Martins Menetekel Halloween naht und damit das kalte Grausen

Die Redensart "ein Menetekel an der Wand" stammt aus der Bibel und verheißt nichts Gutes. Als es dem König als Flammenschrift erschien, konnte nur einer das Gleichnis deuten, ein jüdischer Priester, und er sagte dem König: Er sei gewogen und für zu leicht empfunden (mene tekel upharsim).
Was könnte das Gleichnis für uns bedeuten? Nun, bisher kam Deutschland sehr gut durch die Krise der Corona-Pandemie. Ich zeige noch einmal alle Fallzahlen und deren Zuwächse ab März 2020. Das Ergebnis: Wir sind derzeit kein Deut besser als vergleichbare andere Staaten in Europa oder der Welt.

Blau zeigt an, dass wir die Verbreitung bis Mitte Juni im Griff hatten, aber derzeit sind wir mitten im exponentiellen Wachstum. Mein Programm lässt auch jetzt schon Prognosen für eine mögliche Schranke S zu, sie liegt locker bei über 2.500.000 Fallzahlen. Bei diesem S ist der Limitierungsfaktor L = 1/S vernachlässigter klein, ergo geht Verhulst in die Exponentialfunktion über:
Wir ersetzen in der Gleichung M(t) = AS/(A + S/(b^t)) S durch 1/L und erhalten M(t) = (A/L)/(A + 1/L(b^t)) . Erweiterung mit L(b^t) ergibt Ab^t*(1+ Lb^t) und setzen L = 0 und ergeben M(t) = Ab^t .
Am Samstag ist Halloween, deshalb eine passende Kurve der Zuwächse:

Das sieht nicht gut aus und könnte ein Menetekel sein.
Wir warten auf den Wendepunkt der Fallzahlen, er liegt beim Maximum der Zuwächse und einer Nullstelle der zweiten Ableitung:

Diese denkt gar nicht daran, irgendwie zur t-Achse umzukehren, sondern steigt selbst exponentiell an.
Wenn die zweite Ableitung am besten durch eine Exponentialfunktion angenähert werden kann, dann erst recht die erste Ableitung und noch eher die Fallzahlen selbst, wie ich im zweiten Beitrag gezeigt hatte.
Auch die Fallzahlen der kumulierten Todesfälle sind kurz vor ihrer statistischen Auswertung und zeigen steil nach oben.

Es muss betont werden, dass keine Population beliebig lange Zeit exponentiell wachsen kann, weil dann auch die Zuwächse exponentiell steigen und jede Grenze sprengen, weil der Population die Ressourcen ausgehen. Nur sind die Ressourcen für das Corona-Virus im Prinzip die ganze Bevölkerung der Republik, also noch lange nicht ausgeschöpft. Wir müssen daher die Pandemie energischer, aber auch intelligenter bekämpfen. Dann wird der Wendepunkt kommen, je eher, desto besser und kostengünstiger für uns alle! Ab Montag gelten einschränkende Maßnahmen. Wir werden sehen, ob sie diesem Ziel dienen.
Über den Autor:
Martin Lindner ist promovierter und habilitierter Mathematikprofessor im Ruhestand und beschäftigt sich intensiv mit nachhaltiger Wirtschaft und der Zukunftsfähigkeit unserer heutigen Lebensformen. Zusätzlich hat er eine Ausbildung und auch Berufserfahrung in Wirtschaftsmediation.
Aus dieser Reihe zuletzt von Martin Lindner auf marktforschung.de erschienen:
Entgleitet uns die Kontrolle?
Wie kritisch ist die derzeitige Entwicklung?
Wir sind noch nicht in einer stabilen Phase!
sh
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