Frage zum Sonntag | heute von Jana Faus, pollytix strategic research Habemus Kanzlerkandidat

Rund 14 Monate vor der Bundestagswahl 2021 hat die SPD als erste Partei ihren Spitzenkandidaten bekannt gegeben: Die Wahl fiel Anfang August auf Olaf Scholz, der noch im Dezember 2019 mit seiner Co-Kandidatin Klara Geywitz bei der Wahl zum SPD-Parteivorsitz Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans unterlegen war.
Die Wählerinnen und Wähler zeigten sich Ende 2019/Anfang 2020 von der Wahl der SPD-Parteivorsitzenden weitestgehend unbeeindruckt, wie ein Blick auf der pollytix-Wahltrend (Das gewichtete Mittel der veröffentlichten Sonntagsfragen zur Bundestagswahl der verschiedenen Institute) zeigt.

Stattdessen zeigte der pollytix-Wahltrend in den letzten 12 Monaten zwei größere Verschiebungen:
Nach dem Tabubruch in Thüringen legte die SPD sowie DIE LINKE zu, die AfD sowie die FDP verloren. Zu größeren tektonischen Verschiebungen kam es kurz darauf im März 2020 als die Corona-Pandemie Deutschland traf, schließlich sind Krisenzeiten Kanzlerinnenzeiten.
Die Nominierung eines Kanzlerkandidaten ist aber eine andere Sache als die Wahl zum Parteivorsitz. Die Wahlentscheidung hängt schließlich nicht nur mit einer Partei oder ihrem Programm zusammen, sondern in entscheidendem Maße auch mit der*dem jeweiligen Spitzenkandidierenden, die*der ins Kanzleramt einziehen wird.
Wie reagieren die Wählenden also auf die Nominierung von Olaf Scholz?
Und tatsächlich zeigt der Monatstrend seit dem 1. August 2020 einige Veränderungen.

Die SPD lag am 1. August 2020 noch bei 14,6 Prozent, rund eine Woche nach der Nominierung von Olaf Scholz knackte sie die 16 Prozent-Marke. Die Union, die sich noch nicht auf eine*n Spitzenkandidierende*n verständigt hat, verlor im gleichen Zeitraum leicht und rutschte Mitte August erstmalig seit April 2020 unter die 37 Prozent-Marke.
Die Grünen als Oppositionspartei verloren zwar während der Corona-Krise in den Umfragen deutlich, lagen aber in den letzten zwei Monaten immer rund 3 Prozent-Punkte vor der SPD. Auch sie haben sich noch nicht auf eine*n Spitzenkandikandidierende*n geeinigt. Nach der Nominierung von Olaf Scholz verringerte sich ihr Abstand auf die SPD zwischenzeitlich auf weniger als 1 Prozent-Punkt.
Bei den kleineren Parteien hingegen tat sich seit der Nominierung von Olaf Scholz schlichtweg nichts. Sie liegen wie einbetoniert bei rund 10 Prozent (AfD), 8 Prozent (DIE LINKE) und 6 Prozent (FDP).
Was bedeutet das für die SPD?
Manche politische Kommentator*innen spekulieren darüber, ob die SPD ob der relativ geringen Zuwächse in der Gunst der Wahlberechtigten nach der Nominierung von Scholz enttäuscht sei. Dabei wird immer wieder auf den sogenannten "Schulz-Effekt" im Vorfeld der Bundestagswahl 2017 hingewiesen, der viel deutlicher ausgefallen sei als der "Scholz-Effekt" im Vorfeld der Bundestagswahl 2021.

Doch im Vorfeld der Bundestagswahl 2017 war die Ausgangslage eine völlig andere. Es war klar, dass Angela Merkel wieder antreten würde. Damit hatten die Wahlberechtigten die Möglichkeit, zwei Kandidierende einander gegenüberzustellen und eine informierte Entscheidung treffen zu können. Derzeit bleibt den Wahlberechtigten nur die Frage, ob sie Olaf Scholz das Kanzleramt zutrauen oder nicht. Ob Gegenkandidierende besser geeignet wären, können sie nicht beantworten. Dafür bräuchte es erstmal Klarheit, wer diese anderen denn sein könnten.
Was bedeutet das für die Union und die Grünen?
Sie sind jetzt gefordert, ihre Kandidierenden ins Rennen zu schicken. Dann erst können Wahlberechtigte sich entscheiden, wen sie für das Kanzleramt geeigneter halten. Auch dann erst wird sich zeigen, wie die Wahlberechtigten über Olaf Scholz denken. Es bleibt also weiter spannend!
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