Interview mit Oliver Schieleit und Angela Giebner, Happy Thinking People Happy Remote Working – funktioniert das?

Das Berliner Büro von Happy Thinking People ist flächenmäßig in deutlich kleinere Räume umgezogen. Welche Hintergründe haben zu der Entscheidung geführt und wie präsent war dabei die Rolle der aktuellen Corona-Situation?
Angela Giebner: Offen gesagt, der initiale Anlass war ein rein monetärer – unser Mietvertrag lief absehbar aus und für einen Folgevertrag wurde knapp die doppelte Miete verlangt. Das wollten wir nicht erwirtschaften müssen und haben uns schon vor anderthalb Jahren auf die Suche nach neuen Räumen gemacht.
Zeitlich fiel das zusammen mit unserem Vorantreiben von Online-Formaten – zuerst in der internationalen Arbeit, mit Blick auf den Klimawandel und um unzeitgemäße Kosten für lange Supervisionsreisen zu sparen. Mit dem Ausbruch der Pandemie waren wir also schon mit allen Kunden, die uns hier folgen mochten, remote unterwegs. Und haben begonnen mobil zu arbeiten, also z.B. verstärkt im Home-Office.
Beide Aspekte haben unsere Suche bestimmt und zu der Entscheidung geführt: Kleiner ist das neue Groß. Unser neues Büro ist aber nicht nur kleiner, sondern auch lässiger, hat eine weniger typische Büroarchitektur und ist wunderschön in einer alten Schokoladenfabrik gelegen. Natürlich mit weiterhin genug Platz zum Arbeiten – auch wenn nicht mehr für alle Mitarbeitende gleichzeitig!
Welche Bedeutung hat das Thema Remote Work für Happy Thinking People, auch über die Pandemie hinaus?
Oliver Schieleit: Eine essentielle. Mal abgesehen davon, dass wir schon lange flexibel und mobil aufgestellt waren – fast alle Mitarbeitende hatten einen Laptop und Zugang zum Firmennetzwerk von überall auf der Welt, gerade das Projektteam, das ja ohnehin fast 50 Prozent auf Reisen und nicht im Büro war.
Aber wir hatten eben auch bereits einige Zeit, bevor sich die Pandemie ankündigte, auf digitale Formate gesetzt. Und werden es weiter tun. Dass wir damit für die Pandemie gut gewappnet waren, war ein nicht vorhersehbarer Nebeneffekt. Sie hat die Entwicklung allerdings schneller vorangetrieben, als von uns antizipiert.
So sehr wir persönliche Formate schätzen und so sehr sie auch immer eine Notwendigkeit in unserer Arbeit sein werden – man muss sich nicht für jede Fragestellung oder Aufgabe von Angesicht zu Angesicht begegnen, vor allem dann nicht, wenn damit Reisen, Zeit und Geld gespart werden können. Mobilität hat einfach eine andere Färbung bekommen – mobiles Arbeiten muss nicht mehr zwangsläufig mit Zugfahrten oder Flügen verbunden sein.
Ist der Berliner Standort mit diesem Schritt allein? Was ist in den anderen Standorten geplant?
Angela Giebner: Das Berliner Büro ist gar kein Vorreiter – unsere Pariser Mitarbeitende haben, als das Büro vor einigen Jahren entstand, von Anfang an bewusst nur eine kleine Büropräsenz geplant. Das Büro ist ein Hub, um sich für bestimmte Anlässe zu treffen – dabei geht es gar nicht nur um wichtige, sondern eher um soziale Anlässe, um sich zu sehen und Spaß zu haben – und der Rest passiert zuhause oder unterwegs. Was die anderen Büros angeht, so stehen derzeit keine großen Veränderungen an – aber wenn es in Zukunft dazu kommt, wird der Trend wohl auch zu kleiner, digitaler, flexibler gehen.
Immer mehr Unternehmen steigen derzeit auf Home-Office oder Remote-Work um. Wo sehen Sie die Unterschiede oder Gemeinsamkeiten zwischen diesen beiden Arbeitsformen? Und welche Chancen und Vorteile in Remote-Work sehen Sie im Vergleich zur klassischen Büro-Arbeit?
Oliver Schieleit: Ein Beispiel vielleicht – in Vor-Corona-Zeiten haben wir in der Geschäftsführung und im erweiterten Management-Team immer händeringend nach Terminen für gemeinsame Meetings der Berliner und Münchner Menschen gesucht. Und dann die Entscheidung – wo treffen? In Berlin, München, dazwischen? So kamen im Jahr nur ein paar gemeinsame Termine zustande.
Seit Corona ist das alles anders – und wir arbeiten viel besser zusammen. Wir haben seit dem ersten Lockdown jetzt jede Woche einen gemeinsamen Jour Fixe über Zoom. Wir sehen uns also viel öfter, Dinge werden viel schneller auf die Agenda gebracht – und Aufgaben werden schneller und besser gelöst. Das gilt aber nicht nur für die Geschäftsführung – die Erfahrung haben wir durch alle Abteilungen und Ebenen gemacht.
Wir sehen also klar die Vorteile von Remote und Digitalisierung – aber: Manche Dinge sind in der realen Welt, zumindest derzeit noch, einfacher und effizienter. Auch wenn Workshops und Weihnachtsfeiern online (überraschend) toll laufen – Flipcharts oder Segmentübersichten nebeneinander an einer Wand zu sehen, ist, trotz toller Online-Plattformen, doch weiterhin griffiger und macht bestimmte Abläufe einfacher.
Wie ist das neue Arbeitsmodell in Ihren internen Unternehmensstrukturen angeordnet? Kann jeder der Mitarbeitenden in Remote Work arbeiten? Wer muss weiterhin zwischen Büro und Home-Office wechseln?
Angela Giebner: Wir hatten bereits vor der Pandemie eine recht flexible Home Office Policy – die gerade, aber nicht nur, von jungen Eltern im Team geschätzt wurde. Trotzdem war das unreflektierte Gesetz – Präsenz im Büro ist irgendwie immer besser und erwünschter. Das hat sich mit Corona komplett gedreht. Home Office ist zur Default-Option geworden – und wir glauben, dass das auch in der Zukunft so bleiben wird bzw. zumindest beides, Präsenz und Remote, gleichwertige Optionen sind! Am Ende zählt – wo können Mitarbeitende am effizientesten und gleichzeitig angenehmsten arbeiten. Für einige ist das eher das Büro, für andere zuhause.
Wie sind die Reaktionen der Mitarbeitenden, die sich ja wahrscheinlich sehnsüchtig eine Rückkehr ins "alte" Büro-Leben gewünscht hätten?
Oliver Schieleit:Na ja, so groß war und ist der Wunsch gar nicht bei allen. Viele wissen es, wie eben gesagt, sehr zu schätzen, morgens nicht eine knappe Stunde zur Arbeit zu fahren und abends wieder zurück. Natürlich ist das Beisammensein im Büro – sei es der kurze Gang ins Nachbarbüro für eine Frage, das gemeinsame Mittagessen an der langen Tafel oder ein Kaffee auf dem Balkon – ein anderes, als immer zum Hörer zu greifen oder ein Zoom-Meeting einzustellen. Aber auch insbesondere über Zoom lässt sich eine gewisse Nähe herstellen und halten.
Was natürlich viele momentan ein bisschen schade finden, ist, das neue Büro noch nicht gesehen zu haben oder sich dort einrichten zu können. Obwohl: unser derzeitiger Ansatz geht ohnehin weg von meinen vier Wänden bzw. meinem Tisch und Stuhl. Wir probieren derzeit eher das Modell funktionale Räume aus – d.h. Zonen für ruhiges Arbeiten, Creative Spaces und Räume für Online-Feldarbeit etc.
Welche Tipps können Sie anderen Unternehmen geben, die ebenfalls stärker auf Remote Work umsteigen möchten?
Angela Giebner: A und O ist es aus unserer Sicht, miteinander in Verbindung zu bleiben. Wir haben zum Beispiel im ersten Lockdown Zoom-Kreise eingerichtet, d.h. kleine Gruppen von Mitarbeitenden, die sich regelmäßig online gesehen und gesprochen haben. Denn nicht alles lässt sich in wöchentlichen Online-Meetings vor versammelter Mannschaft klären oder besprechen. Wichtig ist das auch und gerade für die jungen Mitarbeitenden, die sich zum Teil noch in der Ausbildung befinden. Sie brauchen feste Ansprechpersonen und Teams, mehr als andere, erfahrenere Mitarbeitende.
Viel lebt darüber hinaus von Vertrauen – in beide Richtungen. Vertrauen, dass die Leute zuhause genauso gut und effizient arbeiten wie im Büro. Und Vertrauen in uns, dass wir auch in sich verändernden Zeiten immer auf der Brücke sind, um das Schiff zu lenken und jederzeit ansprechbar zu sein.
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