Hardy C. Koth: "Es kommt darauf an, sich vom Zahlenlieferanten zu emanzipieren und zum wertvollen Impulsgeber für Unternehmensinnovation zu werden."

Hardy C. Koth (Vocatus AG)
Hardy C. Koth ist Geschäftsführer und einer der Gründer der Vocatus AG mit Sitz in Gröbenzell bei München. Er ist verantwortlich für den Bereich Akquisition und Kundenbetreuung und weltweiter Präsident von IRIS (International Research InstituteS). Im Interview mit marktforschung.de spricht er über das Vocatus Business Forum, die Matchmaker Typologie und die Kommunikation mit Kunden.
marktforschung.de: Herr Koth, Vocatus organisiert in regelmäßigen Abständen eine Veranstaltungsreihe mit dem Titel "Vocatus Business Forum". Seit wann gibt es das Business Forum und aus welchem Anlass wurde es ins Leben gerufen?
Hardy C. Koth: Wir haben das Vocatus Business Forum im Jahr 2008 ins Leben gerufen, weil wir festgestellt haben, dass viele unserer Kunden vor ähnlichen Problemen stehen und dafür nach innovativen Lösungsansätzen und erfolgreichen Umsetzungsbeispielen suchen. Das Themenspektrum unserer Business Foren ist dabei sehr breit angelegt: Im Mittelpunkt stehen beispielsweise die spezifischen Herausforderungen einer ganz bestimmten Branche, eines zentralen Marketing- oder Marktforschungsinstrumentes oder auch einer ganzen Region, wie etwa letztes Jahr bei unserem Forum "Marktforschung in Asien".
Besonders wichtig ist uns, dass in der Veranstaltung nicht nur Vocatus-Experten zu Wort kommen, sondern eben auch unsere Kunden aus ihrem reichen Erfahrungsschatz berichten. Im Vordergrund steht also der Austausch mit Kollegen aus anderen Unternehmen und Branchen. Denn unser Ziel ist es, gemeinsam mit den Teilnehmern ganz konkrete Hilfestellungen und Ansatzpunkte für ihren jeweiligen Alltag zu erarbeiten. Genau diese Mischung aus fundiertem Know-How und innovativen Ansätzen auf Institutsseite, spannenden Case Studies von Unternehmen und viel Raum für Diskussionen kommt bei den Teilnehmern sehr gut an.
marktforschung.de: Das nächste Business Forum beschäftigt sich mit dem Entscheidungsverhalten von Konsumenten und wie diese bedarfsgerecht angesprochen werden können. Die meisten Unternehmen haben Kunden mit ganz unterschiedlichen Bedürfnissen. Wie können sie es schaffen, auf das tatsächliche Entscheidungsverhalten ihrer individuellen Kunden einzugehen?
Hardy C. Koth: Natürlich tickt jeder Kunde (ein Stück weit) anders. Aber dennoch gibt es zwischen einzelnen Kunden wiederum viele Gemeinsamkeiten, die man für eine Typologie und eine entsprechend angepasste Kundenansprache nutzen kann. Doch der Haken der bislang verwendeten Typologien besteht darin, dass sie zwar die Kunden nach vielfältigen Merkmalen (wie etwa demografischen, soziografischen, psychografischen, regionalen etc.) beschreiben, ohne jedoch die Entscheider im Unternehmen dadurch in die Lage zu versetzen, konkrete Aktionen daraus ableiten zu können. Oder wüssten Sie, wie der optimale Stromtarif für "Yuppies" aussieht? Oder mit welchen Maßnahmen, man die Kündigung einer Haftpflichtversicherung bei einer 35-jährigen Norddeutschen verhindern kann?
Im Unternehmensalltag kann man nur wirklich treffsichere Marketing-, Vertriebs-, oder Kundenbindungsmaßnahmen ableiten und umsetzen, wenn man die Kunden auf Basis ihres tatsächlichen, empirischen Entscheidungsverhaltens verortet. Und zwar nicht auf einer branchen- und produktübergreifenden Metaebene, sondern ganz individuell für mein Unternehmen und meine Produkte. Denn nur so lassen sich die einzelnen Kundentypen auch wirklich gezielt, individuell und vor allem effektiv ansprechen. Genau das zeichnet die Entscheidertypologie aus, auf der unser Instrument mit dem Namen "Matchmaker" basiert und welches wir bei unserem nächsten Vocatus Business Forum am 23. März 2012 in München vorstellen.
marktforschung.de: Was ist das Besondere an Ihrem Matchmaker-Programm, das in allen Unternehmensbereichen den exakten empirisch fundierten "Match" zwischen Kundentyp und Unternehmen herstellen soll?
Hardy C. Koth: Dreh- und Angelpunkt ist zunächst einmal die Entscheidertypologie. Diese basiert auf einer internationalen und inzwischen mehrfach prämierten Grundlagenstudie aus dem Jahre 2006, in der Vocatus zeigen konnte, dass sich Kunden rund um den Globus über alle Branchen und demografischen Kriterien hinweg nach ihrem tatsächlichen Entscheidungsverhalten in fünf eindeutige Entscheidertypen einordnen lassen – vom berühmt-berüchtigten Schnäppchenjäger über den markentreuen Gewohnheitskäufer bis hin zum Preisbereiten, der aus Begeisterung für das Produkt gerne auch mal mehr ausgibt als geplant.
Diese Typen sind dabei keine abstrakten Konstrukte, sondern sie sind so intuitiv und verständlich, dass man sich auch selbst darin leicht wiederfindet. Das erleichtert es natürlich enorm, im Unternehmen alle Bereiche auf diese Kundentypen einzustimmen und pragmatisch umsetzbare Maßnahmen abzuleiten. Auf welche Entscheidertypen sich dabei ein Unternehmen besonders fokussieren sollte, hängt natürlich davon ab, wie sich diese Typen im Markt und im eigenen Kundenstamm verteilen und vor allem, wie attraktiv diese Kundentypen etwa hinsichtlich Kundentreue und Profitabilität sind.
Matchmaker ermöglicht es nun, alle Unternehmensbereiche stringent auf die strategisch relevanten Zielkunden auszurichten. Das fängt bei der Strategie und Produktentwicklung an und zieht sich durch bis zum Vertrieb und Customer Care. So kann es durchaus passieren, dass die Werbekampagne überdacht werden muss, weil man vielleicht damit nur die Schnäppchenjäger anspricht, während die Zielkunden vor allem Preisbereite oder Verlustaversive sind, die dadurch eher abgeschreckt werden. Und auch ein durch Vocatus geschulter Mitarbeiter im Service-Center kann nun schon nach sehr kurzer Zeit erkennen, welchem Kundentyp sein Gegenüber zuzuordnen ist und kann entsprechend darauf reagieren. Denn wenn sich ein Schnäppchenjäger beschwert, sieht eine für den Kunden zufriedenstellende Reaktion ganz anders aus als bei einem Verlustaversiven oder einem Gewohnheitskäufer.
Matchmaker ist also ein sehr mächtiges, umfassendes und vor allem aber effektives Instrument, das die gesamten Unternehmensaktivitäten ganzheitlich und unmittelbar wertschöpfend am Entscheidungsverhalten der Zielkunden ausrichtet.
marktforschung.de: Wie kommuniziert Vocatus selbst mit seinen Kunden?
Hardy C. Koth: Hier verwenden wir eine Vielzahl an Kanälen und Medien. Wichtig ist uns natürlich der direkte persönliche Kontakt, etwa im Rahmen der Vocatus Business Foren, bei der Messe oder den vielfältigen Vorträgen auf Branchenevents, bei dem unsere Mitarbeiter unsere Forschungsansätze und Innovationen vorstellen. Ebenso bieten wir auch Seminare an – sei es inhouse beim Unternehmen oder über Branchenverbände wie dem BVM oder renommierten Veranstaltern wie dem Management Forum Starnberg oder der European Pricing Platform.
Ganz zentral ist für uns unsere Kundenzeitschrift Feedback, welche drei- bis viermal pro Jahr erscheint. Diese greift Innovationen und aktuelle Trends ebenso auf wie auch natürlich die Kernthemen der Marktforschung. Dabei berichten wir nicht nur über Best Practices, sondern beleuchten durchaus auch kritisch eingeschliffene Herangehensweisen und zeigen Lösungen auf.
Daneben haben wir natürlich einen sehr umfangreichen Internetauftritt, in dem Interessierte vielfältigste Informationen zu den einzelnen Themengebieten finden. Ausgewählte Vorträge kann man sich beispielsweise auch als Video anschauen.
Und natürlich gehören auch neue Medien, wie etwa Webinare, und soziale Netzwerke zu unserem Repertoire. So moderieren wir beispielsweise zwei Xing-Gruppen.
marktforschung.de: Unabhängig vom großen Thema "Kommunikation 2.0" – wo sehen Sie die derzeit wichtigsten Trends in der Marktforschung?
Hardy C. Koth: Gerade in Zeiten, in denen kritisch hinterfragt wird, welchen Mehrwert die Marktforschung liefert, kommt es noch mehr darauf an, sich vom Zahlenlieferanten zu emanzipieren und zum wertvollen Impulsgeber für Unternehmensinnovation und zum geschätzten Ratgeber für eine umfassende, kundenorientierte Unternehmensstrategie zu werden. Dazu gehört es auch, alte Annahmen über den Kunden – wie etwa den Homo Oeconomicus – über Bord zu werfen und den Mut zu haben, Neues zu wagen. Doch nicht Neues um des Neuen Willen, sondern immer mit dem Ziel, Unternehmen noch bessere, effektivere und pragmatischere Maßnahmen aufzuzeigen und so einen signifikanten Beitrag zur deren Umsatz- und Gewinnsteigerung zu leisten.
marktforschung.de: Herr Koth, vielen Dank für das Interview!
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