Hintergrund GfK: Verkauf gehört zur Strategie

von Jörg Stroisch
Es war schon wieder eine kleine, weitere Schockwelle, die durch die Branche trieb, als bekannt wurde, dass der französische Konkurrent Ipsos Teile der Gfk übernimmt. Konkret wechseln die Bereiche Customer Experience, Experience Innovation, Health und Public Affairs für 105 Millionen Euro den Besitzer, wie Ipsos in einer Pressemitteilung erklärte - und somit wechseln 1.000 GfKler aus 25 Ländern nun zu Ipsos.
Ipsos vergrößert sein Unternehmen damit deutlich, bei der GfK geht die Schrumpfung kontinuierlich weiter - immer mehr der ehemals 13.000 Mitarbeiter arbeiten nun unter neuen Segeln, denn schon vor einigen Monaten wechselten zum Beispiel in etwa 500 Mitarbeiter zu IBM.
GfK verteidigt den Verkauf
GfK-Unternehmenssprecher Kai Hummel verteidigt den Verkauf gegenüber marktforschung.de als weiter konsequente Umsetzung des umfassenden Transformations- und Investitionsprogramms, will von einer Verscherbelung der GfK nichts wissen. "Für eine erfolgreiche Transformation unseres Unternehmens ist es erforderlich, dass wir uns auf das konzentrieren, wo wir heute schon besonders stark sind und auch künftig großes Potenzial für GfK erkennen", sagte er gegenüber marktforschung.de: "Genau das tun wir mit dem angestrebten Verkauf."
Die vier "nicht-strategischen" Geschäftsbereiche gehören zum klassischen Custum-Research-Geschäft, bei dem auf den Kunden zugeschnittene Marktforschungslösungen erstellt werden. Die Veräußerung sei damit ein wichtiger nächster Schritt auf dem Weg der GfK von einem Marktforschungsunternehmen, das heute "überaus breit in zahlreichen unterschiedlichen Industrien präsent" sei hin zu einem "Datenanalytik-Unternehmen". Man werde durch den Verkauf agiler, schneller und könne sich wesentlich stärker auf die Kunden ausrichten.
Wieso sich Ipsos auf der anderen Seite ein womöglich die eigene Agilität hemmendes Geschäftsfeld aufhalsen wollte, kann vielleicht mit dem Preis erklärt werden. "Die Welt" schreibt so, dass mit den veräußerten Bereichen 200 Millionen an Umsatz und damit ein Fünftel des Gesamtumsatzes der Gfk an den Konkurrenten wechselt - für gerade einmal 105 Millionen Euro. Allerdings müssen solche Zahlen auch etwas mit Vorsicht genossen werden, denn für das Jahr 2016 wies die Gfk noch einen Gesamtumsatz von fast 1,5 Milliarden Euro aus - zumindest auf dieser Basis macht also der Verkauf bei weitem nicht ein Fünftel des Gesamtumsatzes aus, bleibt aber dennoch womöglich ein großer Brocken.
GfK-Kulturwandel - wie geht es weiter?
Zumindest in vorherigen Stellungsnahmen postulierte GfK-Unternehmenssprecher Kai Hummel einen notwendigen Kulturwandel bei der GfK. Und er sah hierin auch – neben dem "War of Talents" um die besten Arbeitskräfte – die eigentliche und gravierende Herausforderung für die GfK. Auf die Frage, ob dieser propagierte Kulturwandel wirklich durchhaltbar und von den Mitarbeitern erwartbar ist, wenn nun eher Unternehmensbereiche abgestoßen werden, anstelle sie zu entwickeln, antwortete er: "Ich bezweifle, dass es der richtige Weg ist, an eine Transformation mit dem Anspruch heranzutreten, dass man alle Bereiche im gesamten Portfolio partout nach vorne entwickeln möchte, egal, was das für die Zukunft bedeuten würde." Man wolle sich vielmehr auf Dienstleistungen konzentrieren, wo die GfK klare Visionen habe.
Einfacher wird allerdings der "War of Talents" und der Kulturwandel sicherlich nicht, wenn alle paar Monate wieder Mitarbeiter zu anderen Unternehmen abwandern müssen.
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