanzierung / Leasing: ALD Automotive, BDK, BMW FS, FGA Bank, Ford Bank, Mercedes Benz Bank, Opel / GMAC Bank, PSA Finance, RCI Banque, Santander Consumer Bank, Toyota Kreditbank, VW Bank. Versicherungen: Allianz, FGA Bank, HDI, Toyota FS, Mercedes Benz Bank, Nürnberger / Garanta, Opel / GMAC Bank, PSA Finance, RCI Banque, VVD.
Mehr Informationen zur Studie "Vertrieb von Finanzprodukten im Autohaus" finden Sie auch in unserem Studien-Shop.
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