Forsa vs. Civey Germany’s next Super Wahlforscher

GNTM-Kandidatinnen aus Staffel 16
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Hintergrund: Der Spiegel veröffentlicht am 27. Januar einen Artikel zum Thema „Ministerpräsident Wüst und die Schlammschlacht der Demoskopen“ und versucht darin Henrik Wüst von der CDU ein Komplott anzudichten, was in irgendeiner Weise eine inhaltliche Assoziation zu dem Gebrauch von Meinungsumfragen der ÖVP und Sebastian Kurz herstellen soll.
So wirkt es zumindest auf mich.
Was ist passiert? Forsa hat einige SPD-Kreisverbände in NRW abgemahnt, die Civey-Daten als vermeintlich „repräsentative“ Grundlage für Pressemitteilungen im beginnenden NRW-Landtagswahlkampf verwendet haben. Forsa wiederum erhebt für eine Gruppe aus 39 Tageszeitungen den „NRW-Check“. Henrik Wüst war bis 2017 Geschäftsführer des Verlegerverbands, dem die 39 Tageszeitungen angehören. Forsa arbeitet parallel aber auch als Institut für die Landes-CDU.
Was bedeutet: Dasselbe Unternehmen, das den Zeitungsverlegern die Zahlen für ihren »NRW-Check« liefert, ist nun gleichzeitig das Haus-und-Hof-Institut der CDU im NRW-Wahlkampf: Mehr noch: Wüst persönlich hatte kurz vor der Klausur direkt mit Güllner telefoniert. Und auch schon im vergangenen Juni. Und jetzt geht Forsa also auch noch mit Abmahnschreiben gegen die SPD-Verbände vor. Das erste Mal, dass Forsa auf diese Art eine Partei angeht. (Zitat: Spiegel)
Außerdem, so der Spiegel, lässt sich NRW-Ministerpräsident Wüst neuerdings von einer Wahlkampfagentur aus Wien beraten, die einst Sebastian Kurz ins Kanzleramt verhalf.
Das Thema aufgenommen hat nun auch die FAZ, was Civey-Gründerin Janina Mütze als Aufhänger für einen LinkedIn-Post verwendet:
Wir haben das Triple geholt. 3x negative press im FAZ Ressort Medien - natürlich nur echt mit dem Experten Manfred Güllner, der umfassend zu Wort kommt und zeitgleich vehement Stimmung gegen uns macht.
In dem LinkedIn-Post wird dann auch die Small Area Methode erwähnt, die wohl in NRW für die SPD im Einsatz ist.
Die muss man als Journalist nicht verstehen, wie der frühere Phoenix Geschäftsführer Michael Hirz in seinem Gastbeitrag für 24Rhein deutlich macht:
Dieses Institut schafft wahrlich Wundersames: Es kann für alle 53 Landkreise und kreisfreien Städte aufgeschlüsselte Ergebnisse liefern. So weiß z.B. der Remscheider SPD-Abgeordnete Sven Wolf, dass 48,6 Prozent der Menschen in seinem Wahlkreis die Kita-Gebühren abgeschafft haben wollen und 70,3 Prozent eine stärkere Förderung von „Schulen in herausfordernden Lagen“ verlangen. Spätestens an dieser Stelle sollten auch diejenigen stutzig werden, für die Mathematik ein Synonym für Böhmische Dörfer ist. Denn bei einer landesweiten Umfrage unter 2052 Personen entfielen statistisch gesehen gerade mal 16 auf Remscheid! Wie repräsentativ kann dann eine Umfrage sein? Und wie viele Befragte sind 48,6 Prozent von 16?
So weit die Zusammenfassung.
Was hat das alles zu bedeuten?
Erstens: Forsa und Civey sind mittlerweile wie das Yin und Yang der Meinungsforschung
Janina Mütze schreibt in ihrem Blog-Post:
„Gleichzeitig versuchen wir die vielen juristischen Verfahren gegen forsa weiterhin sauber abzuarbeiten. Es bleibt ein Kraftakt!“

Aus dem LinkedIn-Post von Janina Mütze
Für Civey ist das kostenlose PR, mit der das Institut ganz nebenbei noch mal deutlich machen kann, dass es methodisch anders als andere Institute arbeitet. Und das ja nicht ganz unerfolgreich, wie die letzte Bundestagswahl demonstriert hat. Und Forsa positioniert sich damit auf der traditionellen Seite des methodischen Spektrums und lenkt in gewisser Weise davon ab, dass telefonische Umfragen methodisch auch nicht mehr die Repräsentativität liefern wie vor der Wiedervereinigung.
"Viel Feind', viel Ehr'!" - Dieser vielzitierte Wahlspruch des frühneuzeitlichen Landsknechtsführers Georg von Frundsberg bezeichnet die Chance, gegen einen zahlenmäßig überlegenen Feind umso mehr Ehre erlangen zu können. Das scheint mittlerweile bei Civey eingetreten zu sein.
Zweitens: Michael Hirz und die meisten SPD-Kreisverbände verstehen die Small-Area Methode nicht
Ich kann nachvollziehen, dass man als Journalist über die Zahlen stolpert, die die Small-Area Methode produziert und die – wahrscheinlich ohne ausführliche methodische Hinweise – auch von SPD-Abgeordneten wie Sven Wolf verbreitet wurden. Die wenigsten Marktforschenden werden die Methode spontan erklären können.
Vielleicht sollte Civey nochmal die NRW-SPD in der Methode schulen und die wiederum sollte ihren Abgeordneten erklären, was sie mit den Ergebnissen machen dürfen und was nicht. Ebenfalls wäre es wünschenswert, dass sich bei der Google-Suche nach „Small Area Civey NRW“ eine verständliche Erklärung finden würde, wie die Methode nun genau funktioniert.
Drittens: Henrik Wüst ist nicht Sebastian Kurz, Manfred Güllner nicht Sabine Beinschab und die CDU nicht die ÖVP
Auch wenn der Spiegel in seinem Artikel einiges tut, um die Zusammenarbeit zwischen Henrik Wüst und Manfred Güllner in die assoziative Nähe der Paarung Sebastian Kurz und Sabine Beinschab zu rücken, so sind die Unterschiede doch groß. In Österreich wurde eine damals noch weitgehend unbekannte Meinungsforscherin, Sabine Beinschab, aufgebaut, die mittels aus öffentlichen Geldern finanzierten Umfragen, Meinung gegen politische Gegner und für ÖVP-Themen machen sollte. Selbst wenn Henrik Wüst seine Finger in dem Projekt zwischen den 39 Tageszeitungen und Forsa haben sollte, so ist es kaum vorstellbar, dass Forsa Umfragen für die CDU manipuliert und sich 39 Tageszeitungen vor den Karren spannen lassen.
Geht es noch um die Sache an sich?
Aber zurück zu Germany’s Next Topmodel. Auch hier hat man den Eindruck, dass es immer weniger um die Sache an sich geht, nämlich die Suche nach dem nächsten Topmodel aus Deutschland. Stattdessen gibt es Gastjuroren wie Otto Walkes und Snoop Dog, Curvy-, Transgender- und Senioren-Models und eingeschleuste Zicken, die die Model-Villa aufmischen sollen.
Und so scheint es auch bei der Forsa vs. Civey immer weniger um grundlegende methodische Fragen zu gehen, sondern darum für Aufmerksamkeit zu sorgen. Für die Medien, die Institute, die Parteien. Es ist Wahlkampf in NRW.
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